Geplante Steuerreform beendet politische Sommerpause
Noch ist der Sommer ja nicht ganz zu Ende. Trotzdem haben die tschechischen Abgeordneten am Dienstag bereits wieder auf den Bänken des Plenarsaales im Prager Unterhaus Platz genommen. Auf einer außerordentlichen Sitzung beschäftigten sie sich mit der größten Steuersenkung seit 13 Jahren. Gerald Schubert fasst zusammen:
Braungebrannte Gesichter, eine Stimmung wie am ersten Schultag, und der politisch stets wohlklingende Plan, die Steuern zu senken. Das alles prägte die noch recht sommerliche Atmosphäre, mit der am Dienstag im Abgeordnetenhaus auf der Prager Kleinseite eine umfassende Senkung der Einkommensteuer verhandelt - und schließlich in erster Lesung beschlossen wurde.
Die Eckpunkte: Der unterste Einkommensteuersatz soll von 15 auf 12 Prozent gesenkt werden, der Steuersatz für die zweitniedrigste Einkommensklasse von 20 auf 19 Prozent. Weiter: Einige Einkommensgrenzen sollen aufwärts rutschen, es soll also mehr Geld niedrig besteuert werden. Und auch bei den Freibeträgen soll es Änderungen geben.
Der Entwurf kam aus der Schmiede des sozialliberalen Kabinetts, doch auch aus den Reihen der kommunistischen sowie der bürgerlichen Opposition gab es - wenngleich auch nur eingeschränkte - Zustimmung. Ein Vorwurf lautet etwa, die Regierung habe es mit der Steuerreform nur deshalb so eilig, weil sie schon auf die nächsten Wahlen im Juni 2006 schielt. Stimmt nicht, sagt Finanzminister Bohuslav Sobotka, und verweist auf frühere Reformschritte:
"Wir haben bereits die Steuerlast für Unternehmen sowie den Grundmehrwertsteuersatz gesenkt, und wir haben Steuererleichterungen für Familien mit Kindern eingeführt. Bei der jetzigen Reform handelt es sich sozusagen um den letzten Teil der Änderungen, die wir für diese Legislaturperiode im Steuersystem geplant haben. Und es ist eine grundlegende Änderung, denn sie senkt die Einkommensteuer für etwa vier Millionen Menschen."
Im Zehn-Millionen-Staat Tschechien keine geringe Zahl. Dennoch: Für die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei (ODS), die einen einheitlichen Steuersatz von 15 Prozent fordert, geht die Reform zwar in die richtige Richtung - aber längst nicht weit genug. Nur die unteren und mittleren Einkommensschichten zu entlasten, das sei "Sozialrassismus" und schüre Neidgefühle, sagt ODS-Vizechef Petr Necas:
"Die Menschen mit überdurchschnittlichem Einkommen, es sind Hunderttausende, sind in der Regel hoch qualifizierte und gebildete Arbeitnehmer. Es sind Angehörige der Mittelschicht und keine reichen Geldsäcke, wie die sozialistische Regierung es darstellt. Wir sagen: Steuersenkung ja - aber für alle!"
Für die bevorstehende zweite Lesung hat die Opposition bereits entsprechende Änderungsvorschläge angekündigt. Die politische Sommerpause ist vorbei.