Eva Samková gerüstet für die vorolympische Saison

Eva Samková (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Zu Ende vergangener Woche fiel hierzulande der erste Schnee. Einige tschechische Wintersportler, darunter die Skeleton-Pilotin Anna Fernstädt und ein Skispringer-Quartett, sind mittlerweile auch in die neue Saison gestartet. Andere Athleten bestreiten derzeit ihre finale Saisonvorbereitung. Zu ihnen gehört die amtierende Weltmeisterin im Snowboardcross, Eva Samková.

In der Saison 2020/21 sollte der Weltcup im Snowboardcross ursprünglich aus neun Rennen bestehen. Die Wettbewerbe in Kanada und Spanien wurden jedoch bereits Corona-bedingt abgesagt. Unter den übrigen sieben Veranstaltungen wäre eine Premiere gewesen: Zum ersten Male sollte ein Weltcup-Rennen auf der neu errichteten Piste im ostböhmischen Dolní Morava stattfinden, und zwar vom 12. bis 14. Februar nächsten Jahres. Doch die Veranstalter hatten von Anfang an große Sorgen mit der Finanzierung. Dazu erklärte der Nationaltrainer des tschechischen Snowboardcross-Teams, Marek Jelínek:

„In der Situation, die wir alle zurzeit durchleben, ist es erheblich schwerer, an private Gelder zu kommen. In unserem Sport kommen 30 Prozent der Mittel, die für die Durchführung bedeutender Wettbewerbe benötigt werden, aus privater Hand. Die Partner, mit denen wir in Verhandlung stehen, haben jetzt natürlich ihre eigenen Probleme. In der gegenwärtigen ökonomischen Depression ist es einfach schwieriger, finanzielle Mittel aufzutreiben.“

Dolní Morava  (Foto: Ladislav Boháč,  Flickr,  CC BY 2.0)

Offenbar war und ist es so schwierig, dass die tschechischen Veranstalter mittlerweile das Rennen in Dolní Morava abgesagt haben. Diese Entscheidung haben sie schweren Herzens am vergangenen Freitag getroffen.

Bevor diese Absage bekanntgegeben wurde, hat die Olympiasiegerin von 2014 in Sotschi, Eva Samková, noch auf einem Gletscher im österreichischen Pitztal trainiert. Und sie schwärmte von den Bedingungen vor Ort:

„Es war dort einfach großartig. Dies wohl auch deshalb, weil wir zum ersten Male miterleben konnten, dass sich auf dem Gletscher ausschließlich Profisportler aufhielten. Für alle gab es jedoch eine begrenzte Trainingszeit, wir durften die Piste täglich für anderthalb Stunden nutzen. Wir hatten tolles Wetter, auch wenn die Strecke ein wenig eisig war. Sie wurde aber jeden Tag aufs Neue hervorragend präpariert, und das haben wir genutzt, indem wir sehr intensiv trainiert haben.“

Eva Samková: „Insgesamt ist die vergangene Saison für mich nicht ideal verlaufen. Auf der anderen Seite hat sie mir gezeigt, woran ich zu arbeiten habe. Ich muss weiter hart trainieren und mich auf bestimmte Dinge konzentrieren. Ich muss im Detail an meinen Fähigkeiten feilen, um noch perfekter zu werden.“

Urplötzlich aber wurde diese Piste gesperrt, weil die österreichische Regierung infolge der sich verschlechternden epidemiologischen Lage auch den Sportbetrieb für die Profis vorübergehend einstellen ließ. Das war vor gut zwei Wochen. Eva Samková und ihre Mitstreiter aus Tschechien mussten also unverrichteter Dinge die Heimreise antreten. Doch auch zu Hause in Prag blieb die 27-Jährige danach nicht untätig:

„Ich trainiere ununterbrochen weiter. Und vielleicht ist es auch gut so, mal für eine Woche die Berge zu verlassen und etwas mehr Wert auf Kraft- und athletisches Training zu legen. Im Fitnesscenter versuche ich, meine Physis zu verbessern, doch für meinen Sport brauche ich vor allem Schnee.“

Pyhätunturi  (Foto: Trainthh,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)

Den scheint es derzeit nicht einmal zur Genüge am nördlichen Polarkreis zu geben. Denn dorthin, in das Wintersportzentrum im finnischen Pyhätunturi, wollte Samková als nächstes reisen, um ihre Saisonvorbereitung fortzusetzen. Doch auch von dort kam die Kunde: Die Schneeverhältnisse sind nicht optimal.

Nun scheint es so, dass die Tschechin und ihre Crew ins österreichische Pitztal zurückkehren könnten. Denn die Regierung in Wien hat ihren Beschluss inzwischen revidiert und seit vergangenem Mittwoch den Sportbetrieb für Profis wieder zugelassen.

