Schröder sieht Temelin nicht als Problem für tschechischen EU-Beitritt an

Gerhard Schröder

Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder weilte im Rahmen seiner Sommerreise am Dienstag zum ersten Teil eines inoffiziellen Besuchs in der Tschechischen Republik. Dabei traf er auf Schloss Sychrov mit dem tschechischen Premier Milos Zeman zusammen. Über diese Begegnung und die weiteren Stationen seines ersten Besuchstages in Tschechien berichtet Lothar Martin.

Auch Premier Zeman betonte, dass für die Bewertung der Sicherheit und Umweltverträglichkeit des AKW´s einzig und allein die von einer unabhängigen EU-Expertenkommission vorgenommene Analyse als Maßstab zugrunde gelegt werden sollte: Diese Einschätzung vernahm Gastgeber Zeman gern, doch beide Staatsmänner hatten sich nicht zum Mittagstisch getroffen, um nur Höflichkeitsfloskeln auszutauschen. Auch zwei bilaterale Streitpunkte - das südböhmische Atomkraftwerk Temelin, das zuletzt auch von Deutschland in Frage gestellt wurde, sowie die Einschränkung der Freizügigkeit tschechischer Arbeitnehmer auf dem EU-Arbeitsmarkt - wurden erörtert. Zum Thema Temelin stellte Schröder klar: "Ich weiß, es ist in unserem gemeinsamen Interesse, das Fazit der Europäischen Kommission zu respektieren. Die Europäische Kommission hat einen Situationsbericht über das Atomkraftwerk Temelin sowohl an die Kanzler Österreichs und Deutschlands als auch an den tschechischen Premier gesandt und ich für meine Person kann zu diesem Bericht meine Zufriedenheit äußern."

Im Gegenzug zur gemäßigten Haltung Deutschlands zu Temelin hat Zeman Schröder gegenüber signalisiert, dass man von seinem bisherigen Standpunkt, die uneingeschränkte Freizügigkeit auf dem EU-Arbeitsmarkt als ein Grundelement der EU-Mitgliedschaft anzusehen, abrücken könne. Allerdings unter der Voraussetzung, dass nach zwei Jahren eine Einschätzung darüber erfolge, ob eine Einschränkung der Freizügigkeit, wie von Deutschland und Österreich gewünscht, noch Sinn mache oder nicht.

Die Unterredung zwischen beiden Ministerpräsidenten dauerte länger an als geplant, was zu Lasten des letzten Programmteils der Schröder-Reise vom Dienstag ging. Im nordböhmischen Liberec/Reichenberg besuchte der Kanzler den "Bau der Versöhnung", eine auch mit deutschen und EU-Mitteln errichtete regionale Bibliothek mit jüdischem Gebetsraum. Da diese Stippvisite viel zu kurz ausfiel, wurde sie in der tschechischen Öffentlichkeit auch mit Kritik bedacht. Am Freitag trifft Bundeskanzler Schröder im westböhmischen Cheb/Eger innerhalb dreier Tage zum zweiten Mal mit seinem tschechischen Amtskollegen Zeman zusammen.