Wintersport: Tschechiens Sportler im Gefühlschaos ihrer WM-Ergebnisse
Die zurückliegenden Tage waren gespickt mit Highlights des Wintersports, denn wie nahezu jedes Jahr werden im Februar in den Ski-, Rodel- und Eissportarten die Weltmeisterschaften ausgetragen. Auch aus Tschechien waren einige Medaillenkandidaten am Start.
Eisschnelllauf: Sáblíková erstmals nach 15 Jahren chancenlos über 5000 Meter
Es war ein gewohntes Bild: Wenn in den zurückliegenden 15 Jahren bei großen internationalen Meisterschaften die Gewinnerinnen und Platzierten im 5000-Meter-Eischnelllauf zur Siegerehrung ausgerufen wurden, war eine tschechische Ausnahmekönnerin stets dabei: Martina Sáblíková. 2007 gewann die damals 19-jährige Athletin aus Nové Město na Moravě / Neustadt in Mähren ihren ersten Titel auf dieser Strecke. Das war im amerikanischen Salt Lake City, und ihr Trainer Petr Novák erinnert sich:
„Als sie ihr erstes Gold holte, habe ich unter anderem gesagt: ‚Das ist ein toller Erfolg, doch nun kommt das Entscheidende: Wenn sie zeigen will, dass sie wirklich gut ist, muss sie das Ergebnis bestätigen‘.“
Und das hat Martina Sáblíková in den Folgejahren zuhauf getan. Von Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften brachte sie seitdem unglaubliche 48 Medaillen mit nach Hause, allein zehn goldene und eine silberne erkämpfte sie bei den WM-Wettbewerben über die lange Fünf-Kilometer-Distanz. Hinzu kommen zwei Olympiasiege und ein zweiter Platz in ihrer Schokoladendisziplin. Doch jede Serie reißt irgendwann. Für die Tschechin war dies nun am vergangenen Sonntag in Heerenveen der Fall. In der Zeit von 6:57,671 Minuten belegte sie in der WM-Entscheidung diesmal nur den fünften Platz.
„Ich muss sagen: Mich hat es selbst sehr überrascht, wie schlecht ich gelaufen bin. Es ging vom Start weg nicht gut, ich kam nicht in Schwung und konnte auch zu keiner Zeit beschleunigen. Ich weiß überhaupt nicht, woran es lag, ob es die Nervosität war oder etwas anderes.“
Beginnt nun also die mehrheitlich jüngere Konkurrenz der langjährigen Königin auf den Langstrecken den Rang abzulaufen? Möglicherweise sind ein, zwei Läuferinnen drauf und dran, ihren Thron zu besteigen, doch abschreiben sollte man die 33-jährige Tschechin noch lange nicht. Das meint auch ihr Trainer:
„Das hier war gleichzeitig der Start unserer Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele. Dort werden wir stark sein. Und Martina wird dann auch wieder um die Medaillen kämpfen.“
Die nächsten Winterspiele finden im kommenden Jahr in Peking statt. Und bei der WM in Holland ging Sáblíková trotz eines schwachen Tags nicht leer aus: Über die 3000 Meter erkämpfte sie die Silbermedaille.
Biathleten enttäuschen bislang bei der WM in Pokljuka
Seitdem Biathlon hierzulande mit der Vysočina-Arena in Nové Město na Moravě eine Heimstätte von internationalem Format hat, ist auch das Interesse an der Mixtur aus Skilaufen und Schießen enorm gestiegen. Hinzu kam, dass die tschechischen Skijäger zwischen 2013 und 2018 sehr erfolgreich in der Weltelite mitmischten. Doch nach dem Abgang der weiblichen Leitfiguren Gabriela Koukalová und Veronika Vítková ist es zunehmend ruhiger um die Zweikämpfer aus Tschechien geworden. Bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang konnte neben Vítková auch noch Michal Krčmář eine Einzelmedaille gewinnen. Vor zwei Jahren aber, bei der WM in Östersund, gingen die Schützlinge von Nationaltrainer Ondřej Rybář leer aus.
Im vergangenen Jahr keimte dann wieder ein Hoffnungsschimmer: In Antholz holte Tschechien in der Mixed-Staffel und durch Lucie Charvátová im Sprint jeweils WM-Bronze. An diesen Lichtblick wollte man in dieser Saison anknüpfen, doch bisher läuft es gar nicht rund. Und die schwachen Leistungen haben sich auch bei der laufenden Weltmeisterschaft in Pokljuka fortgesetzt. Zum Auftakt landete die tschechische Mixed-Staffel nur auf dem elften Platz. Zwei Strafrunden und neun Nachlader waren der Hauptgrund. Im Sprint der Frauen klappte es bei allen vier Biathletinnen erneut nicht am Schießstand, wo sie sich bei 40 Schüssen insgesamt 17 Fahrkarten abholten. Am besten platzierte sich Markéta Davidová auf Rang 44, doch auch sie war danach ratlos:
„Mir fällt es schwer, unser Auftreten zu bewerten, denn ich selbst weiß nicht, wo der Fehler liegt. Niemand von uns ist begeistert, zumal wir im vorigen Jahr zu diesem Zeitpunkt schon zwei Medaillen in der Tasche hatten. Ich will damit nicht sagen, dass wir bei dieser WM fest mit Medaillen gerechnet haben, auf jeden Fall aber mit besseren Leistungen, als wir sie bisher gezeigt haben.“
Bei den Männern kam wenigstens Michal Krčmář an seine Normalform heran, denn er wurde Elfter im Sprint. Doch nur zwei Tage später fiel er im Verfolgerrennen durch fünf Schießfehler bis auf Platz 22 zurück. Vom 30-Jährigen darf man andererseits auch nicht zu viel erwarten, weil er im Januar nach einem positiven Corona-Test für 14 Tage in Quarantäne musste. Er selbst lehnt es jedoch ab, dass man ihm dieses Handicap ständig zu Gute hält:
„Wenn ich am Start stehe, dann bin ich auch gesund. Ich möchte nicht, dass es so aussieht, als wenn man sich für etwas entschuldigen müsste. Dann fängt man an, sich unnötigerweise in etwas einzumischen, und das ist ein Teufelskreis. Deshalb wollte ich das überhaupt nicht erwähnen.“
Etwas gelassener mit der Situation geht der Präsident des tschechischen Biathlon-Verbandes, Jiří Hamza, um. Auch er ist unzufrieden mit den bisherigen Vorstellungen der Repräsentanten, bemerkt aber:
„Ich habe immer gesagt: Lasst uns den Ruhm genießen, den wir mit unseren Biathleten teilen dürfen. Aber es ist ebenso notwendig daran zu denken, dass immer auch eine Zeit kommt, in der die Fans auf uns draufhauen werden. Sie haben das Recht dazu.“
Um die Schelte aus der Heimat etwas abzumildern, müssen die Biathleten im zweiten Teil der WM ein anderes Gesicht zeigen. Dazu haben sie ab Dienstag noch in weiteren sieben Disziplinen die Gelegenheit.
