Passkontrollen zu Deutschland und Österreich vermutlich auch noch nach EU-Beitritt Tschechiens

Wenn alles nach Plan verläuft, und wenn das für Mitte Juni geplante EU-Referendum mit einem Ja endet, dann könnte die Tschechische Republik am ersten Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union sein. In einigen administrativen Bereichen könnte dennoch vorerst alles beim Alten bleiben. Etwa in Fragen der Pass- und Zollkontrolle. Gerald Schubert berichtet:

Erst kürzlich hatte die deutsche Bundesregierung verlautbaren lassen, sie rechne auch nach der für das Frühjahr 2004 geplanten EU-Erweiterung nicht mit einer sofortigen Einstellung aller Grenzkontrollen zur Tschechischen Republik. Diese Woche hat nun auch der österreichische Innenminister Ernst Strasser in dieselbe Kerbe geschlagen. Auch Österreich habe nach seinem 1995 vollzogenen EU-Beitritt drei Jahre warten müssen, bis es alle Bedingungen erfüllte, um das Schengener Abkommen zu unterzeichnen, das den freien Reise- und Warenverkehr ohne Pass- und Zollkontrollen regelt. Im Falle der nunmehrigen Kandidatenstaaten würden es eher mehr als drei Jahre sein, so Strasser. Als realistischen Termin nannte er das Ende des laufenden Jahrzehnts. Abhängig sei dies jedoch letztlich nur von den betreffenden Ländern selbst, und von der Zeit die sie benötigen würden, um ihre Sicherheitspolitik auf Schengen-Niveau zu bringen.

Radio Prag hat den Sprecher des tschechischen Außenministeriums, Vit Kolar, danach gefragt, ob diese Nachricht nun einen Rückschlag für das derzeit anlaufende EU-Referendum der tschechischen Regierung bedeuten würde, zumal ja die Öffnung der Grenze auch psychologisch ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf einen Beitritt zu Union sei. Dieser jedoch verwies darauf, dass Schengen nur ein Teilbereich des Erweiterungsprozesses sei, der darüber hinaus gar nicht in direktem Zusammenhang mit dem Regelwerk der Europäischen Union stehen müsse:

"Die Grenzen sind ja geöffnet. Hier geht es nur um die Frage ganz bestimmter Einschränkungen beim Grenzübertritt. Und diese Dinge sind allesamt durch Verträge geregelt, die die Tschechische Republik mit der Europäischen Union abgeschlossen hat. Wir müssen uns auch der Tatsache bewusst sein, dass die Grenzen der Schengen-Staaten keine Kopie der EU-Grenzen darstellen. Sei es, weil es in Europa Staaten gibt, die das Schengener Abkommen unterzeichnet haben und keine EU-Mitglieder sind, oder auch, weil es Staaten gibt, die im Schengener Abkommen nicht vertreten sind, sehr wohl aber in der Europäischen Union. Das heißt: der Beitritt zur EU bedeutet nicht den Beitritt in den Schengen-Raum."

Der österreichische Innenminister übrigens hat diese Woche auch selbst optimistische Töne hören lassen: Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit führenden Organen der Slowakischen Polizei merkte er an, dass die Sicherheitsapparate in den Kandidatenländern sich im Verlauf der letzten Jahre entscheidend verbessert hätten. Einen reibungslosen Grenzübertritt ohne Passformalitäten gleich am ersten Mai 2004 wird dies aber allem Anschein nach nicht bedeuten.