Die Touristen-Abzocke beginnt sich zu rächen
Die Prager Tourismusbetriebe klagen in diesem Sommer über Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Tourismusexperten sind schockiert und sprechen von einer Katastrophe. Neben der starken Tschechischen Krone vertreiben oft auch schlechter Service und fragwürdige Methoden der Gastwirte die Gäste.
Erst vergangene Woche hatte ich Besuch aus der Heimat. Der Abend war ausnahmsweise trocken – voerst zumindest. Also machten wir uns auf die Suche nach einem gemütlichen Gastgarten. Kein einfaches Unterfangen in der Prager Altstadt. Gewisse Orte wie der Altstädter Ring oder der Wenzelsplatz scheiden schon von vorneherein aus. Zu groß ist die Gefahr, viel Geld für schlechtes Essen auszugeben und dazu noch Ärger mit der Bedienung zu haben.
Auch auf der Kleinseite zogen wir von Lokal zu Lokal und wurden lange nicht fündig: Mal schreckten uns die unverschämt hohen Preise auf der Speisekarte ab, mal erwies sich der groß angekündigte „Nice garden“ (ja, fast alle Aufschriften sind auf Englisch, mit einheimischen Gästen rechnet hier längst niemand mehr) als muffiger Hinterhof. Schließlich entschieden wir uns für ein Resataurant an der Moldau mit nettem Garten. Den trennte zwar eine massive, übermannshohe Mauer vom Fluß, aber die Speisekarte am Eingang versprach böhmische Spezialitäten zu einem – angesichts der Lage - akzeptablen Preis. Groß war denn die Überraschung, als uns der Kellner die Speisekarte vorlegte: Keine Spur von Gulasch und „Svíčková“, dafür andere Internationale Gerichte zu einem weit höheren Preis. „Die am Eingang angekündigten Speisen und Preise? - Die gelten nur im Lokal, nicht im Gastgarten.“hieß es. Tags darauf wollen wir uns etwas Besonderes gönnen und entscheiden uns für ein Gartenrestaurant in der Nähe des Klosters Strahov. Die Aussicht auf die Stadt ist atemberaubend und die Speisekarte vielversprechend. Dafür sind wir gerne bereit, auch einmal etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Wir wurden nicht enttäuscht: Das Essen war tatsächlich gut und die Bedienung schien recht bemüht um das Wohl der Gäste. Vorerst jedenfalls, denn das sollte sich im Verlauf des Abends noch schlagartig ändern. Obwohl es noch eineinhalb Stunden bis zur Sperrstunde waren, landete gegen halb elf Uhr die Rechnung auf unserem Tisch. Ohne, dass wir sie bestellt hätten, wohlgemerkt. Und obwohl die Weinflasche noch recht gut gefüllt war, begann die Kellnerin, die Gläser abzuräumen. Sogar mein noch nicht ausgetrunkenes. Bevor man uns am Ende noch die Stühle unter dem Hinterteil wegziehen würde, beschlossen wir zu gehen. Zurück blieb die Freude über gutes Essen vor der großartigen Kulisse der Prager Altstadt. Und einmal mehr der Ärger über dreistes Restaurant-Personal.So gesehen kann man den Einbruch in den Umsatz-Zahlen nur begrüßen: Vielleicht regt er die Prager Innenstadt-Wirte zum Nachdenken über ihre oft unverschämten Methoden an. Vielleicht erwacht auch endlich die Politik nach all den Jahren, in denen sie der schamlosen Touristen-Abzocke nahezu tatenlos zugesehen hat. Und denjenigen, die weiterhin versuchen, sich an leichtgläubigen Urlaubern schamlos zu bereichern, steht dann wohl der Gang zum Konkursrichter bevor.