Die Reaktion aus dem tschechischen Lager kam dann schneller als erwartet. Und wie! Im Einzel der Frauen hat Markéta Davidová am Dienstag die Goldmedaille gewonnen! Noch dazu mit einer perfekten Leistung, denn im Schießen blieb die 24-Jährige als Einzige des Vorderfeldes fehlerlos. Die Freude und Erleichterung im tschechischen Team war bis weit in das Isergebirge zu spüren, aus dem die neue Weltmeisterin stammt.
Ski Alpin: Ledecká verpasst WM-Bronze zweimal nur knapp
Ihre WM-Vorstellung bereits abgeschlossen hat die alpine Skifahrerin Ester Ledecká. Die Tschechin ist spätestens seit ihrem Sensationssieg im Super G bei den Olympischen Winterspielen 2018 in aller Munde. Damals glaubten noch viele, dass dies nur eine unerwartete Eintagsfliege gewesen sein könnte. Doch mittlerweile hat die 25-Jährige alle Zweifler eines Besseren belehrt. Im Weltcup platziert sie sich seit anderthalb Jahren regelmäßig in den Punkterängen, und auch bei der WM in Cortina d'Ampezzo hat sie im Medaillenkampf kräftig mitgemischt. Im Super-G verpasste sie Bronze nur um winzige sechs Hundertstel, Ledecká wurde Vierte. Die noch größere Chance witterte die Tschechin in der Abfahrt, die am vergangenen Samstag ausgetragen wurde. Bei Kaiserwetter raste sie dann auch die berühmte Skirennstrecke Olimpia delle Tofane hinunter, doch am Ende fehlte wieder nur ein bisschen zum Medaillenglück, konkret sieben Hundertstelsekunden. Bis kurz nach dem anspruchsvollen Mittelstück lag Ledecká sogar auf Siegkurs, doch bei einer Sprungpassage war sie nicht ganz aufmerksam. Nach dem Rennen schilderte sie dazu:
„Ich denke, an dieser Stelle bin ich etwas zu lange geradeaus gefahren, so dass ich mich auf den Sprung nicht so vorbereiten konnte, wie es hätte sein sollen. Das hat mich etwas aus dem Rhythmus gebracht, und hier habe ich auch an Geschwindigkeit verloren, die mir in der unteren Passage gefehlt hat. Doch was solls, man hat nur diese eine Fahrt, und in die habe ich alles hineingelegt, was in mir steckt.“
Leider reichte auch diese famose Leistung nur zum vierten Platz, der in Tschechien – symbolisch gesehen – mit einer Kartoffel-Medaille belohnt wird. Deswegen nahm die Pragerin ihr sportliches Pech mit viel Humor:
„So ist der Sport. Und zum Abendbrot gibt es halt Kartoffelsuppe.“
Am Montag nutzte sie ihre gute Form schließlich noch dazu, um sich auch in der für sie ungewohnten Kombination zu präsentieren. Und dies, obwohl der Slalom alles andere als ihre Stärke ist. In der ersten Teildisziplin, dem Super-G, fuhr sie erneut die viertschnellste Zeit. Anschließend schlug sie sich wacker auf der vereisten Piste zwischen den Stangen, so dass am Ende ein achtbarer achter Platz heraussprang. Danach resümierte Ledecká zufrieden:
„Ich denke, ich stehe genau da, wo ich auch sein wollte. Ich gehöre zu den vier Besten der Welt im Super G und in der Abfahrt, und das ist kein Zufall mehr. Hier in Cortina habe ich das dreimal in Folge gezeigt. Es stimmt mich froh und zuversichtlich, dass ich solche stabilen Ergebnisse habe und den Kontakt zur Weltspitze halte. Das ist mir wichtig.“
Doch Ester Ledecká geht noch einen Schritt weiter. In ihrer typisch unverblümten Art machte sie abschließend noch eine Kampfansage an ihre internationale Konkurrenz:
„In den vergangenen zwei Jahren habe ich mich im alpinen Skisport enorm nach oben gearbeitet. Und ich denke, das ist noch lange nicht mein letztes Wort.“