Ökologie in Tschechien

Rund sechs Wochen ist es jetzt her, dass die 6. Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Den Haag mit einer Enttäuschung endete. In der entscheidenden Frage des Klimagipfels, der Festlegung einer weltweit gültigen, verbindlichen Emissionsminderungsquote der Treibhausgase, konnte keine Einigung erzielt werden. Eine Tatsache, die die Bemühungen um den Klimaschutz möglicherweise um Jahre zurück. Die immer wieder zu beobachtenden Klimaphänomene sind, so die Klimatologen in Den Haag unisono, Teil einer globalen Klimaveränderung, die nicht zuletzt durch den Einfluss des Menschen verursacht wird. Doch der Mensch nimmt in vielfältiger Weise Einfluss auf die Natur und das oftmals mit fatalen Auswirkungen: Geht es nun um Wasser, Energie, Ozonloch, Abfall und Sondermüll oder um den Waldbestand, es liegt eine Menge im Argen. Wie Deutschlands südöstlicher Nachbar diese Problemfelder nicht nur wegen der EU-Auflagen zu lösen versucht, erfahren Sie in diesem Schauplatz von Olaf Barth.

Zumindest europaweit war man sich einig, die Ursache für das Scheitern der Konferenz war auf Seiten der sogenannten "Umbrella-Gruppe" zu sehen - also den Staaten USA, Japan, Kanada und Australien. Ähnlich äußerte sich auch der tschechische Umweltminister Milos Kuzvart, der unmittelbar nach der Haager-Konferenz in einem Interview mit Radio Prag folgendes sagte:

"Eindeutig scheiterte die Konferenz in Den Haag an der mangelnden Verhandlungsbereitschaft der USA, Kanadas und Japans. Die Kompromissbereitschaft der EU-Länder sowie der Beitrittskandidaten war riesengroß."

Auf das Thema Den Haag, werden wir gegen Ende dieses Schauplatzes noch einmal zurückkommen.

Doch wie sieht es überhaupt in der Tschechischen Republik mit der Emissionsreduzierung und dem Umweltschutz insgesamt aus?

Im Rahmen der letzten EU-Fortschrittsberichte im November 2000, erhielt die Tschechische Republik seitens der EU-Kommission eine durchaus positive Bewertung. Sie rangierte im Ökologiesektor, anders als in der Wirtschaft, in der Spitzengruppe unter den Beitrittskandidaten.

Die EU-Kommission würdigte, dass die Tschechische Republik als eines der ersten Kandidatenländer einen Maßnahmenplan im Umweltbereich ausgearbeitet habe. Des weiteren forderte die Kommission die Tschechische Republik auf, zumindest die derzeitigen Investitionen im Umweltsektor beizubehalten. Jedes Jahr investieren Regierung, Gemeinden und Unternehmen ca. 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, nämlich annähernd 35 Milliarden Kronen - ca. 2 Milliarden Mark - in den Umweltschutz. Der Anteil der Investitionen zum Umweltschutz am jährlichen Gesamtinvestitionsvolumen in der Tschechischen Republik betrug in den neunziger Jahren zumeist um die 8%. Dieser Prozentsatz ist damit höher als in den meisten EU-Staaten.

Der tschechische Umweltexperte und Direktor des Instituts für Landschaftsökologie, Michal Marek, streicht heraus, dass in den vergangenen Jahren durch Entschwefelungsmaßnahmen vor allem bei Kraftwerken große Fortschritte gemacht wurden. Aber auch der Rückgang der schwerindustriellen Produktion, bzw. die Umrüstung solcher Anlagen auf umweltfreundlichere Techniken, hat dazu beigetragen, die Luftqualität deutlich zu verbessern. Laut Kuzvart habe man den Schwefelausstoß in Tschechien seit 1989 um 86% gesenkt - eine Tatsache, die außerhalb der EU einmalig sei.

Dozent Michal Marek wusste noch weitere positive Entwicklungen aufzuzählen:

"...Ebenfalls verbessert hat sich die Wasserqualität und zwar im Zusammenhang mit der Restrukturierung der Industrie. Die Verwendung künstlicher Düngemittel in der Agrarwirtschaft, eines der Hauptprobleme, konnte entscheidend reduziert werden. Außerdem hat sich der Zustand des Waldes verbessert, was u.a. eine Folge der Steigerung der Luftqualität ist."

Gerade auf die z.T. bemerkenswerten Erfolge in der Wasserschutzpolitik baut man auf tschechischer Seite. Ist die Wasserreinhaltung doch eines der wesentlichen Kriterien für einen baldigen EU-Beitritt.

Große Fortschritte seien auf diesem Gebiet, nicht zuletzt dank der Finanzierungshilfen aus dem europäischen Phare- Programm, gemacht worden, betont die Journalistin Lida Rakusanova. Dennoch wird die Tschechische Republik, wegen der enormen Kosten weiterer Maßnahmen, wohl nicht ohne eine Übergangsfrist nach dem EU-Beitritt auskommen. Lida Rakusanova äußerte zur Trinkwasserqualität:

Ein Problem nicht nur in Bezug auf die Erfüllung der EU-Kriterien, sondern besonders hinsichtlich der Bewältigung weiterer Umweltaufgaben, könnte im Bereich der Legislative zu finden sein. Zwar äußerte sich Kuzvart unlängst auf einem Seminar zum Thema "Ökologie" positiv zu den realisierten legislativen Veränderungen, musste allerdings dennoch eingestehen, dass die von der EU geforderten Gesetze zwar bis 2002 verabschiedet werden könnten, andererseits aber sei bei deren praktischer Umsetzung mit Verzögerungen zu rechnen.

Der tschechische Umweltminister räumte auch ein, dass man in dem "Bereich der mobilen Verschmutzer", also des Verkehrs zu Land, zu Wasser und in der Luft, wenig bis gar keine Erfolge vorzeigen könnte. Hier bestehe u.a. ein Interessenkonflikt zwischen dem Schutz der persönlichen Freiheit - Stichwort Mobilität - und dem Schutz der Umwelt. Die Journalistin Rakusanova fügt zum selben Thema an:

Ein weiterer interessanter Aspekt, der hierzulande mitunter auch heiß diskutiert wird, ist der des Engagements der Konzerne und Unternehmer in Umweltbelangen.

Auf unsere Frage, ob denn nach dem Scheitern der Den Haager Konferenz befürchtet werden müsse, dass die tschechische Wirtschaft mit Untätigkeit reagieren und nichts mehr im Umweltbereich unternehmen wird, antwortete Umweltminister Kuzvart:

"Das auf keinen Fall. Der Rückgang der Emissionen zu Beginn der 90er Jahre ist zwar in erster Linie auf den Verfall der wirtschaftlichen Aktivitäten zurückzuführen und dies hauptsächlich in den Bereichen der Schwerindustrie, die die meisten Treibhausgase emittieren.

Die Entwicklung, die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre eingetreten ist, sehe ich jedoch positiv. In den kleineren und mittleren Unternehmen sind eine Reihe von energiesparenden Projekten in die Praxis umgesetzt worden. Das ist ein sehr gutes Signal. Ich würde sagen, dass ein verantwortungsbewusster Unternehmer auch in Zukunft auf energiesparende Verfahren setzen wird."

Doch genau das ist der springende Punkt. Sind die Firmen denn überhaupt verantwortungsbewusst genug, um zu erkennen, dass der zumindest zeit-, häufig aber auch kostenintensivere ökologisch sinnvolle Weg beschritten werden muss?

Längst nicht alle Experten vertreten diesbezüglich die Ansicht des Umweltministers. Der Ökologe Michal Marek meint z.B.:

"...Allerdings gibt es weiterhin ein defizitäres Element, dieses ist das Unternehmerinteresse. Das liegt hauptsächlich daran, dass die Unternehmer ihre alltäglichen Überlebensprobleme lösen müssen. Aber objektiv gesehen muss ich zugeben, dass deren Interesse am Suchen nach Innovationen eher gering ist. Das ist eine Schwäche der tschechischen Wirtschaft als ein Ganzes."

Von Umweltminister Kuzvart wollten wir nach dem Scheitern der Haager Konferenz noch einmal genau wissen, welche Emissionsquoten die Tschechische Republik nach ihrem Beitritt zum Kyoto Protokoll zu erfüllen habe und wie es um die bisherigen Erfolge dabei bestellt ist:

"Unsere Verpflichtung ist eine 8%ige Minderung der Treibhausgase in dem Zeitraum 2008-2012. Diese mehrjährige Zeitspanne wurde festgelegt, weil es in verschiedenen Jahren Temperaturschwankungen geben kann. Ist ein Winter kälter, muss dementsprechend mehr geheizt werden. Das würde bedeuten, dass der anhand nur eines Jahres errechnete Durchschnittswert nicht aussagekräftig wäre. Die Emissionsreduzierung bezieht sich auf das Jahr 1990. 1997, als die Tschechische Republik dem Kyoto-Protokoll beigetreten ist, betrug hierzulande die Reduzierung des Ausstoßes von Treibgasen gegenüber dem Jahr 1990 nicht 8 Prozent, sondern gar 24%. Ich betone noch einmal, das war auf den Verfall der Wirtschaft zurückzuführen."

Glauben Sie, dass die eingegangenen Verpflichtungen bis 2008/12 erfüllbar sind, fragten wir nach:

"Für die Zeitspanne 2008-2012 wird seitens qualifizierter Fachleute angenommen, dass dies realisierbar ist. Natürlich unterscheiden sich die Zahlen nach den jeweils zugrundeliegenden Wirtschaftsentwicklungsmodellen. Wenn die Tschechische Wirtschaft die Energiesparprogramme und die Förderung erneuerbarer Ressourcen umsetzt, dann sind wir in der Lage eine bestimmte Reserve zu schaffen, die wir dann in Zukunft vorteilhaft einsetzen können, z.B. im Emissionshandel. Was eindeutig auch für die Wirtschaft positiv wäre."

Die Tschechen haben sich also nicht nur einiges vorgenommen für die Verbesserung ihrer ökologischen Situation, sie haben auch schon viel für das Erreichen dieses ehrgeizigen Ziels getan. Dennoch liegt ein großes Wegstück noch vor ihnen. Doch diese Konstellation trifft wohl auf uns alle zu. Frei nach dem Motto: ES GIBT VIEL ZU TUN, PACKEN WIR ES AN!!!

Autor: Olaf Barth
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