Montafon  (Foto: Martin Fischer,  Flickr,  CC BY-SA 2.0)

Bis zum diesjährigen Weltcupauftakt haben die Snowboardcross-Athleten noch etwas Zeit. Er findet am 10. Dezember im österreichischen Montafon statt. Eva Samková will dann von Beginn an voll da sein, denn mit der vergangenen Saison war sie nicht sehr zufrieden. Im letzten Rennen wurde sie nur Vierte, und im Gesamtweltcup kam sie ebenfalls über den undankbaren vierten Platz nicht hinaus. Doch daraus hat die Wahl-Pragerin ihre Lehren gezogen:

„Insgesamt ist die vergangene Saison für mich nicht ideal verlaufen. Auf der anderen Seite hat sie mir gezeigt, woran ich zu arbeiten habe. Ich muss weiter hart trainieren und mich auf bestimmte Dinge konzentrieren. Ich muss im Detail an meinen Fähigkeiten feilen, um noch perfekter zu werden.“

Eva Samková  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Eva Samková ist überzeugt, dass sie in der Saisonvorbereitung vieles dafür getan hat, um in ihrem Metier noch besser zu werden. Auf der anderen Seite weiß sie aber auch, dass die Konkurrenz nicht schläft. Auch deshalb misst sie der neuen Saison große Bedeutung bei:

„Diese Saison steht unter zwei wichtigen Gesichtspunkten. Zum einem ist es die Qualifikation für die Olympischen Winterspiele 2022. Zum anderen hält sie eine Weltmeisterschaft bereit, die nur alle zwei Jahre durchgeführt wird. Interessant dabei ist, dass die Titelkämpfe in China genau dort stattfinden, wo ein Jahr später auch der olympische Wettbewerb ausgetragen wird. Die WM wird also zugleich die olympische Generalprobe sein. Von daher ist es wichtig, die dortige Strecke zu testen.“

Eva Samková  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Viel getestet wird derzeit auch hinter den Kulissen. Seit dem 4. Juli ist in der EU die Herstellung und der Verkauf gewisser Fluor-Verbindungen verboten, da sich diese in der Umwelt besonders schlecht abbauen. Der Ski-Weltverband FIS reagierte und kündigte an, ab der Wintersaison 2020/21 alle per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) in Wachsen zu verbieten, und das in allen Skidisziplinen. Beim Skifahren beispielsweise wird ein Teil des Wachses abgerieben und verbleibt in der Umwelt. Kurz vor Beginn der Saison teilte der FIS allerdings mit, dass dieses Verbot vorerst aufgeschoben werde. Dazu resümierte Samková:

„Dieses Jahr nutzen wir noch die Fluor-Wachse. Etwas Besseres hat bisher noch niemand entwickelt. Unsere Serviceleute suchen nach anderen Lösungen, dazu arbeiten wir mit der Universität in Liberec zusammen. Doch es ist schwer, etwas Neues zu finden. In Zukunft wird es diese Wachse aber nicht mehr geben. Wir werden also sehen, wie stark das unseren Sport beeinflussen wird.“

Marek Jelínek: „Es ist die Saison, in der die Nominierungen für Olympia vergeben werden. Ich wäre glücklich, wenn wir uns für Peking vier Startplätze erkämpfen. Sie könnten je zur Hälfte von Frauen und Männern eingenommen werden, doch auch mit einer anderen Konstellation wäre ich einverstanden.“

Nationaltrainer Marek Jelínek ist sich jedoch sicher, dass man dieses Thema aufmerksam verfolgen und möglichst bald zu einer Lösung führen muss:

„Uns wurde vor einem Jahr bekanntgegeben, dass wir in dieser Saison definitiv ohne die Fluor-Wachse auskommen müssen. Momentan ist es für uns noch gut, dass noch keine Bedingungen zur objektiven Testung von Snowboards in der Wachsfrage gefunden wurden. Deswegen wurde das Ganze aufgeschoben. Wir wissen aber auch, wenn dieses Verbot nun ab der nächsten Saison gelten sollte, wird es noch schwieriger. Denn dann müsste man viel experimentieren und unter den Produkten der Wachsindustrie eines finden, das einem wirklich weiterhilft. Das Wachsen der Snowboards aber ausgerechnet in der olympischen Saison umstellen zu müssen, das wäre ein Irrsinn.“

Marek Jelínek  (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Jenseits dieser Problematik aber freut sich auch der Nationalcoach schon auf die vorolympische Saison:

„Es ist die Saison, in der die Nominierungen für Olympia vergeben werden. Ich wäre glücklich, wenn wir uns für Peking vier Startplätze erkämpfen. Sie könnten je zur Hälfte von Frauen und Männern eingenommen werden, doch auch mit einer anderen Konstellation wäre ich einverstanden. Eine tolle Sache ist zudem, dass es in Peking erstmals auch einen Teamwettbewerb geben wird. Damit erhöhen sich die Chancen auf eine Olympiamedaille.“

Samková: „Ich werde sicher noch einige Zeit durchhalten und Rennen fahren. Solange die Ergebnisse stimmen und es mir Spaß macht, werde ich dabei sein.“

Eva Samková weiß, wie es sich anfühlt, Olympiasiegerin zu werden. Ihr ist dieser Triumph 2014 in Sotschi gelungen. Vier Jahre später in Pyeongchang hat sie zudem Bronze gewonnen. In Peking wird sie folglich zum dritten Male bei Olympia teilnehmen. Doch wie wird es danach mit ihr weitergehen? Auf diese Frage antwortete die 27-Jährige mit einer einfachen wie ebenso überzeugenden Erklärung:

„Ich werde sicher noch einige Zeit durchhalten und Rennen fahren. Solange die Ergebnisse stimmen und es mir Spaß macht, werde ich dabei sein.“

Autor: Lothar Martin
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