Karlsbader Oblaten: Brüssel im Griff der Waffellobby

Foto: www.lazenskeoplatky.cz

Die knusprig-runden Waffelscheiben der Karlsbader Oblaten sind dieser Tage nicht nur ein Fall für Leckermäuler und Feinschmecker, sondern auch für die Justitiare der Europäischen Kommission in Brüssel. Die sollen über den tschechischen Antrag entscheiden, die Karlsbader Oblaten als regionales Produkt zu schützen. Widerspruch dagegen kommt aus Deutschland und Österreich. Was Traditionen schützen soll, könnte aber zugleich andere Traditionen abschneiden, heißt es von dort.

Um die Horschitzer Röllchen (Horicke trubky) und die Stramberger Ohren (stramberske usi) gab es keinen Streit - die beiden tschechischen Zuckerbäckerspezialitäten sind inzwischen widerspruchsfrei in die Liste der geschützten Ursprungsbezeichnungen eingetragen worden und dürfen damit nur noch in ihren Heimatorten hergestellt werden. Ähnlich sollen nun auch die Karlsbader Oblaten für das westböhmische Karlovy Vary geschützt werden. Dagegen aber haben bereits Deutschland und Österreich nachdrücklichen Einspruch in Brüssel eingelegt, wie auch der tschechische Europa-Abgeordnete Jan Brezina bestätigt:

"Die Anmerkungen sind wirklich umfangreich und sehr qualifiziert vorbereitet. Es handelt sich angeblich um Material im Umfang von einigen hundert Seiten."

Jan Brezina  (Foto: www.janbrezina.cz)
Karlsbader Oblaten, so heißt es, würden traditionell auch in Deutschland und Österreich hergestellt - meist haben Karlsbader Deutsche nach dem Krieg das Rezept mit in die neue Heimat genommen. Gerade sie würde die Eintragung einer Schutzmarke nun treffen. Die Waffelbäcker haben dabei sogar Unterstützung aus Berlin, so Jan Brezina:

"Das deutsche Justizministerium hat die deutschen Hersteller mit einem offiziellen Brief an die Europäische Kommission unterstützt. Das ist ein nicht völlig gewöhnliches Vorgehen."

Auf Seiten der österreichischen Sudetendeutschen war bereits von einer "zweiten Enteignung" die Rede. Der CSU-Europaabgeordnete und Vorsitzende der sudetendeutschen Landsmannschaft Bernd Posselt weist solche Töne aber zurück. Es gehe keinesfalls um Streit und Konfrontation, so Posselt vor zwei Jahren gegenüber Radio Prag:

"Wir sollten nach der Devise leben: Leben und leben lassen! Es soll die tschechischen Oblaten aus Karlsbad geben und es soll die sudetendeutschen Karlsbader Oblaten geben, die aufgrund der Tragödien des 20. Jahrhunderts jetzt in Dillingen hergestellt werden. Für beide gibt es einen großen Markt, beide können koexistieren, und ich finde, man könnte gerade hier ein immaterielles Zeichen der Versöhnung setzen, wenn man einfach sagt: Es gab in Böhmen bis zur Vertreibung zwei Völker, die Tschechen und die Deutschen, und die haben dasselbe gegessen und dasselbe getrunken und eine gemeinsame Kultur gehabt, die zum Beispiel in den Oblaten fortlebt. Und diese Oblaten gehören daher beiden Seiten gleichermaßen."

Dann aber müssten auch beide Seiten gleichermaßen mit dem Teufel fertig werden, den derzeit tschechische Waffelbäcker an die Wand malen: Die Oblaten, so fürchten sie, könnten bald in Asien als attraktives Produkt entdeckt werden. Und gegen globalisierte Karlsbader Oblaten wären einheimische Hersteller dann nicht mehr konkurrenzfähig. Gesetzt den Fall, dass wirklich jemand Oblaten "made in China" kaufen wollte.