Wenn Augen erzählen könnten

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Die Vergangenheit sei nie abgeschlossen, sie strahle bis in die Gegenwart hinein. Grund genug für Stefan Hunstein, Schauspieler und Preisträger des Deutschen Fotopreises 1991, sich künstlerisch mit der jüngeren deutschen Geschichte zu befassen. Nun hat er ein besonderes Projekt ausschließlich für das Prager Publikum vorbereitet. Bara Prochazkova hat die Ausstellung im Goethe Institut besucht und sich mit dem Künstler unterhalten.

Stefan Hunstein habe die Herausforderung angenommen, als ein deutscher Künstler an einen Ort zu gehen, der durch die NS-Okkupation belastet sei, sagt der Kunsthistoriker und Kurator der Ausstellung Andreas Vowinckel:

"Von daher ist es kein Versuch, etwas Spezielles bewirken zu wollen, sondern vielleicht durch die Art und Weise, wie Stefan Hunstein mit dem Medium Fotografie umgeht, wie er versucht ganz bestimmte Sinnzusammenhänge versucht, sichtbar zu machen, den Betrachter darauf zu lenken, dass dies alles noch jenseits der historischen Perspektive eine Bedeutung hat."

Stefan Hunstein ist kein Historiker, wie er selber betont, er arbeite mit dem Medium Fotografie in einer künstlerischen Form. Die Eindrücke der Betrachter stehen für ihn im Vordergrund. Für Prag wollte er 60 Jahre nach dem Kriegsende eine besondere Arbeit zusammenstellen. Stefan Hunstein ist auf seiner Suche nach passenden Motiven, in Militärarchiven auf Bilder der Attentäter gestoßen, die einen Anschlag auf den stellvertretenden Protektoratsleiter Reinhard Heydrich verübt haben. Nicht nur die Bilder, sondern vor allem die dahinter stehende Geschichte der Menschen hat ihn nicht mehr losgelassen, so stellte er eine Kunstinstallation mit Fotoausschnitten zusammen:

"Das Ausdruckstarke an diesen Bildern ist der gebrochene Blick der Attentäter. Und ich habe versucht, durch diesen Blick auch etwas vom Attentat selbst und über die Zeit der nationalsozialistischen Besetzung zu erzählen. Und wenn man in diese Augen schaut, dann hat man das Gefühl, dass man von ihnen angeschaut wird. Man sieht genauer hin und erkennt, dass mit diesen Gesichtern und ihrem Ausdruck etwas nicht stimmt. Man wird möglicherweise feststellen, dass es gebrochene Blicke sind und dass die Menschen auf den Bildern bereits tot sind. Ja, es ist in gewisser Weise ein Tabubruch, denn es werden tatsächlich Tote gezeigt. Wenn ich vor den Fotografien stehe, dann weiß ich, dass es ein Blick auf Terror, auf Nazideutschland und die deutsche Besatzung ist."

Die Ausstellung von Stefan Hunstein besteht aus drei Teilen. Neben den "Augen der Attentäter" sind im Prager Goethe Institut bis zum 16. November auch Amateuraufnahmen aus der Zeit des Nationalsozialismus sowie Bilder von Adolf Hitler zu sehen, die ihn zusammen mit Kindern und Jugendlichen zeigen.