Präsidentschaftswahlen: Gelingt Klaus der Sieg in der ersten Runde?
Nur noch vier Tage verbleiben bis zur tschechischen Präsidentenwahl, die zweifelsohne den politischen Höhepunkt dieses Jahres markiert. Während die Präsidentschaftskandidaten Václav Klaus und Jan Švejnar an ihren Wahlreden schreiben, mehren sich die Prognosen, wie die Wahl ausgehen könnte und wie lange sie dauern wird. Mehr dazu erfahren sie in der folgenden Ausgabe unseres Schauplatzes.
Damit bekam die politische Schlacht um das künftige tschechische Staatsoberhaupt in den letzten Wochen fast schon wahlkampfähnliche Züge - gerade so, als ob der Präsident nicht vom Parlament, sondern direkt vom Volk gewählt würde. Beide Bewerber attackierten sich nicht nur mehr oder weniger verdeckt, sondern konfrontierten ihre Positionen auch vor laufenden Kameras.
Welche Bilanz lässt sich über den bisherigen Verlauf des Präsidentschaftswahlkampfs ziehen? Vergleicht man die Ereignisse der letzten Wochen mit der Präsidentschaftswahl des Jahres 2003, fällt auf, dass die Bewerber nicht bloß bemüht waren, die Unterstützung der Parteien zu erhalten. Vielmehr haben sie auch den Weg zu den Bürgern gesucht, mit dem Ziel die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Wie bewertet der Politikwissenschaftler Zdeněk Zbořil vom Prager Institut für internationale Beziehungen den bisherigen Präsidentschaftswahlkampf?
„Ich meine, dass sie zurecht die letzte Präsidentschaftswahl erwähnt haben, die praktisch zu einem Fiasko wurde. Der lang anhaltende Streit unter den Parteien, der häufige Wechsel der Kandidaten, einschließlich des so genannten Verrats der Sozialdemokraten an ihrem Kandidaten Miloš Zeman, hat in allen Parteien ein ungutes Gefühl hinterlassen. Vor der diesjährigen Wahl konnte man den Eindruck gewinnen, dass alle eine Wiederholung dieser negativen Entwicklung verhindern wollten. Ein bemerkenswerter Unterschied gegenüber dem Jahr 2003 ist, dass heuer faktisch nur zwei Parteien eigene Kandidaten aufgestellt haben, und zwar die stärkste – die rechtsliberale Demokratische Bürgerpartei (ODS) und die kleinste, das heißt die Grünen. Interessant sind die Motive bei den Sozialdemokraten und den Kommunisten, auch wenn sie unterschiedlich sind. Bei den Sozialdemokraten drückt sich dabei sicherlich auch die starke innere Heterogenität aus. Ganz anders die Kommunisten, die offen ihre Taktik bekannt gaben, dass in den ersten beiden Runden Švejnar unterstützen wollen, dann aber in der dritten niemand wählen und somit die Wahl blockieren wollen. Das eröffnet natürlich einigen Spielraum, um von den Kandidaten Zugeständnisse in Bezug auf die künftige Rolle der Kommunisten in der tschechischen Politik zu erreichen.“Stehen diese taktischen Beweggründe für die Haltung der jeweiligen Parteien bei der diesjährigen Präsidentenwahl stärker im Vordergrund, als vor fünf Jahren, oder unterscheiden sie sich nicht wesentlich, vielleicht bis auf den Unterschied, dass man diesmal ganz offen darüber spricht? Dazu sagt Zdeněk Zbořil:
"Wahrscheinlich war das zum Zeitpunkt, als Václav Klaus gewählt wurde, auch schon so. Es wurde nur nicht so oft über andere Kandidaten gesprochen, die man als Antipoden zu dessen Vorgänger Václav Havel verstehen konnte. Vor der heurigen Wahl wurde von allen Seiten geradezu fieberhaft nach einem so genannten Anti-Klaus gesucht, was sich später für die beteiligten Politiker und Parteien fast zu einer Falle entwickelt hat. Vor allem die Kommunisten versuchten so lange wie möglich ihre Karten versteckt zu halten und es war nicht abzusehen, wie sie sich diesmal verhalten werden. Genauer betrachtet halten die Kommunisten ihre Position bewusst so allgemein gehalten wie möglich, dass praktisch jeder Widersacher von Klaus hineinpasst und sogar noch die Möglichkeit besteht, dass unter gewissen Voraussetzungen auch Klaus selber unterstützt werden könnte."
