Die Pflaume der Freiheit

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Drei Jahre ist Tschechien nun in der EU. Die Bilanz könnte positiv ausfallen: Frieden, Freiheit und rasantes Wirtschaftswachstum. Die Liebe aber, die geht bekanntlich durch den Magen, und gerade hier liegen die Probleme.

Der alte tschechische Inländer-Rum darf laut EU-Norm nicht mehr Rum heißen, weil kein Rum drin ist, die traditionelle streichkäseartige Aufstrichbutter nicht mehr Butter, weil sie nicht buttrig genug ist. Gulasch darf zwar seinen Namen behalten, obwohl gerade hier oft fraglich ist, ob auch wirklich welches drin ist, aber es schmeckt nicht mehr wie Gulasch, weil die Wirte es nun nicht mehr tagelang auf dem Herd anbrennen lassen dürfen, wie sich das eben für ein echtes Gulasch gehört.

Alle diese nationalgastronomischen Eingriffe haben die Tschechen bislang über sich ergehen lassen, murrend zwar, aber letztlich sich doch besinnend auf das "täubchenhafte Wesen", das sie sich selbst gerne nachsagen und das schärferen Aufruhr verbietet. Nun aber wachsen der Taube Zähne, soweit das naturgeschichtlich möglich ist. Es geht um den walachischen Slivovice, das aus Pflaumen gebrannte Lebenswasser der Region. Eine neue EU-Norm definiert Slivovice aber nun als alkoholischen Pflaumensaftverschnitt - das reine und qualitativ höherwertige Obstdestillat fällt in der Verordnung unter den Tisch, dem walachischen Slivovice droht das Schicksal von Inländer-Rum und Aufstrichbutter.

In der Walachei, der mährischen-slowakischen Grenzregion, kam es daraufhin nach Presseberichten zu dramatischen Szenen, die an das berühmte gallische Dorf erinnern, das sich allein gegen die Römer stellt. Einzelne Teilnehmer einer Protestkundgebung hätten sogar begonnen, den Euroskeptizismus von Präsident Klaus zu loben, berichtete einer der Veranstalter. Höhepunkt war die symbolische Pflanzung eines Pflaumenbaumes, geweiht mit echtem Slivovice: "trnka svobody", die Pflaume der Freiheit.

Angesichts der Zaubertrankvorräte der Aufständischen und weil man ja aus Asterix eh weiß, wie´s ausgeht, strecken die die Römer in Brüssel bereits die Waffen. Es handele sich um einen Fehler, das Gesetz sei unglücklich gekürzt worden, alles könne wieder gut gemacht werden. Wenn es dafür nur nicht zu spät ist. Der Pflaumenhain der Freiheit ist inzwischen auf zweihundert Bäume angewachsen. Ein neuer Limes, mitten in Europa?