Revolver Revue: Ehemalige Samisdat-Kulturzeitschrift begeht 25. Gründungsjubiläum
„Die Revolver Revue feiert ein Vierteljahrhundert der kulturellen Selbstverteidigung“. So titelte dieser Tage die Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“ aus Anlass des Jubiläums dieser Kulturzeitschrift für bildende Kunst und Literatur, die noch vor der Wende unter dem kommunistischen Regime gegründet wurde. In einer Zeit also, in der die Flucht in die Underground-Kultur für viele eine Art des Überlebens bedeutete.
„Für die Zeit des Kommunismus war es kennzeichnend, dass die Kunst beziehungsweise die Kultur eine Art Asyl darstellte. Sie war Ersatz für alles, was man damals nicht machen konnte - zum Beispiel die Politik als Beruf. Dann kam 1989 die Wende und brachte plötzlich neue Gelegenheiten. Viele Menschen stürzten sich spontan kopfüber in das turbulente Zeitgeschehen.“
Nach der Wende ist es der Zeitschrift gelungen an ihre elementaren Prioritäten der Vorwende-Zeit anzuknüpfen: die Unabhängigkeit von jedem Diktat von außen und die Offenheit für Themen, die anderswo nicht reflektiert werden.
Es gebe immer immerhin wieder etwas Neues, das sich zum Publizieren eignet, sagt die Chefredakteurin der Revolver Revue, die an ihr Fortdauern glaubt. In der tschechischen Geschichte der Kultur- und Kunstzeitschriften ist das ununterbrochene 25-jährige Bestehen einer Kulturzeitschrift eher eine Ausnahme. Das Interesse scheint aber nicht nachzulassen. Am 20. Februar wurde auf der Neuen Bühne des Prager Nationaltheaters gefeiert und das Haus war ausverkauft. Unter den Gästen war als einer der prominenten Autoren, die seit langem in der Revolver Revue publizieren, unter anderem der 80-jährige Dichter und Essayist Zbyněk Hejda. In den 1960er Jahren arbeitete er in der Redaktion der renommierten Zeitschrift „Tvář“, die nach 1968 verboten wurde:„In ´Tvář´ging es uns darum, weiße Flecken aufzufüllen, das heißt, früher verbotene oder marginalisierte Titel zu publizieren und sie wieder in den Literaturkontext einzubeziehen. In diesem Sinne sehe ich eine gewisse Ähnlichkeit zwischen unserem Bestreben und dem der Revolver Revue.“
Seit ihrer Gründung sind insgesamt 77 Nummern der Revolver Revue erschienen, davon 13 vor der Wende. Jede Nummer ist als originelle Collage von Beiträgen aus verschiedenen Kunstgenres konzipiert. In den Jahren 1995 bis 2004 erschien sie mit der so genannten „Kritischen Beilage“. Danach wurden die Kunstkritiken direkt in die Zeitschrift eingebunden. Zbyněk Hejda:
„Die Kunstkritik hat bei uns meiner Meinung nach ein schlechtes Niveau. Ich habe das unangenehme Gefühl, dass sie wenig unabhängig ist, vielleicht auch wenig gebildet. Die ´Kritische Beilage´ der ´Revolver-Revue´ war aber sehr gut. Die Kritik ist von der Literatur und Kunst nicht zu trennen. Ohne die Verbindung des schöpferischen Schaffens mit der Kritik können sich die Literatur und die Kunst nicht gut entwickeln.“Bei der Jubiläumsfeier wurde auch der prestigeträchtige Jahrespreis der Revolver Revue verliehen. Diesmal ging er an die Hip-Hop-Band „WWW“ und ihr im Vorjahr erschienenes Album „Tanz der Äxte“.