Prager Bierklub feiert am „Wenzel-Tag“ sein zehnjähriges Jubiläum
Der 28. September ist hierzulande ein Feiertag. Er wird seit 15 Jahren als Tag der tschechischen Staatlichkeit begangen. Nur fünf Jahre später, am 28. September 2005, gab es eine weitere Premiere, allerdings nur in Prag. An jenem Tag wurde der erste Bierklub der Hauptstadt feierlich eröffnet. Feiertag und Bier – das passt in Tschechien, aber nicht nur hierzulande gut zusammen. Radio Prag hat dem Bierklub deshalb jüngst einen Besuch abgestattet.
Ab dem 13. Jahrhundert entstand in Böhmen eine starke, selbstbewusste Adelsschicht, und die Rolle Wenzels wandelte sich erneut. Er war nun nicht mehr nur der Hausheilige der herrschenden Dynastie, der den Přemysliden ihre Macht verlieh, sondern der Schutzpatron des ganzen Landes. Das gilt bis heute. Zu Wenzels Todesjahr (929 oder 935) existieren zwei verschiedene Angaben, sein Todestag aber ist eindeutig der 28. September. Auch deshalb wurde dieser Tag im Jahr 2000 zum Staatsfeiertag erklärt.
Dieses Datum hat seitdem für viele Tschechen eine magische Anziehungskraft. Vor zehn Jahren war es zum Beispiel der Ansporn für eine kleine Gruppe von Unternehmern aus der Bierbrauerszene, in Prag einen Bierklub zu gründen. Es ist der erste seiner Art in der Hauptstadt, und sein damaliger wie heutiger Chef Aleš Dočkal erinnert sich noch ganz genau:„Als wir im Winter 2004/05 begonnen haben, unser Restaurant aufzubauen, konnten wir noch nicht abschätzen, wann wir die Einrichtung fertigstellen werden. Ab einer gewissen Zeit aber sah es sehr hoffnungsvoll aus, dass wir den Gaststättenbetrieb symbolisch zum 28. September werden eröffnen können. Dieses Datum ist bekanntermaßen eng verknüpft mit dem Heiligen Wenzel, der unter anderem auch als Schutzpatron der Bierbrauer angesehen wird. Nicht umsonst produzieren mehrere Brauereien daher das sogenannte Heilig-Wenzel-Bier. Für uns war es folglich vor zehn Jahren ein großer Ansporn, alles dafür zu tun, um den Bierklub genau an diesem Feiertag in Betrieb zu nehmen.“
Die feierliche Eröffnungsparty stieg am 28. September 2005, der öffentliche Betrieb der Einrichtung begann einen Tag später. Doch wie kam es eigentlich dazu, dass in den zum Teil unterkellerten Räumlichkeiten im Prager Stadtteil Karlín keine gewöhnliche Kneipe, sondern der einzigartige Bierklub entstand?„Die Räume hier in Karlín standen zur Verfügung, und ich wurde damals damit beauftragt, ein Konzept für ihre Nutzung zu entwickeln. Ich habe lange überlegt, bis mir eine Art Werbeslogan dazu einfiel: ‚Fast überall hat man 100 Speisen und dazu nur ein Bier, darum werden wir zu einem Essen 100 Biersorten anbieten‘. Dieser Slogan war zwar etwas überspitzt formuliert, doch er war für uns der Fixpunkt, von dem aus sich alles Weitere abgespult hat.“
Mit anderen Worten: Der Bierklub unterschied sich von Anfang an dadurch von den üblichen Gaststätten, dass sich die Mannigfaltigkeit der tschechischen Braukunst auch auf seiner Getränkekarte wiederfindet, ergänzt durch zahlreiche ausländische Biere. Die Zahl der Biersorten geht dabei bis in den dreistelligen Bereich, die große Mehrzahl von ihnen wird als Flaschenbier angeboten. An den sechs Zapfhähnen werden jede Woche sechs andere Biere angeboten und köstlich frisch serviert. Aufgrund des Booms an Minibrauereien in Tschechien hat sich die Zusammenstellung der sechs Fassbiere im Laufe des zehnjährigen Betriebs grundlegend verändert, sagt Dočkal:„Vor zehn Jahren hatten wir den Ausschank an den sechs Zapfhähnen noch so geregelt: Aus vier von ihnen floss das Fassbier tschechischer Großbrauereien, ein Zapfhahn war unserer eigenen Minibrauerei vorbehalten, und aus dem sechsten gab es hin und wieder das Bier einer anderen kleinen Brauerei. Heute aber ist es praktisch umgekehrt: Aus allen sechs Zapfhähnen strömt in der Regel das Bier einer Minibrauerei, nur gelegentlich wird der Gerstensaft einer Großbrauerei angeboten. In dem Fall aber muss es sich schon um ein spezielleres Bier handeln.“Zum Beispiel um Weizenbier, das mittlerweile auch verstärkt in Tschechien getrunken wird. Dazu habe nicht zuletzt das Konzept des Bierklubs beigetragen, immer wieder auch ausländische Biere anzubieten, betont Dočkal:
„Am häufigsten sind dies Biere aus Deutschland. Und zwar deshalb, weil sich der tschechische Markt inzwischen so weit geöffnet hat, dass die Nachfrage nach einem obergärigen Weizenbier bei uns immer weiter steigt. Dieses Bier ist gerade in Deutschland und besonders in Bayern zu Hause. Deshalb bieten wir unseren Gästen zum Vergleich gern auch frisch gezapftes Weizenbier aus Deutschland an.“Und noch ein Ritual aus dem benachbarten Bayern hat der Prager Bierklub zwischenzeitlich hochgehalten, merkt Dočkal an:
„Einige Jahre lang haben wir bei uns das sogenannte Oktober-Minifest von Karlín durchgeführt. Dazu haben wir exakt zur Wiesn-Zeit das Original-Oktoberfestbier aus München angeboten. Dieses Minifest war besonders am Anfang eine sehr populäre Veranstaltung.“
Weil der Bierklub in Sachen „Oktoberfest in Prag“ inzwischen aber immer mehr Nachahmer gefunden hat, ist das Minifest bereits passé. Dafür bietet das Lokal gerade in der Wintersaison immer häufiger auch deutsche Spezialbiere wie Bock, Doppelbock oder Märzen an. Dies alles jedoch in entsprechenden Maßen, um die tschechischen Biere nicht in den Hintergrund zu drängen. Doch auch das Spektrum der Gäste ist mittlerweile etwas internationaler geworden, ergänzt Dočkal:„Ausländische Produkte sind nicht dominant, sondern ergänzen unser Biersortiment. Ausländische Gäste wollen natürlich in erster Linie unsere tschechischen Biere verkosten. Der tschechische Kunde hingegen ist erfreut darüber, auch einmal ein anderes Bier trinken zu können, ohne dafür weit reisen zu müssen. Daher macht er immer öfter von der Möglichkeit Gebrauch, bei uns de facto Biere aus aller Welt zu probieren.“
Schließlich vergisst Aleš Dočkal nicht zu betonen, dass auch die Speisen des Restaurants auf einen genüsslichen Bierkonsum abgestimmt wurden. Der Renner ist dabei die selbst kreierte Biertorte.Der Prager Bierklub befindet sich in der Křižíkova Str. 17, direkt gegenüber dem Musiktheater im Stadtteil Karlín.