Blickt man auf die Ausgangslage vor der Wahl, ist Václav Klaus am kommenden Freitag rein rechnerisch der Favorit und er könnte sogar bereits am Freitag in seinem Amt bestätigt werden. Wird es aber wirklich so kommen? Wie wahrscheinlich ist es, dass Tschechien schon am 8. Februar den Namen des neuen Präsidenten kennen wird? Zdeněk Zbořil mit dem Versuch einer Prognose:
"Gerade deshalb, weil ich diese Frage sehr oft gestellt bekomme und somit von mir praktisch verlangt wird die Zukunft aus der Glaskugel vorauszusagen, habe ich mir eine Übersicht der Abgeordneten und Senatoren ausgearbeitet und deren mögliches Stimmverhalten festgehalten. Dabei bin ich zum Schluss gekommen, dass der jetzige Präsident Václav Klaus auch schon gleich in der ersten Runde gewählt werden könnte. In den Medien ist das zum Beispiel überhaupt nicht erwähnt worden, was ich als Folge dessen sehe, dass die Mehrheit der Medien sich ebenfalls auf der Suche nach einem Anti-Klaus begeben hat. Meinen Berechnungen zufolge fehlen Václav Klaus 17 Stimmen, wobei ich bei den beiden parteilosen Abgeordneten Miloš Melčák und Michal Pohanka, die früher Sozialdemokraten waren, davon ausgehe, dass sie Klaus wählen werden, so wie sie auch bisher mit der Mitte-Rechts-Regierung gestimmt und ihr die Mehrheit gesichert haben. Von den restlichen 17 Stimmen hat Klaus schon heute 12 sicher - die meisten kommen von den Christdemokraten, ebenso aber auch aus den Reihen der Sozialdemokraten. Ungewiss ist das Abstimmungsverhalten der fünf restlichen Abgeordneten, aber bis zum Wahltag können die Unterhändler von Klaus noch einiges erreichen. Wir könnten also heute in einer Woche schon den Namen des neuen Präsidenten kennen."Für den Fall, dass es aber dennoch nicht zu einem Erfolg schon am 8. Februar kommen sollte, haben sowohl Václav Klaus, wie auch Jan Švejnar zu erkennen gegeben, dass sie auch an den weiteren Wahlgängen teilnehmen wollen. Besteht nicht die Gefahr, dass sich deshalb die Situation nach der Parlamentswahl vom Juni 2006 wiederholen könnte, als die beiden Lager - das linke und das rechte – sich praktisch gegenseitig blockierten? Das müsste dann zwangsläufig zu einer Verfassungskrise führen. Hören Sie dazu abschließend noch einmal die Einschätzung des Politikwissenschaftlers Zdeněk Zbořil vom Prager Institut für internationale Beziehungen:
"Ja, die Gefahr einer Verfassungskrise besteht sicherlich. Zudem gibt es noch eine Gruppe von Politikern, die auf verschiedenen Ebenen wirken - zum Beispiel im Europaparlament. Diese Politiker meinen, dass ein Scheitern der Präsidentenwahl eine neue politische Konstellation herbeiführen könnte - etwa eine Regierung ohne die Grünen und Christdemokraten. Ich erinnere nur, dass der sozialdemokratische Oppositionsführer Jiří Paroubek in den letzten Wochen mehrmals von der Möglichkeit sprach, einen Nicht-Angriffs-Pakt mit der stärksten Regierungspartei zu schließen. Damit lassen sich komfortabel zwei weitere Jahre in der Regierung überstehen, und zwar ganz unabhängig von den einmal steigenden ein andermal wieder fallenden Ergebnisse der Meinungsumfragen."