Radio Free Europe/ Radio Liberty sendet künftig auch in den Kaukasus-Sprachen Tschetschenisch, Awarisch und Tscherkessisch

Am Mittwoch hat der in Prag ansässige und von den USA finanzierte Sender Radio Free Europe/ Radio Liberty mit Sendungen in den Kaukasus-Sprachen Tschetschenisch, Awarisch und Tscherkessisch begonnen - ein Unterfangen das bereits im Vorfeld Kritik hervorgerufen hat. Silja Schultheis berichtet.

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In Moskau war man empört über die Vorstellung, dass Radio Free Europe Sendungen in tschetschenischer Sprache ausstrahlt. Nach Ansicht von Regierungssprecher Alexej Wolin leiste der Sender damit "tschetschenischen Rebellen Vorschub". Die Magazine würden "den Extremismus nicht nur in Russland, sondern auch in anderen Ländern stärken angesichts der Kontakte zwischen tschetschenischen Terroristen und internationalen Terrorgruppen", hatte Wolin kritisiert. Der für den Krieg im Nordkaukasus zuständige Kreml-Sprecher Sergej Jastrschembski schloss gar Gegenmaßnahmen nicht aus. Radio Free Europe hatte, um Russland nicht zu provozieren, den ursprünglich bereits für Februar geplanten Sendebeginn zunächst verschoben.

Ferit Agi, verantwortlicher Leiter der Nordkaukasus-Redaktion von Radio Free Europe/ Radio Liberty, zu den Vorwürfen aus Moskau:

"Ich denke, was Moskau nicht gefällt, ist, dass wir in der Muttersprache dieser Völker senden: Awaren, Tschetschenen und Tscherkessen. Dass Moskau nicht begeistert ist, das ist klar. Weil sie Angst haben, dass wir irgendwelche Feindschaften schmieden oder Partei ergreifen. Aber unsere Regeln verbieten es uns, irgendeine politische Partei, Religion oder Volksgruppe im Exil zu unterstützen. Mir ist nicht klar, wie man eine Sendung kritisieren kann, wenn man noch gar nicht gehört hat, was da überhaupt gesendet wird. Man kann vielleicht nach ein paar Wochen sagen, sie machen die und die Fehler, bringen einseitige Informationen, schmieden Feindschaften oder unterstützen Rebellen. Das kann man nachher sagen, aber nicht vorher."

Die Hauptaufgabe der Sendungen in die Kaukasus-Region beschreibt Redaktionsleiter Ferit Agi für Radio Prag wie folgt:

"In dieser Region existiert keine freie Presse. Auch kein freier Rundfunk. Die Menschen dort bekommen nur einseitige Informationen. Wir möchten unseren Zuhörern in dieser Region objektive und faktische Informationen liefern."

Und wie schätzt er die politische Bedeutung von Sendungen in den Kaukasus ein - in einer Zeit, wo sich die Vereinigten Staaten und Russland im Kampf gegen den Terrorismus verbündet haben und Tschetschenien im allgemeinen Bewusstsein vielfach als Hort des Terrorismus angesehen wird? Ferit Agi:

"Das ist auch ein Teil unserer Aufgabe: zu erklären, dass nicht alle Tschetschenen Terroristen sind. Natürlich gibt es in jedem Volk Terroristen. Nach dem 11. September ist klar, dass man überall in autoritären Regimen versucht, unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus oppositionelle Gruppen zu unterdrücken und zu bestrafen. Moskau sagt, dass Tschetschenien ein Land ist, wo Terroristen Unterschlupf finden. Aber beweisen konnten sie das bis jetzt nicht. Man soll nicht alles in einen Topf werfen. Es gibt natürlich Leute, die vielleicht mit Osama bin Laden in Verbindung stehen. Aber das ist nicht die ganze Bevölkerung."

Das war Ferit Agi, verantwortlicher Leiter der Nordkaukasus-Redaktion von Radio Free Europe/ Radio Liberty, die am Mittwoch mit Sendungen auf Tschetschenisch, Awarisch und Tscherkessisch begonnen hat.