Katerina Neumannova verlässt die Bühne als Grand Dame des Skilanglaufs
Katerina Neumannova, die tschechische Königin der Langlaufloipe, hat ihre Fans einmal mehr verzückt. Im japanischen Sapporo verteidigte sie ihren Titel über 10 km Freistil. Nach diesem Topergebnis stimmt sich die ganze tschechische Sportnation aber bereits auf das bevorstehende Qualifikationsspiel zur Fußball-EM zwischen Tschechien und Deutschland ein.
Die Tops und Flops der tschechischen Sportwoche
In unserem letzten Sportreport haben wir Ihnen unter anderem die neue Weltmeisterin im Alpinen Skislalom vorgestellt: die 22-jährige, aus Benecko im Riesengebirge stammende Sarka Zahrobska. Nach ihrem tollen Erfolg wird die junge Tschechin jetzt anders wahrgenommen. Man versucht, zu erfahren, ob ihr Sieg in Aare nur eine Eintagsfliege war oder ob sie nun auch wie ein Champion auftritt. Bei ihrem ersten Weltcup-Rennen nach dem Titel belegte sie in der spanischen Sierra Nevada einen sechsten Platz. Ihr Vater und Trainer Petr Zahrobsky war mit diesem Resultat durchaus zufrieden und sagte auch warum:"Im Gegensatz zur Weltmeisterschaft, wo es ein völlig anderes Streckenprofil gab und das Rennen in einer Höhe von 400 Metern über dem Meeresspiegel stattfand, hatten wir hier ganz andere Bedingungen - eine Starthöhe von 2600 Metern sowie eine vereiste Strecke, die einen Höhenunterschied von 200 Metern aufwies und ziemlich kurz und steil war. Dass Sarka hier auf den sechsten Platz im Slalom kam, betrachte ich als ein hervorragendes Ergebnis."
Vor dem bereits mit Spannung erwarteten Qualifikationsspiel zur Fußball-Europameisterschaft zwischen Tschechien und Deutschland, das am 24. März in Prag stattfindet, waren düstere Wolken über der tschechischen Auswahl aufgezogen. Der Grund: Einer ihrer Topspieler, der Welttorhüter des Jahres 2005 Petr Cech, hatte sich im Oktober bei einem Zusammenprall in einem Punktspiel der englischen Premier League einen Schädelbasisbruch zugezogen. Doch der Heilungsprozess verlief über Erwarten gut, so dass Cech schon Mitte Januar in Prag verkündet hat:
"Ich kann bestätigen, dass ich von meinem Facharzt die Erlaubnis erhalten habe, wieder uneingeschränkt trainieren zu können. Ob ich auch wieder spielen kann, das liegt jetzt nur noch daran, wie die abschließende Kontrolluntersuchung am Mittwoch in Oxford ausfallen wird. Aber wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, sollte ich am Mittwoch auch die offizielle Spielerlaubnis erhalten. Der einzige Unterschied zu früher ist, dass ich jetzt mit einem Spezialhelm aus Kunststoff spielen muss."Mit diesem Helm steht Cech seitdem nicht nur wieder im Kasten seines FC Chelsea, nein: er hält auch wieder so großartig wie eh und je. In mehreren Spielen seines Clubs blieb er erneut ohne Gegentor, am vergangenen Wochenende gewann er mit Chelsea den englischen Ligapokal durch einen 2:1-Finalsieg über den Londoner Rivalen Arsenal. Die deutschen Stürmer müssen sich also darauf einstellen, wieder auf einen erstklassigen Keeper zu treffen.
Die SPORT- Reportage
"Also, ich will nur darauf aufmerksam machen, falls ich bei der Weltmeisterschaft erfolgreich sein sollte, dann kann ich auch nächstes Jahr wieder hier stehen",sagte "Skikönigin" Katerina Neumannova - und hatte die Lacher auf ihrer Seite. Nur eine kleine Episode am Rande des Gala-Abends zur tschechischen Sportlerwahl 2006, die zeigt, wie selbstbewusst und unbeeindruckt von den schlechten Schneeverhältnissen dieses Winters die "Grande Dame" des internationalen Skilanglaufs auch in dieser Saison agiert, die ihre unweigerlich letzte ist. Denn als viele nach ihrem vorjährigen Olympiasieg im 30-km-Rennen von Pragelato erwartet hatten, dass sie nun ihren Rücktritt vom aktiven Sport erklären werde, verkündete die gebürtige und treue Südböhmin: "Nein, ich hänge noch eine Saison dran, und das wird dann so etwas wie meine große Abschiedstournee von den Loipen dieser Welt." Ein Journalistenkollege, ansonsten einer ihrer größten Fans, hatte sie aus diesem Grunde unbeabsichtigt ein wenig zu früh abgeschrieben, als er sie auf der Pressekonferenz zum Gala-Abend nach den Gefühlen fragte, die sie bei ihrer abschließenden Teilnahme an einer Sportlerwahl verspüre. Die Antwort der Neumannova haben sie bereits gehört...
