Regionalfernsehen in Tschechien sucht eine Zukunft
Es existiert schon seit langem, der Zuschauer sieht es auch gern. Nur die Werbekunden haben es bislang noch nicht unbedingt als bevorzugtes Werbemedium entdeckt, das lokale Fernsehen in Tschechien. Wie sieht die Zukunft der vielen kleinen Fernsehsender in Böhmen und Mähren aus, das ist unser Thema im heutigen Medienmagazin. Am Mikrophon ist Danilo Höpfner.
Was die Leute in der Tageszeitung am meisten interessiert, das sind die Lokalseiten, das gilt in Tschechien wie in Deutschland. Im Fernsehen ist das nicht viel anders. Regionales steht im Vordergrund, ob bei TV Nova oder Prima TV. Eines dieser Programme ist das lokale Stadtfernsehen von Liberec/Reichenberg, TV1. Was aber unterscheidet nun ein lokales Fernsehprogramm von den grossen Privatsendern, wenn die Regionalität bereits überall zu sein scheint? Dazu TV1-Geschäftsfüher Sven Dietrich aus Liberec:
Auf das Konzept der regionalen Berichterstattung baut auch der neue tschechische Privatsender tv3, der verstärkt aus den Regionen berichtet, zum Ärger der vielen Regionalsender, die schon seit Jahren ihr regionales Programm, zumeist in den Kabelnetzen anbieten. Andere Anbieter senden lediglich abends eine Stunde, zwischen 17 und 18 Uhr über den landesweiten Sender PrimaTV, doch zufrieden ist damit bisher niemand, weder die Lokalen noch Prima.
"Auch Prima TV muss um Zuschauer und Werbekunden kämpfen", sagt Katerina Fricova, die Geschäftsführerin des Senders. Derzeit senden bis zu 60 Anbieter via Prima. Zwar gehört eine Frequenzteilung zur gängigen Praxis in Europa, allerdings nicht mit so vielen Programmanbietern.
Derzeit finanziert sich das regionale Fernsehen überwiegend durch drei Einnahmequellen: Verkauf von Werbezeiten, Verkauf lokaler Berichterstattung, also das sogenannte Sponsoring und die Produktion von Imagevideos, zumeist regionaler Firmen vor Ort. Speziell die Firmen in den Grenzregionen entdecken auch die Zuammenarbeit mit ihren Nachbarn in Deutschland bzw. in Polen. In Karlovy Vary entsteht bei Televize duha gerade eine Spielshow, die mit einem Regionalsender im deutschen Erzgebirge entsteht. Eine deutsche Mannschaft spielt gegen eine tschechische. Auch in Liberec/Reichenberg hat man die binationale Kooperation längst entdeckt.
Während es in Deutschland bereits einen Dachverband für regionales Fernsehen gibt, ist die Zusammenarbeit der Lokalen in Tschechien noch unterentwickelt. Jeder arbeitet weitestgehend für sich selbst.
Man hat den Eindruck, dass die grenzübergreifende Zusammenarbeit besser funktioniert als die unter den tschechischen Anbietern. So sind bereits drei lokale Sender in Nordböhmen im deutschen Werbeverbund vertreten. Das bedeutet, dass Werbekunden bereits eine Werbekombi, beispielsweise für Südsachsen und Nordböhmen, bekommen.
Auf lange Sicht könnte sich dies auf die bisher schleppende Werbevermarktung der Lokalen positiv auswirken. Die Zukunft sehen die kleinen Programme hauptsächlich im Kabelnetz, eine Antennenverbreitung ist zumeist durch die gut ausgebauten Kabelanlagen und teuren terrestrischen Frequenzen nicht sonderlich attraktiv.
Eine andere, bereits viel diskutierte Möglichleit wäre eine terrestrische Frequenz für alle lokalen Sender zusammen, die sich in einem Mantelprogramm vereinigen und ihre lokalen Sendungen getrennt in der jeweiligen Region "on air" schicken. Doch solange die tschechischen Sender selbst kaum Kontakte untereinander pflegen und sich mit Misstrauen begegnen, was der derzeitigen Lage wohl am ehesten entspricht, ist ein solches Projekt in weiter Ferne.
Fraglich ist auch, wie sich der Sender tv3 weiterentwickeln wird. Im Gegensatz zu den Lokalanbietern wurde in den überregionalen Anbieter tv3 dank ausländischer Gesellschafter viel Geld gepumpt, der damit ein umfangreiches Lokalnetz instalieren will. Die Folgen für TV1 in Liberec und die anderen sind noch nicht absehbar.
Was die Regionalsender trotz gegenseitigen Misstrauens vereint, ist der Glaube an die Zukunft des regionalen Fernsehens in Tschechien.