Burg Stará Dubá: ein unerfüllter Archäologentraum
Im Mittelalter war sie eine der größten Burgen in Böhmen. Vom ehemaligen Sitz der einst einflussreichen Adeligenfamilie von Dubá sind heutzutage die Ruinen einer Burg und eines mittelalterlichen Städtchens erhalten geblieben. Etwa zwölf Kilometer von der mittelböhmischen Stadt Benešov entfernt, erhebt sich auf einem Felsen über dem linken Ufer des Flusses Sázava die Burg Dubá, die seit dem 17. Jahrhundert als Stará Dubá bezeichnet wird. Die Burg wurde von einem Mitglied der Adeligenfamilie von Benešovic gegründet. Die Angehörigen des dortigen Familienzweigs nannten sich seitdem nach ihrem neuen Sitz Herren von Dubá.
„Stará Dubá gehört zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten in Mittelböhmen, und zwar aus einigen Gründen: Erstens war es ein besonders wichtiger Adeligensitz. Zudem kann man hier nicht nur die Burg besichtigen. Stará Dubá stellt eine der besten untergegangenen mittelalterlichen Siedlungskomplexe in Mitteleuropa dar. Man kann hier die inzwischen nicht mehr existierende Stadt Odranec mit ihrer Stadtbefestigung bewundern. Zu erkennen sind Fragmente der Siedlung unterhalb der Burg. Besichtigen kann man auch das Lager der Eroberer aus dem Jahr 1466. Damals hatte das Heer des böhmischen Königs Georg von Podiebrad die Burg vernichtet. All das ist vor Ort gut erhalten geblieben.“
Die Fragmente der mittelalterlichen Architektur können dem Experten nach einiges aus der Vergangenheit der Burg verraten:„Stará Dubá ist eine besondere Burg. Wenn wir sie heutzutage beobachten, sind wir durch die Tatsache beeinflusst, dass es eine sozusagen ‚geschlossene’ Burg ist. Die Burgruinen sind in der Vergangenheit abgestürzt und bildeten auf dem Abhang ein Monument. Die Burg hatte ursprünglich einen hohen Turm, den das Heer von Georg von Podiebrad niedergerissen hatte. Die Burgruinen haben den Raum dieses Turms fast ausgefüllt. Heutzutage spazieren wir auf den Burgruinen auf der Ebene der ersten oder auch zweiten Etage der Burg. An einer Stelle ist noch ein Stück des Dachs zu erkennen. Fast die ganze Burg ist eigentlich unten auf dem Abhang begraben. Es wäre möglich, sie eventuell künftig bei archäologischen Ausgrabungen wieder freizulegen. Die begrabenen Burgfragmente stellen für uns Archäologen eine Art wertvolle Informationsquelle dar. Die Burg war der Sitz einer der bedeutendsten Adelsfamilien im 13. Jahrhundert in Böhmen. Was die Burgfläche anbelangt, war sie mit den Ausmaßen einer königlichen Burg zu vergleichen.“
Dem Archäologen zufolge haben sich unter den letzten Přemysliden die von den Adeligen erbauten Burgen von den königlichen Burgen stark unterschieden. Vor allem waren sie bedeutend kleiner und architektonisch einfacher. Nur die einflussreichsten Adeligen konnten sich leisten, eine so große Burg zu errichten, meint der Experte:„Die Burg hatte ursprünglich vier Burghöfe. Den Kern der Burg bildete ein aus vier Flügeln bestehender Palast, der heutzutage bis in die erste Etage verschüttet ist. Vor dem Palast standen ein Turm und die St. Klemens-Kapelle. Die Burg war rund 100 Meter lang. Es handelte sich um eine außerordentlich große Burg. Wahrscheinlich befand sich schon im 13. Jahrhundert unterhalb der Burg ein befestigtes Städtchen Namens Odranec, von der einige Fragmente der Stadtmauern erhalten geblieben sind. Wenn man heute mit dem so genannten ‚Sázava-Pazifik-Express’ fährt, kommt man an den Ruinen des westlichen Stadttors vorbei.“
Wie das verschwundene Städtchen Odranec genau ausgesehen hat, weiß man nicht, sagt Professor Durdík.„Bislang wurden dort keine archäologischen Forschungen durchgeführt. Ein Teil der mittelalterlichen Siedlung ist unter der Erde begraben. Über die frühere Stadt führt nämlich die Bahnstrecke des populären Sázava-Pazifik-Express, der aus Prag nach Světlá nad Sázavou fährt. Wir haben ungefähr eine Vorstellung davon, wie das mittelalterliche Städtchen ausgesehen haben könnte. Es gab dort zwei Tore, in der Mitte führte eine Gasse, die in einen Marktplatz mündete. Auf beiden Seiten – vom Sázava-Ufer und von der Seite der Burg – standen dann die einzelnen Häuser. Kurz bevor die Burg erobert wurde, gab es unten in der Stadt auch das so genannte ‚Herrenhaus’. Zu der Zeit lebte der Burgbesitzer nicht mehr oben in der Burg, sondern unten in dem Städtchen. Wir haben keine schriftlichen Informationen darüber, dass es in der Stadt eine Kirche gegeben hat. Für eventuelle künftige archäologische Forschungen wäre Odranec ein ideales Gebiet. Denn wir kennen das Datum, wann die Burg zu existieren aufhörte. Ähnliche kleine Burgstädtchen sind im gesamteuropäischen Kontext ein großes Thema.“
Auch wenn in Stará Dubá bislang keine archäologischen Forschungen durchgeführt wurden, einige Funde wurden dort dennoch gemacht. Die Burgruine sei, so der Archäologe, leider jahrelang das Ziel von Dieben gewesen, die dort vor allem eiserne Gegenstände gestohlen hatten. Heutzutage werden die Funde Durdík zufolge auf verschiedenen illegalen Börsen angeboten. Er macht auf einen besonderen Fund aufmerksam, der in einem historischen Führer durch Burgen und Schlösser Böhmens beschrieben wurde:„Eine so große Burg wie Stará Dubá hatte im Mittelalter besondere Probleme mit der Wasserversorgung. Wir wissen, dass Stará Dubá über eine Wasserleitung aus Blei verfügte. Der Historiker und Schriftsteller August Sedláček hörte einen Förster erzählen, dass er beim Holzschlag auf ein Rohr aus Blei stieß, dieses aus der Erde herausriss und es dann fürs Kugelgießen benutzte. Wenn es ihm an Munition mangelte, riss er wieder ein Bleirohr aus der Erde, um weitere Kugeln zu gießen.“
Die Burgruine von Stará Dubá ist zweifelsohne einen Besuch wert. Am einfachsten ist sie von der Gemeinde Zlenice zu erreichen.