Und eine Antwort darauf, ob eine inzwischen 34-Jährige denn überhaupt noch im internationalen Skilanglauf-Zirkus mithalten könne, die gab Katerina Neumannova spätestens jetzt bei der Nordischen Ski-WM im japanischen Sapporo. Bei ihrem ersten Auftritt, der Entscheidung im 15-km-Verfolgungsrennen der Damen, warf sie gleich ihre ganze Wettkampferfahrung in die Waagschale und konnte sich nach dem Zieleinlauf über den Gewinn ihrer ersten WM-Silbermedaille freuen. Dabei sei es für sie alles andere als leicht gewesen, mit den jüngeren Kontrahentinnen in jeder Phase des Laufes mitzuhalten:"Ich bin eher ein tempobewusster Wettkampftyp. Anstatt anzutreten, um das Loch zu der mir etwas enteilten Spitzengruppe schnell zu schließen, bin ich lieber mein eigenes Tempo gelaufen und habe mich dann Schritt für Schritt wieder herangekämpft. In der Mitte des Rennens hatte ich zwar keine Krise, aber ich fühlte mich auch nicht in der Lage, das Tempo zu diktieren. Deshalb habe ich mich bemüht, mit meinem Kräften etwas hauszuhalten und - wie bereits erwähnt - den geringen Rückstand mit gleichmäßigem Tempo wettzumachen anstatt mit einer Sprinteinlage."
Dieses taktische Rezept ist dann auch aufgegangen, denn auf der Zielgeraden musste die hübsche Blondine nur der Russin Olga Sawialowa den Vortritt lassen. Katerina Neumannova sprach danach nicht vom Verlust der Gold-, sondern vom Gewinn der Silbermedaille. Ihre Freude war groß, doch der Jubel der Live-Zuschauer hielt sich in Grenzen. Deshalb sinnierte die Frau aus Zadov:
"Das hier ist nicht gerade das Land, in dem den Menschen der Skilanglauf ans Herz gewachsen ist. Und das ist daher auch nicht unbedingt das Umfeld, das ich mag. Auf der anderen Seite sind die Menschen hier unglaublich nett. Sie haben die WM perfekt organisiert, alles klappt auf die Minute genau - und das ist die Seite, die mir an Japan gefällt. Ich kann mich also nicht über sie beschweren."
Der zweite Platz im Skiathlon war jedoch letztlich genau der richtige "Muntermacher" für das 10-km-Rennen im freien Stil, zu dem die junge Mutter einer dreijährigen Tochter als Titelverteidigerin an den Start ging. In der Heimat, wo die Entscheidung in den frühen Morgenstunden live übertragen wurde, fieberten wieder Zigtausende vor den TV- und Radiogeräten mit und drückten ihrer Katka die Daumen. Und Katka enttäuschte sie nicht. Mit großem Vorsprung gewann sie das Rennen."Ich bin mehr oder weniger am Anschlag gelaufen. Es ist richtig, dass ich nach der ersten Runde nur mit zwei bis drei Sekunden geführt habe, was sehr wenig ist. Aber als mein Vorsprung zu Beginn der zweiten Runde sprunghaft angestiegen ist, hat mich das beruhigt, denn ich spürte auch, dass ich noch genügend Kraft habe. Nachdem ich das wusste, habe ich nur noch versucht, das Rennen zu kontrollieren. Dennoch ist mein Vorsprung weiter angewachsen, also ist den Anderen vermutlich etwas die Puste ausgegangen, während ich mein Tempo halten konnte. Darüber bin ich natürlich hocherfreut."
Katerina Neumannova hat also auch ihre letzte große internationale Prüfung mit Bravour bestanden. Als eine untadelige Sportlerin vom Scheitel bis zur Sohle. Und da sie sich vor Jahresfrist mit dem Olympiasieg von Turin ihren größten sportlichen Traum bereits erfüllte, konnte sie die weltmeisterliche Zugabe dieses Winters auch so richtig genießen:
"In der Vergangenheit habe ich immer unter einem weitaus größeren Druck gestanden, diesmal aber habe ich mich dagegen lockerer gefühlt. Aber ich wollte mich würdig verabschieden. Deshalb ist dieser Sieg das Beste, was mir passieren konnte."