Regionjournal

Herzlich willkommen bei unserer heutigen Ausgabe des Regionaljournals. Heute steht unser Regionalbesuch im Zeichen des Silbers. Auf Silber baute nämlich in den vergangenen Jahrhunderten der Ruhm und Reichtum der ostböhmischen Stadt Kutna Hora/Kuttenberg, die heute nicht nur wegen des Silbers reichlich besucht wird. Die einmal zweitreichste Stadt im Lande feiert dieses Jahr das 700jährige Jubiläum der Erteilung der Bergbaurechte durch den böhmischen König Wenzel den II. Mehr über diese interessanten Feierlichkeiten sowie über die Stadt selbst erfahren Sie gleich, am Mikrophon begrüssen Sie Armin Sandmann und Dagmar Keberlova.

Die Stadt Kutna Hora, die auf einem silbernen Berg steht, war im Mittelalter die zweitgrößte böhmische Stadt. Das Silberfieber brach hier im 13. Jahrhundert aus. Auch wenn die älteste schriftliche Nachricht über Kutna Hora mit dem Jahr 1289 datiert ist, wurde in den Bergbausiedlungen das Silber wohl schon viel früher gefördert. Bereits 1260 wurde in einem Zisterzienserkloster Silber entdeckt, zu der wichtigsten Entdeckung kam es aber im Jahre 1290, wobei eine reiche Lagerstätte entdeckt wurde. Diese Entdeckung hat das Leben der Stadt für Jahrhunderte verändert und Kutna Hora für viele Jahre zur politisch und wirtschaftlich wichtigsten Stadt Böhmens gemacht. 1300 hat der böhmische König Wenzel der II. das königliche Bergbaurecht lus regale montanorum erlassen. Dieses Recht wurde zum komplexesten und fortschrittlichsten Bergbaurecht in ganz Europa. Der König hatte in diesem Jahr auch alle Geldprägestätten in Kutna Hora versammelt und eine königliche Geldprägestätte errichtet und so wurde Kutna Hora zur königlichen Bergbaustadt. Unter der Regierung König Wenzel des IV. wurde das Palais von Kutna Hora, Vlassky Dvur, zum zweiten königlichen Sitz, gleich nach Prag. Am Ende des 16. Jahrhunderts gingen die Silbervorräte der Stadt zu Ende und damit auch Ruhm und Reichtum der Stadt.

Die Stadt steht dieses Jahr im Zeichen der Feiern des 700jährigen Jubiläums. Durch das ganze Jahr hindurch sind verschiedene Veranstaltungen vorbereitet sowie Eröffnung von verschiedenen historischen Denkmälern. Die Hauptveranstaltung des Jahres mit dem Titel "Das königliche Silbern von Kutna Hora" hat bereits am vergangenen Wochenende stattgefunden. Es handelte sich um den schon 9. Jahrgang dieser Feier, aber diesmal wurde ihr ein ganz besonderer Glanz verliehen. Das 700jährige Jubiläum des Königlichen Bergbaurechtes ist in die prestigevolle Liste der UNESCO Kulturjubiläen weltweit aufgenommen worden. Diese 3tägigen Feiern bringen Tausenden von Besuchern in einer unterhaltsamen und lockeren Form die historischen Ereignisse bei. In den 40 Jahren Kommunismus hat es keine ähnliche Veranstaltung gegeben, die an die bedeutende Geschichte der Stadt erinnern würde. Zu einer Änderung kam es 1992, wo in Kutna Hora eine Veranstaltung stattfand mit dem Ziel, an die Ankunft der Zisterzienser in Sedlec, das heute ein Stadtteil ist, zu erinnern. Da diese Veranstaltung, die ursprünglich als eine eher fachliche vorgesehen war, auf großes Interesse der Öffentlichkeit stieß, begann man seit dem darauffolgendem Jahr eine vollständige gotische historische Feier zu veranstalten. Mehr zu der Veranstaltung erzählte uns die Hauptorganisatorin, Svetlana Hrabankova:

