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Mehrheit der Tschechen würde bei Neuwahlen ODS wählen
Wenn es im September in Tschechien vorgezogene Neuwahlen gäbe, würde die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) aus ihnen als Wahlsieger hervorgehen. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Factum Invenio. Die ODS könnte demnach mit 76 der 200 Mandate im Abgeordnetenhaus rechnen, gefolgt von den Sozialdemokraten mit 67 Sitzen, den Kommunisten mit 29, den Grünen (15) und den Christdemokraten (13). Als Regierungskoalitionen mit klarer Mehrheit kämen somit entweder eine Große Koalition aus ODS und Sozialdemokraten oder eine Dreierkoalition aus ODS, Christdemokraten und Grünen in Frage. Ein Zustandekommen eben jener Dreierkoalition war nach den Wahlen im Juni daran gescheitert, dass sie ein Mandat zu wenig hatte. Wann in Tschechien mit vorgezogenen Neuwahlen zu rechnen ist, ist derzeit noch unklar. Der amtierende Premierminister Mirek Topolanek (ODS) macht sich für einen Termin im nächsten Frühjahr stark.
Premier Topolanek will auch ohne Vertrauen des Parlaments bis Ende Oktober weiterregieren
Der tschechische Premier Mirek Topolanek ist bereit, auch dann vorläufig weiterzuregieren, wenn sein Kabinett die Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus nicht besteht. In diesem Fall würde er mindestens bis Ende Oktober im Amt bleiben, sagte Topolanek dem Internetserver "aktualne.cz". Es gebe viele wichtige Dinge zu erledigen, wie zum Beispiel die Vorbereitung des Haushaltes 2007, argumentierte der Premier. Topolanek wird dem Abgeordnetenhaus Anfang Oktober die Vertrauensfrage stellen.
Vize-Bürgermeister von Havirov ermordet
Der stellvertretende Bürgermeister der nordmährischen Stadt Havirov, Martin Balsan (CSSD), ist während einer Sitzung der Stadtverwaltung erschossen worden. Zuvor hatte der Täter, der ehemalige Leiter der Technischen Dienste Havirov, seine Rechtsanwältin im benachbarten Ostrava/Ostrau umgebracht. Nach der zweiten Tat beging er Selbstmord. Darüber informierte am Montag ein Sprecher der nordmährischen Polizei. Hintergrund der Tat soll der Streit des Täters mit der Stadt um einen Aktienverkauf gewesen sein. Statt der geforderten 183.000 Euro habe ihm die Stadtverwaltung nur gut 20.000 Euro geboten, sagte die Bürgermeisterin von Havirov, Milada Halikova. Das genaue Tatmotiv wird jetzt von der Polizei untersucht.
Tschechiens neuer Industrieminister rechnet mit Ausbau von Temelin
Der neue tschechische Minister für Industrie- und Handel, Martin Riman (ODS), rechnet mit einem Ausbau des umstrittenen südböhmischen Kernkraftwerks Temelin. Die Erweiterung des Reaktors von zwei auf vier Blöcke sei "an der Tagesordnung", sagte Riman der Tageszeitung "Hospodarske noviny" (Montagausgabe). Der Energieverbrauch wachse, und wenn sich Europa dem nicht anpasse, werde es bitter dafür bezahlen. Den Bau eines dritten Atomkraftwerks in Tschechien neben Temelin und Dukovany schloss Riman hingegen aus. Tschechien deckte seinen Energieverbrauch im Jahr 2004 zu 31 Prozent aus Kernenergie.
Tschechische Regierung will Anteile an Energiekonzern CEZ verkaufen
Die neue tschechische Regierung will über die Prager Börse 16 Prozent ihrer Anteile am Energiekonzern CEZ veräußern. Das sagte Finanzminister Vlastimil Tlusty am Sonntag. Die Teilprivatisierung solle im kommenden Jahr beginnen und zur Verbesserung der öffentlichen Finanzen beitragen. Der Verkauf würde nach dem gegenwärtigen Kurswert etwa 77 Milliarden Kronen bringen, das entspricht 2,7 Milliarden Euro. Tlustys Vorgänger Bohuslav Sobotka von den oppositionellen Sozialdemokraten wies das Vorhaben als terminlich ungünstig zurück, da die Aktie noch weiter steigen könne. CEZ ist der größte Stromerzeuger Tschechiens und betreibt seit 2000 das umstrittene Atomkraftwerk Temelin.
Kontroverse Internetseite über Zerstörung von Lidice abgeschaltet
Nach Protesten von Opferverbänden hat die Leitung der tschechischen Holocaust-Gedenkstätte Lidice am Freitag eine umstrittene Internetseite über das Massaker in Lidice 1942 abgeschaltet. Darüber informiert die Zeitung "Pravo" in ihrer Montagsausgabe. Unter "www.totalburnout.cz" hatte die Gedenkstätte vor einigen Wochen eine Reklame für ihre Webseite ins Netz gestellt, verbunden mit einem scheinbaren Computerspiel, das auf den ersten Blick wie ein Kriegsspiel aussah. Überlebende des Massakers hatten die Seite als "zynisch" bezeichnet. Gedenkstättenleiter Milous Cervencl entschuldigte sich bei ihnen. Zuvor hatte er die umstrittene Idee mit dem Hinweis verteidigt, nur mit solchen Projekten könne man heute das Interesse junger Menschen wecken. Der mittelböhmische Ort Lidice war im Juni 1942 nach dem tödlichen Attentat auf den "Stellvertretenden Reichsprotektor" Reinhard Heydrich von Gestapo und Schutzpolizei zerstört worden, mehr als 170 Männer waren erschossen und Frauen und Kinder nach Deutschland deportiert worden.
Vaclav Havel übernimmt Schirmherrschaft über Filmfestival mit homosexueller Thematik
Der ehemalige Präsident Vaclav Havel übernimmt die Schirmherrschaft über den bevorstehenden Filmfestival Mezipatra / Zwischenetagen, das der homosexuellen Thematik gilt. Der 7. Jahrgang der größten Filmschau dieser Art in Mitteleuropa beginnt Ende Oktober im südmährischen Brno / Brünn und wird anschließend Anfang November in Prag fortgesetzt. Das Hauptthema des diesjährigen Festivals ist die Pubertät als Lebensperiode der Suche der eigenen Identität und der sexuellen Orientierung.
Verlagsgruppe Passau startet neue Lokalzeitung in Prag
Die deutsche Verlagsgruppe Passau hat am Montag über ihre tschechische Tochtergesellschaft VLP eine neue Lokalzeitung in Prag gestartet. "Prazsky denik" ("Prager Tageszeitung") soll künftig sechs Mal wöchentlich in einer Auflage von etwa 100.000 Exemplaren erscheinen. Das neue Blatt, in dem 90 Angestellte arbeiten sollen, muss sich in Prag gegen mehrere Gratiszeitungen unter anderem der Rheinisch-Bergischen Verlagsgesellschaft (Düsseldorf) und des Schweizer Verlags Ringier durchsetzen. Gleichzeitig hat VLP ein Relaunch seiner 72 Regionalzeitung vorgenommen und ein einheitliches Redaktionssystem eingeführt.
Wetter
Am Dienstag ist es in Tschechien bewölkt bis bedeckt, im Tagesverlauf von Westen her zunehmende Bewölkung mit Niederschlägen. Tageshöchsttemperaturen: 18 bis 22 Grad Celsius.