Präsidententreffen im Potemkinschen Dorf?

Brünner Rathaus (Foto: www.aneris.cz)

Einerseits unübersehbarer Kostenaufwand für das Herausputzen der Stadt, die sich den sechzehn Staatsoberhäuptern als eine repräsentative Visitenkarte des Gastlandes vorstellen will, andererseits unüberhörbare Zweifel, ob das Gipfeltreffen der Staatschefs solch unterschiedlicher Regionen Europas überhaupt Früchte bringen kann. Beides hat Milan Slezak, Kommentator des Tschechischen Rundfunks, in einer Betrachtung reflektiert:

"Mütterlicher- und väterlicherseits bin ich in Südmähren verwurzelt, und ich habe Brünn immer gewünscht, aus dem Schatten von Prag zu treten. Ich bezweifle allerdings, dass es der Stadt durch das aktuelle Treffen von mittel-, süd- und südosteuropäischen Präsidenten gelingen wird. Stimmt, es ist schon gut, wenn Präsidenten, die sich noch nicht kennen, einen persönlichen Kontakt knüpfen können. So ein ´human touch´ ist in der Politik manchmal das Wichtigste. Aber es gilt auch, je mehr Gäste, desto zersplitterter kann die Agenda sein. Zudem fehlt der Präsident des politisch und wirtschaftlich wichtigsten der eingeladenen Gastländer, nämlich Deutschlands. Auch die Praxis belegt, dass Verhandlungen von politisch nicht selten schwachen Staatsoberhäuptern eine sehr geringe Auswirkung haben. Übrigens, darauf machte seinerzeit, damals als Regierungschef, bereits der jetzige tschechische Präsident aufmerksam."

Präsidententreffen in Brno/Brünn  (Foto: CTK)
Die Brünner Stadtväter, wie Milan Slezak weiter schreibt, hätten bis zum letzten Moment nicht nur an Sicherheitsvorkehrungen gefeilt, sondern auch ganz "handgreifliche" Vorkehrungen zum Wohle der sechzehn europäischen Präsidenten getroffen:

"Angeschafft wurden auch zwei mobile, jedoch aparte Toiletten, damit es die Präsidenten beim Zeremoniell auf dem Brünner Zentralplatz im Bedürfnisfall nicht zu weit haben. Die Toiletten sind mit Edelstahlmuscheln versehen und kosteten 80.000 Kronen. Den Journalisten, die ihre Präsidenten begleiten, gönnten die Stadtväter den Anblick eines Feuerwerks und ließen nicht nur graffitibeschmierte Fassaden überstreichen, sondern auch Gehsteige reparieren. Böse Zungen behaupten, dass die Graffitibeseitigung fast drei Millionen Kronen gekostet habe und die Gehsteige nur in der Reichweite der Präsidentenaugen repariert sind. Böse Zungen sprechen daher von einem Brünner Potemkinschen Dorf. Ein objektiver Kritiker müsste aber im gleichen Atemzug hinzufügen, dass die Potemkinschen Dörfer immerhin Weltruhm erreicht haben."