"Schon 1992 wollten wir die touristische Saison mit einer historischen Feier begehen, zuerst nur mit einem Umzug, später haben sich die Feiern auf drei Tage am vorletzten Juniwochenende ausgeweitet. Über diese Tage wird in der Stadt eine fiktive Geschichte dargestellt, nämlich von der Ankunft des Königs Vaclav des IV. in Kutna Hora. Wir gehen von einer historischen Tatsache aus, da Vaclav der IV. die Stadt Kutna Hora sehr gerne hatte. Die Geschichte spielt immer in dem Jahr genau vor 600 Jahren, also wir starteten mit 1394 und nun befinden wir uns im Jahre 1400. Für die einzelnen Geschichten verwende ich immer konkrete Ereignisse und Persönlichkeiten, die tatsächlich gelebt haben und die Geschichten der einzelnen Personen entwickeln sich. Alle Geschichten entnehme ich der Geschichte von Böhmen und Kutna Hora aus verschiedenen Chroniken und Geschichtsbüchern.

Unser wichtigstes Anliegen ist, das reale Leben der Bergbauern und die verschiedenen Bergbauertechniken zu zeigen und dabei auch die gesellschaftliche Struktur aus der Zeit beibehalten. So erfahren die Menschen mehr über die alten Terminologie und Technologien und beginnen sich dafür zu interessieren, schlagen in einem Geschichtsbuch nach und wissen jedes Jahr mehr."

Mehr als 10 000 Besucher haben sich diese großartige Veranstaltung dieses Jahr nicht entgehen lassen. Kinder amüsierten sich nach den Worten der Organisatorin am besten bei dem Pferdeturnier, für die Älteren stand Fechten, verschiedene Musik - und Tanzvorstellungen auf dem Programm sowie große Umzüge, historische Szenen und abschließend ein Feuerwerk. Über die diesjährige Leitszene aus dem Jahr 1400 Svetlana Hrabankova weiter:

"Wenzel der IV. kommt nach Kutna Hora, um mit den Bergbauern ihr 100jähriges Jubiläum zu feiern. Vor 100 Jahren wurde ihnen durch den Großvater von Wenzel den IV., den Premysliden Wenzel den II. das Königliche Bergbaurecht erteilt und in der Geldprägestätte Vlassky Dvur wurde die berühmteste böhmische Münze, der böhmische Groschen, geprägt, der dann jahrelang die stabilste und meist gesuchteste Währung in Mitteleuropa war. In einer magischen Vision bietet Wenzel der IV. den Bergarbeitern als Belohnung für die Treue des Bergbauerstandes die Dienste seines Hellsehers an, der ihnen sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft zeigt. Die Bergarbeiter sind bestürzt über das weitere, nicht sehr glückliche Schicksal von Kutna Hora."

Das Silbern von Kutna Hora war der wichtigste Teil der Feiern des 700jährigen Jubiläums, aber die Veranstaltungen gehen noch in einer reichen Programmgestaltung weiter. In den nächsten Tagen wird ein internationaler Gitarrewettbewerb mit dem Titel "Das Fest der klassischen Gitarre" stattfinden, weiter sind unter anderen dann der Tag der holländischen Kultur, dann ein "Musikfestival Kutna Hora" und schliessen wird die lange Reihe mit einem Festival der sakralen Musik "Svatovaclavske slavnosti/Sankt Wenzels - Fest/."

In Kutna Hora wird aber nicht nur gefeiert. Abgesehen von den Feiern ist es eine ganz normale Stadt, die mit ihren Problemen zu kämpfen hat. Der historische Stadtkern, das gegen Ende der kommunistischen Epoche sehr zerstört war, wurde nach der Wende allmählich aufgebaut und 1995 wurde die Stadt auf die UNESCO - Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Wie sich die Einstellung der Bürger zu ihrer Stadt, nachdem sie zur UNESCO Denkmal erklärt wurden, geändert hatte, fragten wir den Bürgermeister von Kutna Hora, Kvetoslav Hlavaty:

