Russland stoppt Erdöllieferung: Tschechien ist darauf gut vorbereitet

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Fast jede Freundschaft hört bekanntlich beim Geld auf. Und da sich Russland und Weißrussland bislang immer noch nicht über die Zahlungsmodalitäten für geliefertes Erdöl einigen konnten, hat Russland ganz einfach den Hahn zugedreht und die Erdölversorgung über die sinnigerweise "Freundschaft" heißende Pipeline vorerst eingestellt. Aber auch die mit den weiterführenden Strängen dieser Pipeline verbundenen Länder Mitteleuropas erhalten nun erst einmal keine weiteren Öllieferungen. Die Tschechische Republik steht dem jedoch nicht unvorbereitet gegenüber.

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Die gute Nachricht zuerst: Das Erdöl aus Russland strömt weiter und kommt nach wie vor in Tschechien an. Warum das so ist, erklärte der Sprecher des Ministeriums für Industrie und Handel Tomas Bartovsky:

"Über den südlichen Strang der Erdölleitung Freundschaft erhält die Tschechische Republik und 65 Prozent des Erdöls für die inländischen Raffinerien. Die Erdölversorgung der Tschechischen Republik würde jedoch auch bei einem längeren Ausfall dieser Leitung funktionieren, und zwar deshalb, weil sie die Forderung der Europäischen Union erfüllt, Erdöl und Erdölprodukte in einem Umfang von insgesamt 90 Tagen als Vorrat zu halten."

Diese Forderung erfüllt Tschechien unter anderem aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung mit der Slowakei, nach der in slowakischen Tanklagern auch für Tschechien bestimmtes Erdöl bevorratet wird. Es handelt sich um 52 bis 55 Tonnen Rohöl, die den Bedarf von vier Tagen abdecken. Die noch weitaus größere Menge von 890.000 Tonnen wird in Tanks der einheimischen Gesellschaft Mero gelagert. Daher konnte Wirtschaftsminister Martin Riman auch ziemlich gelassen alle beruhigen, die bereits eine Öl- beziehungsweise eine daraus folgende Benzin- und Dieselknappheit für die nächsten Tage befürchteten:

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"Aufgrund unserer staatlichen Reserven können wir noch eine ziemliche lange Zeit auf Erdöl und Erdölprodukte wie Benzin und Diesel zurückgreifen. Unsere staatlichen Vorräte reichen mindestens noch für 90 Tage, und die kommerziellen Raffinerien verfügen über weitere Reserven. Alles zusammengenommen macht einen Vorrat von über 100 Tagen, also von dreieinhalb Monaten aus. Und es kann nicht sein, dass das Problem in dieser Zeit nicht gelöst wird."

Neben den großzügigen Reserven, die den EU-Vorgaben entsprechen, ist Tschechien außerdem nicht nur von den Erdöllieferungen aus Russland abhängig, erklärt der Direktor des Unternehmens Mero, Jaroslav Pantucek:

"Die Tschechische Republik wird nicht nur durch die Pipeline Freundschaft aus dem Osten beliefert, sondern auch durch die in den 90er Jahren errichtete Erdölleitung IKL. Durch diese erhalten wir strategische Erdöllieferungen aus dem Westen."

Aufgrund mehrerer ähnlicher mit der ehemaligen Sowjetunion gemachter Erfahrungen aus der Epoche des sozialistischen RGW hat Tschechien also diesmal vorgebaut und nicht nur auf den Kreml gesetzt. Wie es scheint, macht sich diese Weitsicht gerade jetzt bezahlt.