Vor 25 Jahren: Radio Prag im Dienste der kommunistischen „Normalisierung“

Nun wagen wir einen Blick zurück in unsere eigene Geschichte. Vor 25 Jahren erlebte Radio Prag so etwas wie eine Blütezeit. 350 Mitarbeiter sendeten pro Tag auf mehreren Frequenzen fast 40 Stunden lang. Doch statt unabhängiger Berichterstattung servierte der Tschechoslowakische Rundfunk seinen Hörern im Ausland von kommunistischer Propaganda durchtränkte Informationen.

1972 ging neben den klassischen Auslandssendungen das Interprogramm von Radio Prag auf Sendung. Gedacht war es vor allem für Hörer in Westeuropa, aber auch in der Tschechoslowakei selbst erfreute es sich großer Beliebtheit. Im Gegensatz zu den Inlandsprogrammen wurde hier nämlich hauptsächlich internationale Musik gespielt. Alle 15 Minuten wurde der Musikblock durch Nachrichten auf Tschechisch und Slowakisch, Deutsch, Französisch und Englisch unterbrochen. Später kamen als Sprachen noch Russisch und – als Reaktion auf die Solidarność-Bewegung – auch Polnisch hinzu.

QSL-Karte von Radio Prag  (1970)
Doch neben der Unterhaltung hatte das Programm von Radio Prag damals vor allem eine Aufgabe: als Sprachrohr für das kommunistische Regime zu dienen.

„Wir berichten vor allem über das Leben in unserem Land und in anderen sozialistischen Staaten. Außerdem über die Erfolge bei unseren Anstrengungen zum Aufbau einer hochentwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Tschechoslowakei. Und wir befassen uns mit der Frage der Aufklärung über den Kampf für den Weltfrieden. Dabei wollen wir die Hörer auch dazu aufrufen, in diesem Kampf selbst aktiv zu werden“, erklärte der Senderchef von Radio-Prag und stellvertretende Rundfunk-Direktor Karel Šimon im Frühjahr 1985 in einem Interview mit dem Tschechoslowakischen Fernsehen. Ein besonderes Anliegen von Radio Prag sei es, die Friedensinitiativen der Sowjetunion zu unterstützen und über wichtige weltpolitische Ereignisse aus der Sicht der sozialistischen Staaten zu berichten. Und die Propaganda-Botschaften erfreuten sich Mitte der 1980er-Jahre angeblich steigender Beliebtheit, wie Genosse Šimon nicht ohne Stolz im Fernsehen verkündet:

„Vor drei Jahren hatten wir 130.000 briefliche Rückmeldungen. Im vergangenen Jahr haben wir bereits die Zahl von 160.000 Briefen erreicht, die uns Radio-Prag-Hörer aus der ganzen Welt geschickt haben.“

Damals wie heute veranstaltete Radio Prag einen Hörerwettbewerb. Doch auch er stand 1985 ganz im Zeichen der sozialistischen Ideologie:

„Bei diesen Wettbewerben bekommen wir 4000 bis 5000 Zuschriften. Aus den besten Antworten losen wir dann die Sieger aus, die die Möglichkeit bekommen, die Tschechoslowakei zu besichtigen. Und darauf möchte ich besonders hinweisen: Die Leute werden von uns eine Woche lang in die Tschechoslowakei eingeladen und sehen unsere Betriebe, Städte, die landwirtschaftlichen Genossenschaften und natürlich die Kultur der Tschechoslowakei. Beim abschließenden Beisammensein überraschen uns diese Hörer immer sehr positiv, indem sie uns bestätigen, dass Radio Prag die volle Wahrheit über das Leben in der Tschechoslowakei erzählt. Das weckt natürlich Zweifel an den von den Massenmedien in deren Ländern verbreiteten Wahrheiten“, so der damalige Radio-Prag-Chef Šimon 1985 im Tschechoslowakischen Fernsehen.

Um diesen angeblichen Unwahrheiten auf die Spur zu kommen, gab es eine so genannte Monitoring-Abteilung, die die Programme der ausländischen Radiostationen abhörte und den Parteifunktionären penibel Bericht erstattete. Auch dies gehörte damals zu den Aufgaben von Radio Prag, das wie all die anderen Medien voll und ganz im Dienst des kommunistischen Regimes zu stehen hatte.