"Wenn ich ehrlich sein soll, glaube ich, dass die Bürger ihre Stadt jetzt anders sehen. Sie sind stolzer darauf, wie diese Stadt aufblüht und nicht in den Ruinen bleibt, die wir nach dem ehemaligen Regime geerbt haben. Sie sind stolz darauf, dass der Wiederaufbau hier überall zu sehen ist und auch die Touristen, die nach einigen Jahren zurückkommen und die positiven Änderungen bemerken. Auf der anderen Seite verläuft der historische Wiederaufbau auf Kosten anderer Dinge wie Strassen, Rekonstruktion von Infrastruktur. Das ist eben unser Problem, die finanziellen Mittel, von denen keine Stadt zu viel hat, richtig aufzuteilen und beides zu schaffen. Das ist momentan unser größtes Anliegen, denn wir haben Schwierigkeiten z.B. mit Überdachung von unserem Sportzentrum und ähnlichem. Das sind keine architektonischen Rekonstruktionen, die zur Schönheit unserer Stadt beitragen würden, sind aber für das tägliche Leben unserer Bürger ebenso wichtig."

Aber die Rekonstruktionen werden nach den Worten des Bürgermeisters trotz der schwierigen finanziellen Situation fortgesetzt, denn es gibt nicht nur die Verpflichtung der UNESCO gegenüber, sondern auch diejenige, die aus dem Preis Die Stadt des Jahres 1999 folgt, den die Stadt letztes Jahr erhielt. In diesem Jahr wurde die Rekonstruktion der barocken Kirche des Heiligen Johannes Nepomuk beendet und der gotischen Fronleichnamskappelle, deren Eröffnung gegen Ende der diesjährigen Feiern vorgesehen ist. Weiter werden in Zusammenarbeit mit den Bürgern die ehemaligen Bürgerhäuser rekonstruiert. Alles wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Die Stadt kann sich mit einer von Jahr zu Jahr steigenden Zahl der Touristen rühmen. Der Nachteil der Stadt ist die Nähe Prags, denn Kutna Hora ist nur 60 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Einerseits kommen viele Touristen für einen halben Tag nach Kutna Hora, um schnell alles Sehenswürdige zu besichtigen, auf der anderen Seite bleiben sie nur kurz und geben nur wenig Geld aus. Das ist auch der Grund, weshalb die Stadt trotz ihrer Schönheit noch immer an einen Dornröschenschlaf erinnert. Einer der Ursachen dafür wird in der schlechten Verkehrsverbindung mit der Hauptstadt gesehen. Wie dies wirklich ist, sagte uns der Bürgermeister von Kutna Hora Kvetoslav Hlavaty weiter:

"Das ist selbstverständlich eines unserer gravierendsten Probleme, aber es ist nicht nur wegen der schlechten Verkehrssituation, das ist, glaube ich, in unserer Automobilgesellschaft kein Problem mehr, da die Autofahrt von Prag knapp eine Stunde in Anspruch nimmt. Das Problem besteht eher darin, dass es uns, abgesehen von den Sehenswürdigkeiten, noch nicht gelungen ist, eine Struktur für den Fremdenverkehr aufzubauen, um so die Touristen in Kutna Hora auch zu halten. Allein die Denkmäler sind zu wenig dafür, dass die Touristen hier zwei oder drei Tage verbringen würden. Momentan verlassen wir uns auf die Prager Reisebüros, die den Besuch von Kutna Hora als Schau der Geschichte des tschechischen Staates präsentieren. In letzter Zeit versuchen wir auch, Kontakte mit ausländischen Städten zu knüpfen und versuchen auch von diesen etwas zu lernen."

Wir hoffen, liebe Hörerinnen und Hörer, dass Sie vielleicht bald die prächtige historische Stadt Kutna Hora zumindest im Rahmen eines Pragbesuches besichtigen werden und in zwei Wochen wieder beim nächsten Regionaljournal wieder mit dabei seien werden. Vom Mikrophon verabschieden sich Armin Sandmann und Dagmar Keberlova.

Autoren: Dagmar Keberlova , Armin Sandmann
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