Reaktionen auf Zeman

Milos Zeman sprach am 19. Februar in Prag mit den Journalisten (Foto: CTK)

Milos Zeman, der wortgewaltige tschechische Ministerpräsident, hatte mit seinem jüngsten Presseinterview für die israelische Tagezeitung "Haaretz" wieder einmal für einen Aufschrei auf der internationalen politischen Bühne gesorgt. Seine in englischer Sprache gegebenen Antworten über den Vergleich von Jassir Arafat mit Adolf Hitler und über seine Ansichten zu einer Friedenslösung im Nahen Osten haben Irritationen und Verstimmungen ausgelöst. Zeman hatte daher am Dienstag einige Mühe, für Aufklärung zu sorgen, zumal der Besuch von Bundesaußenminister Joschka Fischer drohte, von seinen letzten Äußerungen überschattet zu werden. Lothar Martin hat die neuesten Entwicklungen in diesem diplomatischen Verwirrspiel zusammengefasst.

Milos Zeman sprach am 19. Februar in Prag mit den Journalisten  (Foto: CTK)
Unmittelbar vor der Ankunft von Bundesaußenminister Joschka Fischer am Mittwoch in Prag hat der tschechische Außenminister Jan Kavan die jüngsten Irritationen im deutsch-tschechischen Verhältnis als weitgehend geklärt bezeichnet. Er habe am Dienstag in einem Telefongespräch mit Fischer die Missverständnisse erörtert, die das Interview von Milos Zeman in der israelischen Presse hervorgerufen hatte, sagte Kavan der Tageszeitung "Pravo" (Mittwoch-Ausgabe). In dem Gespräch hatte sich Zeman abfällig über Palästinenserpräsident Jassir Arafat und die Vertreibung der Sudetendeutschen geäußert.

Zeman hatte am Dienstag zwei von der israelischen Zeitung "Haaretz" veröffentlichte Zitate als Missverständnis bezeichnet. Er habe keinesfalls Arafat mit Adolf Hitler gleichgesetzt und auch nicht Israel nach dem Beispiel der Vertreibung der Sudetendeutschen die Vertreibung der Palästinenser empfohlen, betonte Zeman. In dem auf Englisch geführten Interview habe er "verlassen" statt "vertreiben" sagen wollen. Damit habe er in der Diskussion um eine Friedenslösung im Nahen Osten unterstreichen wollen, dass unnachgiebige Politiker den Verhandlungstisch verlassen sollten. Keinesfalls habe er einen anderen Eindruck erwecken wollen, sagte der 57-jährige. Der Hitler-Vergleich sei durch einen von "Haaretz" falsch gesetzten Punkt zustande gekommen, hieß es.

Dennoch haben Zemans wohl ein wenig unüberlegt abgewogenen Worte wieder einmal für Verstimmung gesorgt. Die EU hatte sich sofort von Zemans Interview distanziert. "Das ist nicht das, was man von einem EU-Land erwarten kann", sagte Jean-Christoph Filori, der Sprecher von EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen, am Dienstag in Brüssel. Der deutsche Bund der Vertrieben sprach von einem "politischen Amoklauf". Und die Gesellschaft für bedrohte Völker kritisierte: "Mit einem solchen Propagandisten der Unmenschlichkeit als Regierungschef darf Tschechien nicht in die EU aufgenommen werden."

Kein Wunder, dass sich der tschechische Präsident Václav Havel von Zemans Zitaten, wie sie der "Haaretz" am Montag veröffentlicht hatte, "tief beunruhigt" zeigte. Solche Aussagen könnten beitragen, die Spannung im Nahen Osten zu erhöhen, kritisierte Havel. Es sei unzulässig, unterschiedliche historische Erfahrungen aus dem Zusammenhang zu reißen, sagte Havel.

Nach einem von Zeman in Umlauf gegebenen Schreiben, in dem er zur missverständlichen Interpretation seiner Zitate Stellung nahm, sprang ihm EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen zur Seite, der die zitierten Äußerungen für ein Versehen Zemans hält. "Ich halte es für einen Unfall," sagte Verheugen am Mittwoch gegenüber dem deutschen Rundfunksender Inforadio Berlin-Brandenburg. Verheugen betonte, seit einiger Zeit werde die Tschechische Republik von interessierten Kreisen in ein Licht gesetzt, das sie nicht verdiene. Mit Zeman sei auch im Zusammenhang mit dessen Äußerungen zu den Sudetendeutschen unfair umgegangen worden.

Sowohl die Tschechen als auch die Sudetendeutschen neigten dazu, sich ausschließlich als Opfer darzustellen. Dass es Teil-Wahrheiten gebe, werde oft nicht wahrgenommen. "Dass nicht alle Sudetendeutschen loyal waren zu dem Staat, in dem sie gelebt haben, ist eine unbestreitbare historische Wahrheit", erklärte Verheugen.