"Fašank" in Strání mit Säbelrasseln und Sliwowitz

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In den tschechischen Großstädten hatte man über den Fasching oder bestimmte damit verbundenen Traditionen noch vor kurzem kaum etwas gehört. Seit einigen Jahren versuchen die Stadtvertreter mancherorts die inzwischen vergessene Tradition nun wieder zu beleben. Im Rahmen dieser Bemühungen werden dann mehr oder weniger gelungene Spektakel im Zeichen des Karnevals organisiert, die vor allem als eine Touristenattraktion in der Wintersaison dienen. Es gibt jedoch immer noch Orte, wo der Fasching für die Bewohner ein Begriff ist, und wo die Tradition lebendig ist. Ein solcher Ort ist die Gemeinde Strání in den Weißen Karpaten. Es liegt nur einige Hundert Meter von der Grenze zur Slowakei entfernt.

In der Wirklichkeit sieht die Gemeinde malerischer als auf den Fotos: Der Bus aus dem etwa 20 Kilometer entfernten Uherský Brod klettert über den Kamm der Weißen Karpaten und als er in der scharfen Kurve fast stehen bleibt, sieht man ein langes Tal vor sich, in dem sich ein genauso langes Dorf mit Häusern auf beiden Seiten der Hauptstraße erstreckt. Die Straße führt bis in die Slowakei und heißt natürlich Slovenská. Eigentlich besteht Strání aus zwei Gemeinden: Strání und Květná.

Das näher zur Grenze gelegene Květná ist durch ein Glaswerk berühmt geworden. Das handgemachte Glas wird dort seit 1794 hergestellt. Die knapp 4.000 Bewohner zählende Gemeinde gilt als ein Ort, wo man Folklore pur noch erleben kann. „Fašank“ – Fasching – wird von Freitag bis in die Nacht auf den Aschermittwoch gefeiert. In moderner Sprache wird es heute mit Recht als ein Faschingsfestival bezeichnet, denn am vergangenen Wochenende haben sich in Strání zwölf Ensembles vorgestellt. Am Dienstag erreichte dann der „fašank“ den Höhepunkt. In Strání gibt es keinerlei Umzüge mit Karnevalmasken, dafür führen die „fašančáre“ Säbeltänze vor.

Säbeltänze, das klingt nach einem wilden, brutalen Spektakel. Ich musste meine Vorstellung dann aber ein wenig korrigieren, auch wenn ich sehr angenehm überrascht war. Um halb eins trafen die „fašančáre“ – also die Karnevalsteilnehmer – vor der Kirche zusammen: Alle in Trachten gekleidet, bildeten sie mehrere Gruppen mit etwa zehn Mitgliedern. Nach einem gemeinsamen Foto auf der Kirchentreppe trennten sich die kleinen Gruppen voneinander und begaben sich in verschiedenen Richtungen auf den Weg durch Strání. Die jüngsten „fašančáre“ waren noch im Vorschulalter, von den Älteren waren die meisten um die zwanzig Jahre alt. Ausgerüstet waren sie entweder mit Holzsäbeln oder mit Musikinstrumenten.

Der Hauptsänger und Leiter der Gruppe, den sie „gazda“ nennen, trug in der Hand einen langen Spieß, dessen Funktion ich bald herausfand. Die Zusammensetzung der einzelnen kleinen Musikensembles war unterschiedlich – es fehlten aber nie die Geigen und ein Kontrabass, meistens war auch ein Akkordeonspieler mit dabei. Ich schloss mich einer der „partija“ – der Gruppe - an, sie blieb vor einem Haus stehen und forderte die Hausfrau auf, sie solle die Tür öffnen. Die Hausfrau war, wie wahrscheinlich alle Hausfrauen in Strání an dem Tag, auf den Besuch der fašančáre“ vorbereitet und kam ihnen mit einer Schüssel mit Krapfen entgegen:

„Meistens kommen die Jungs jedes Jahr zuerst zu uns. Unter den Tänzern sind auch mein Sohn und mein Neffe. Wir müssen für sie etwas vorbereiten, damit sie sich ein bisschen stärken, denn das Dorf ist sehr lang, und sie haben noch viele solche Vorführungen vor sich. Die Tradition geht weit zurück. Soweit ich mich erinnern kann, gab es sie schon immer.“

Fünf Tänzer bildeten danach einen Kreis und begannen den Säbeltanz – das so genannte „pod šáble“ vorzuführen.

Die Tanzfiguren wirken auf den ersten Blick recht kompliziert und ändern sich schnell. Die rot bemalten Holzsäbel sind mit zahlreichen Metallringen verziert, die bei den Bewegungen rhythmisch rasseln. Für den Tanz erhalten die Darsteller einen Lohn in Form von weiteren Süßigkeiten, aber auch Würsten, Speck und Sliwowitz / slivovice. Der Sliwowitz wird verkostet, aber eine Flasche genauso wie die Würste werden auf den Spieß gehängt, den der Gazda in der Hand hält. Ich fragte den Spießträger nach seiner Aufgabe:

“Das ganze verläuft so, dass ich an der Spitze der Gruppe schreite, die Jungs folgen mir, dann springen sie diesen Tanz. Ich helfe ihnen nur mit Gesang und natürlich sammle ich das, was wir bekommen. Jetzt habe ich da Schnaps, Krapfen, geräuchertes Fleisch – jeder gibt, was er hat.“

Gestärkt begeben sich die Musiker und Tänzer weiter, so geht eine Gruppe Richtung Rathaus, eine andere zur Pfarrei und einige anderen sind inzwischen in der Ferne verschwunden. In der fast fünf Kilometer langen Gemeinde warten mehrere Auftritte, aber auch schmackhafte Delikatessen auf die begabten „fašančáre“ .

Den Rundgang durch Strání werden wir in der nächsten Ausgabe des Reiselands fortsetzen, über die Volksbräuche werden wir auch mit einem Ethnografen sprechen.

Fotos: Autorin