Der mythische Monarch - Kaiser Franz Joseph I. wird 175

0:00
/
0:00

Die Geburt eines jungen Erzherzogs konnte der Wiener Hof am 18. August 1830 feiern: Vor genau 175 Jahren kam Franz Joseph Karl von Habsburg zur Welt, besser bekannt als Kaiser Franz Joseph I. Thomas Kirschner erinnert an den Monarchen und die Zeit, als Böhmen noch bei Öst´reich war.

"Ich begleite das Wirken des österreichischen Militärwitwen und -waisenfonds mit meinen herzlichsten Wünschen. Möge seinen edlen Bestrebungen voller Erfolg beschieden werden."

Seinen Gruß an den Militärwitwenfonds richtete hier Kaiser Franz Joseph I. persönlich. Die Aufnahme aus dem Jahre 1888 ist das älteste Dokument im Tonarchiv des Tschechischen Rundfunks. Gewiss nur eine Randnotiz, aber auch das ein Zeichen dafür, wie eng Franz Joseph auch mit der tschechischen Geschichte verbunden ist. 68 Jahre lang, von 1848 bis zu seinem Tod 1916, regierte Franz Joseph als Kaiser von Österreich auch die böhmischen Länder. Für die Tschechen eine entscheidende Periode ihrer Geschichte, meint der Brünner Historiker Jiri Pernes:

"Die tschechische Gesellschaft ist unter der Regierung Franz Joseph I. erwachsen geworden. Als er im Jahre 1848 den Kaiserthron bestieg, ist die tschechische Gesellschaft erst ins politische Leben eingetreten; sie war noch unreif und musste erst ihren Weg suchen. Und zum Ende seines Lebens, zwei Jahre nach seinem Tod, haben die Tschechen die Habsburgermonarchie bereits nicht mehr gebraucht und konnten ihren eigenen tschechoslowakischen Staat ausrufen. Die Regierungszeit Franz Josephs sehe ich daher als so eine Art freundlichen Brutkasten für die tschechische Demokratie."

Jiri Pernes
In der Beziehung zu Franz Joseph spiegelt sich damit auch die Entwicklung der tschechischen Nation, erläutert Pernes.

"Ich möchte hier nur einen Kontrast anführen: Im Jahre 1866, nach dem deutsch-österreichischen Krieg und der Schlacht bei Königgrätz, reiste Franz Joseph I. durch Mähren und Böhmen bis nach Prag. Und obwohl er den Krieg verloren hatte, wurde er überall wie der Sieger empfangen - als gütiger Herrscher, der seinen leidenden Völkern zur Hilfe kommt. Und 50 Jahre später, 1916, haben die gleichen Leute in den Reihen der Tschechen und Slowaken für die Loslösung von der österreichischen Monarchie gekämpft."

Der greise Monarch selbst aber war zum Ende seiner 68-jährigen Regierungszeit bereits ins Mythische entrückt; die Personifizierung einer vergangenen Zeit, die ein wenig auch die gute alte war. Und so hängen heute in tschechischen Bierstuben wieder die fliegendreckbeschmutzen Kaiserbilder, die Jaroslav Hasek schon in seinem "Schwejk" beschrieben hat. Was Franz Joseph selbst dazu sagen würde? Vermutlich das, was er immer gesagt hat:

"Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut."