Opernfestspiele "Smetanas Litomysl" gehen dem Publikum entgegen
Das Opernfestival "Smetanas Litomysl" hat sein Aussehen gewissermaßen verändert und will sich in diesem Jahr mit einem populäreren Programm einem breiteren Publikum öffnen. Nach den Hintergründen dieser Veränderung hat Markéta Maurová gesucht, die Sie durch den nachfolgenden Kulturspiegel begleitet.
Bereits zum 43. Mal wird die ostböhmische Stadt Litomysl, die Geburtsort des Komponisten Bedrich Smetana ist, am kommenden Donnerstag zum Austragungsort der Opernfestspiele "Smetanas Litomysl" und wird vom 21. Juni bis 1. Juli ihre Festivalgäste begrüßen. Worauf kann man sich dabei freuen, was kann man erwarten?
Das Festival und sein Programm unterscheiden sich in diesem Jahr von den vergangenen Jahrgängen. Auf den ersten Blick stellt man fest, dass da wesentlich mehr bekannte Werke als früher zu finden sind, dass das Programm zugänglicher und populärer ist. Welche Gründe haben die Veranstalter dazu bewogen, das Festival und das Programm populärer zu gestalten?
"Das Festival Smetanas Litomysl wurde immer von 12 oder 13 Tausend Leuten besucht und wir erreichten die Besetzung der Zuschauerräume von durchschnittlich 97-98 Prozent. Und im letzten Jahr, als das Programm wirklich anspruchsvoller war - wir haben vier große Werke der Autoren des 20. Jahrhunderts gespielt -, ist die Besucheranzahl auf einmal nur auf 92 Prozent gesunken. Wir sind daran nicht gewöhnt, obwohl sich andere Festivals sagen können, was würde ich dafür geben. Aber wir mussten uns vom 20. Jahrhundert einfach irgendwie verabschieden. In diesem Jahr haben wir ein sehr attraktives Programm gewählt, wir spielen Werke, die die Zeit bewahrt hat, sei es nun die Symphonie "Aus der neuen Welt" von Antonin Dvorak und seine "Slawischen Tänze" oder das "Kaiserliche Konzert" und die 7. Symphonie Ludwig van Beethovens. Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass es sich um ein kommerzielles Programm oder Festival handelt, wir bleiben weiterhin ein Festival, das sich auf die klassische Musik und einen gebildeten Besucher orientiert. Obwohl sich das Festival nun auch für jene Besucher öffnet, die bisher nicht so viele Erfahrungen haben."
Das Hauptakzent des Festivals lag von Anfang an auf der Oper. Derzeit scheint es, dass dieses Genre ein bisschen in den Hintergrund tritt und nur einen der Bestandteile des Programmangebots bildet. Kann Smetanas Litomysl eigentlich noch als ein Opernfestival bezeichnet werden?
"Ich würde sagen, dass diese Änderung notwendig war, wir konnten nicht nur beim Opernfestival bleiben, denn die Festspiele dauern beinahe zwei Wochen und wir können nicht an 14 Tagen nacheinander Opern spielen. Des weiteren gibt es nicht so viele Opern im gegenwärtigen Repertoire der tschechischen Theater, die für uns geeignet sind. Und drittens - die Opern sind das teuerste, was man aufführen kann. Wir geben neben Operninszenierungen auch Opern-Galakonzerte, Oratorien, Kantate, Gesangkonzerte - kurz gesagt: das Programm in Litomysl ist heute so ausgestaltet, dass vokale Werke darin die dominante Stellung haben. Ich glaube, dass die Zuhörer dieses Modell angenommen haben, und wenn wir es ab und zu durch ein instrumentales Konzert oder ein Recital ergänzen, kann es nicht schaden."
Außer den allgemein bekannten Werken, die in Litomysl erklingen, wird man aber doch auch bestimmte Sonderstücke im Programm anbieten. Was betrachtet Vojtech Stritecky als Höhepunkte, die das Programm schmücken werden?
"Ich kann natürlich nicht eine Sache als Höhepunkt bezeichnen, die bisher noch nie erklang. Ich muss aber sagen, dass bei uns die 4. Symphonie "Desiderata" von Jaroslav Krcek in einer Welturaufführung ertönt, die er für das III. Jahrtausend verfasste. Dies geschah im Rahmen eines Wettbewerbs, der von der Prager Kammerphilharmonie ausgeschrieben wurde. Daneben werden wir auch Sachen spielen, die nicht so üblich zu hören sind: die Konzertaufführung der letzten Oper Giacomo Puccinis "Turandot" mit Eva Urbanova in der Titelrolle und mit der Slowakischen Philharmonie und dem Slowakischen Philharmonischen Chor und weiteres mehr."
Vojtech Stritecky hat die Symphonie für das III. Jahrtausend erwähnt. Was regte Jaroslav Krcek an, ein so belangvolles Werk zu schreiben? Fragen wir den Komponisten selbst:
"Ich habe einen Prospekt der Prager Kammerphilharmonie bekommen, der einem Wettbewerb des III. Jahrtausends, oder einer Symphonie des III. Jahrtausends gewidmet war. Die ganze Sache hat mich wirklich begeistert, denn es ist eine großartige Angelegenheit, die in den letzten Jahren ohnegleichen ist. Ich habe überlegt, ob ich den Wettbewerb beschicken soll. Es handelt sich doch um ein so hervorragendes Ensemble wie die Prager Kammerphilharmonie, die ich oft leite, ich habe schon 8 Konzerte mit ihnen gemacht. Und dann habe ich mich entschieden, etwas zu schreiben."
Von der Entscheidung "etwas zu schreiben" zur Verfassung eines Werkes führt jedoch noch ein langer Weg. Was will Jaroslav Krcek dem III. Jahrtausend mit auf den Weg geben?
"Ich habe zu Hause seit langem einen bemerkenswerten Text, den ich vor 25 Jahren in England gewonnen habe. Es handelt sich um einen anonymen Text, den ein Mönch verfasste und den er mit dem Namen Desiderata oder Weisheit des Lebens versah. Er mahnt den Menschen, wie er leben soll, wie er sich zu sich selbst, zum ganzen Universum und zu den Menschen um sich herum verhalten soll. Und so habe ich mich entschieden, diesen Text in der Originalfassung zu vertonen. Diesem Text habe ich den letzten Satz der Vier-Satz-Symphonie gewidmet, er ist für Mezzosopran und natürlich für die Prager Kammerphilharmonie geschrieben."
Und wie lauten die Ratschläge des anonymen Mönchs aus England, wie soll der Mensch leben und sich benehmen?
"Ich kann den ersten Satz auswendig zitieren, der sich auch auf unsere Zeit beziehen kann. Er lautet: Geht ungestört mitten im Lärm und denkt-- daran, welcher Friede im Schweigen beruhen kann." Natürlich - heißt es darin weiter - seid ihr befreundet mit allen Menschen, verbleibt im Frieden mit eurer Seele, seid mit dem Gott, wie auch immer ihr ihn euch vorstellt, und trotz aller Trockenheit und Plage, seid ihr euch dessen bewusst, dass diese Welt doch schön ist. Das war eine Kurzfassung, der Text ist ziemlich lang und wirklich sehr schön. Ob auch meine Symphonie gelungen ist, da werde ich noch ein bisschen zittern. Ich habe mich bemüht, eine Kammersymphonie zu schreiben, damit sie nicht schwierig ist, damit sie sich gut anhören lässt, vielleicht könnte ich hinzufügen - es handelt sich um einen neuen Renaissance-Stil oder etwas in der Art."
Wir können die Uraufführung nun natürlich nicht vorwegnehmen. Wer sich die Symphonie für das III. Jahrtausend anhören möchte, der muss sich am 30. Juni nach Litomysl begeben. Und was erwartet ihn außerdem? Darüber sprach ich mit dem Programmdirektor Vojtech Stritecky. Die Festivalleitung bemüht sich, für die Vorstellungen und Konzerte immer neue Orte und Räume in Litomysl zu suchen. Beim Projekt "Ora mystica" ist dies gerade der Fall.
"Das ist eine große Besonderheit und Spezialität. In Litomysl steht das riesige, herrliche Piaristenkloster "Zum Heiligen Kreuz", das bisher nur von außen renoviert wurde. Die Innenräume befinden sich in einem erbärmlichen Zustand. Es ist seit etwa 30 Jahren geschlossen und entweiht. Und in diesem Raum, der von sich selbst zum Nachsinnen und zur Gewissenserforschung auffordert, erklingen kurz vor Mitternacht klare Kinderstimmen. Der Kühn-Kinder-Chor wird einen Ausschnitt aus der sakralen vokalen Musik singen, vom gregorianischen Choral bis zu den gegenwärtigen Kompositionen. Und das ganze Konzert wird in den Klostergärten seinen Höhepunkt erreichen, in die wir dann nach Mitternacht gehen werden."
Ein Unikum des Festivals von Litomysl, auf das sich die Gäste immer besonders freuten, waren Vorstellungen im Theater des dortigen Schlosses. Dieser historische Theaterraum ist für die Inszenierung von Barockopern und weiteren kleineren Vorstellungen wie geschaffen.
"Ich muss einräumen, dass es diesmal ein bisschen anders ist. Wir haben in diesem Jahr geplant, eine Weltpremiere aufzuführen, an der sich Künstler aus Wien beteiligen sollten. Leider gelang es aber nicht genügend Finanzmittel zusammenzubringen, und so zählt auch das Schlosstheater zu jenen Projekten, die sozusagen unter den Tisch gefallen sind. Die Produktionen im Theater sind wirklich ziemlich teuer, weil sie sehr spezifisch sind. Wir werden das Schlosstheater im Rahmen des Festivals zumindest für ein Konzert öffnen, auf dem Smetanas "Mein Vaterland" in Klavierfassung erklingt. Im Theater wird doch etwas gespielt werden, obwohl es nicht die Oper ist. Aber für das Jahr 2002 rechnen wir damit, dass wir ins Theater zurückkehren, da das Repertoire kleinerer Opern aus der Zeit des Barock und Klassizismus sehr reich ist."
Liebe Hörerinnen und Hörer, soweit unsere Einladung nach Litomysl, wo am kommenden Donnerstag das Festival "Smetanas Litomysl" eröffnet wird.