Wintersport: Tschechiens Frauen überzeugen bei WM-Entscheidungen

Martina Sáblíková (Foto: ČTK / AP Photo / Peter Dejong)

In diesen Tagen erlebt die Wintersportsaison ihren Höhepunkt. An mehreren Orten Europas werden die Weltmeisterschaften im Ski-, Snowboard- und Eissport ausgetragen. Und Tschechien ist – dank seiner großartigen Sportlerinnen – ganz vorn mit dabei. Am Donnerstag haben drei von ihnen einen Silber-, einen Bronze- und einen vierten Platz belegt, was für das kleine Land eine sehr gute Ausbeute ist.

Martina Sáblíková  (Foto: ČTK / AP Photo / Peter Dejong)

Martina Sáblíková ist ein Phänomen. Die Eisschnellläuferin aus Nové Město na Moravě / Neustadt in Mähren gehört seit 15 Jahren zur absoluten Weltelite ihres Sports. In dieser Zeit hat sie neben ihren drei Olympiasiegen auf den Langstrecken noch 29 Medaillen von einer Weltmeisterschaft mit nach Hause gebracht. Am Donnerstag kam nun Edelmetall Nummer 30 hinzu –Sáblíková gewann in Heerenveen Silber über die 3000 Meter. Bei den Weltcuprennen dieses Winters hat die 33-Jährige bereits gespürt, dass die jüngere Konkurrenz immer stärker wird. Deswegen hoffte sie nach ihrem Zieleinlauf, dass auch diesmal die Leistung für einen Podiumsplatz reicht:

„Als ich die Ziellinie überquerte und an der Anzeigetafel sah, dass ich Zweite bin, dachte ich nur: ‚Herrgott, sagt mir später bitte nicht, dass es wieder nur der vierte Platz ist.‘ Jetzt bin ich erleichtert und froh über Silber, auch wenn mich nur eine Zehntelsekunde von Gold trennt. Aber ich habe eine Medaille und kehre nicht erfolglos nach Hause zurück.“

Martina Sáblíková,  Antoinette de Jong und Irene Schouten  (Foto: ČTK / AP Photo / Peter Dejong)

Das eine Zehntel schneller war die Siegerin Antoinette de Jong aus den Niederlanden. Doch gerade im Land der Polder und Grachten hatte Sáblíková in diesem Winter für lange fünf Wochen ihr Domizil aufgeschlagen. Der Grund: Wegen der Corona-Pandemie wurden die Eisschnellläuferinnen und -läufer in diesem Winter in Heerenveen in eine sogenannte Blase gesteckt. Auch für die sieggewohnte Tschechin war dies eine ganz neue Erfahrung:

„Es ist sehr merkwürdig. Die ersten zwei Wochen waren noch ganz ok, doch dann hat das Wetter umgeschlagen, und es hat nur noch geregnet. Das hat einen etwas depressiv gemacht. Denn wir durften zwar rausgehen, doch eigentlich konnten wir es bei der Nässe nicht. Dadurch sind wir ständig nur zwischen dem Hotel und der Eisbahn gependelt. Ich dachte, es wird viel einfacher, sich hier fünf Wochen lang einzuquartieren. So lange Zeit nur an einem Ort zu sein, war für mich aber wirklich schwer.“

Martina Sáblíková  (Foto: Miloslav Hamřík,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Nun steht für die Tschechin nur noch der Wettbewerb in ihrer Schokoladendisziplin an: der Lauf über 5000 Meter. Angesichts der Erfahrungen aus diesem Winter bleibt die zehnfache Weltmeisterin in dieser Disziplin aber auf dem Boden und warnt vor zu großen Erwartungen:

„Es werden dort auch Läuferinnen am Start sein, die die 3000 Meter nicht absolviert haben und sich ganz auf die längere Distanz konzentrieren. Es wird also wieder eng und spannend zugehen – wie genau, das sehen wir am Sonntag.“

Eva Samková  (rechts). Foto: ČTK / AP Photo / Anders Wiklund

Ihr Saison-Highlight dagegen schon hinter sich hat die tschechische Olympiasiegerin im Snowboardcross von 2014, Eva Samková. Die WM-Entscheidung in ihrer Sportart fiel am Donnerstag im schwedischen Idre Fjäll. Dort wollte die 27-Jährige ihre bisher noch etwas dürftige WM-Bilanz aufbessern. Das gelang der Athletin aus Vrchlabí / Hohenelbe, denn sie fuhr im Finallauf als Dritte ins Ziel. Und das, obwohl sie beim Training mit der Strecke nicht gut zurechtkam:

„Der Start auf dieser Piste ist recht anspruchsvoll. Im Finale ist es mir aber endlich gelungen, von dort gut wegzukommen, was im Training nicht so geklappt hat. Der weitere Streckenverlauf bietet dann kaum noch Schwierigkeiten, so dass ich mich nur schwer in Szene setzen kann. Auf der anderen Seite ist es so: Wer gut sein will, der sollte überall gewinnen können.“

Michela Moioli,  Charlotte Bankes und Eva Samková  (Foto: ČTK / AP Photo / Anders Wiklund)

Samková konnte also ihren WM-Titel von vor zwei Jahren nicht verteidigen, doch mit einer Gold- und einer Bronzemedaille hat sie nun die gleiche Ausbeute wie bei Olympia.

Eine Medaille für Tschechien im Alpinen Skisport? Müssten Menschen aus Skisportnationen wie Österreich, der Schweiz oder Italien auf diese Frage antworten, würden viele von ihnen nur müde lächeln. Doch seit Olympia 2018 gibt es da eine Ester Ledecká, die mit ihrem Talent und ihrer Unbekümmertheit den alpinen Skizirkus bei den Frauen etwas aufmischt. Wurde ihr Olympiasieg von Pyeongchang im Super G noch als Sensation und Ausnahme gesehen, so hat die 25-Jährige spätestens in diesem Winter mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie mittlerweile zur absoluten Weltspitze in den Geschwindigkeitsdisziplinen gehört. Und deshalb war das Interesse in Tschechien an einem WM-Speedrennen bei den Alpinen am Donnerstag auch so groß wie noch nie. Und die Pragerin enttäuschte ihre Fans nicht – bei ihrer rasanten Abfahrt von der 1956er Olympiastrecke in Cortina d’Ampezzo erzielte sie die viertschnellste Zeit. Ein tolles Ergebnis, auch wenn sie anschließend mit einem kleinen Fahrfehler am Beginn der Strecke haderte:

Ester Ledecká  (Foto: ČTK / AP Photo / Giovanni Auletta)

„Ich weiß nicht, was am fünften Tor passiert ist. Dort ist mir der linke Ski entglitten, ich weiß nicht, ob es mein Fehler war oder es dort sehr uneben war. Ich habe zuvor auf dem Monitor gesehen, dass auch Corinne Suter an dieser Stelle ihre Probleme hatte. Doch ihr ist der Ski nicht so stark entglitten wie mir. Ich weiß wirklich nicht, welchen Fehler ich gemacht habe, aber ich werde es mir noch im Video anschauen.“

Und am Samstagmittag werden wieder unzählige Tschechen vor dem Fernseher sitzen, wenn Ester Ledecká ihre zweite Chance nutzen will. Dann steht die Spezialabfahrt auf dem Programm, und da fühlt sich die Senkrechtstarterin aus Tschechien noch ein wenig stärker.

Ester Ledecká  (Foto: ČTK / AP Photo / Marco Trovati)
Autoren: Lothar Martin , Petr Kadeřábek , František Kuna , Martin Charvát
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