Zweiter Besuch Seehofers in Prag – Normalisierung der tschechisch-bayerischen Beziehungen

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Bereits zum zweiten Mal im Laufe eines Jahres besucht der bayerische Ministerpräsident Prag. Während sein erster Besuch noch dazu gedacht war, das Eis zu brechen – es handelte sich um den ersten offiziellen Besuch eines bayerischen Ministerpräsidenten in Tschechien überhaupt – gilt der jetzige Aufenthalt als ein Beweis für die Normalisierung der Verhältnisse.

Horst Seehofer und Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Die Zusammenarbeit habe sich sehr gut entwickelt und die Beziehungen der beiden Nachbarn seien mit Leben erfüllt. Darauf haben sich der tschechische Premier Petr Nečas und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer am Mittwoch in Prag geeinigt. Premier Nečas betonte, dass Bayern das wichtigste Exportgebiet der tschechischen Wirtschaft sowie der stärkste Auslandsinvestor in Tschechien sei. Beide Politiker sprachen sich für eine Zusammenarbeit im Bereich der Energiewirtschaft aus, besonders bei der Stabilisierung der Stromnetze sowie bei der Errichtung der Gasleitung Gaselle. Sie unterstützten die geplanten Bahnverbindungen zwischen Prag und Nürnberg sowie Prag und München und zeigten sich erfreut, dass diese in das System des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen wurden.

Angela Merkel  (Foto: ČTK)
Der tschechische Premier nutzte die Gelegenheit, den bayerischen Politiker über sein Angebot an Kanzlerin Angela Merkel zu informieren. Nečas hatte öffentliche Diskussionen über den geplanten Ausbau des tschechischen Atomkraftwerks Temelín in Deutschland angeboten:

„Tschechien respektiert völlig die Entscheidung des Nachbarlandes, aus der Atomernergie auszusteigen, allerdings erwarten wir denselben Respekt für die tschechische Entscheidung, an der Atomenergie festzuhalten.“

Horst Seehofer nahm das Angebot dankend entgegen:

„Ich bedanke mich für ihre Haltung in der Energie-Politik. Das ist auch unsere Auffassung, dass jede Regierung seine Energiepolitik für das eigene Land, für das eigene Volk so bestimmt, wie es der eigenen Überzeugung entspricht. Das respektieren wir auch aus bayerischer Sicht und sind sehr dankbar, dass dieser Prozess mit neuen Kernkraftwerken transparent gestaltet wird und dass hier dieses Angebot an die Kanzlerin gerichtet wurde, dass hier auch umfassend informiert und unterrichtet wird. Das ist bemerkenswert, denn keine europäische Vorschrift zwingt die tschechische Regierung zu diesem Handeln. Umso stärker drückt dies die Ernsthaftigkeit unserer Partnerschaft aus, dass man sie sozusagen auf freiwilliger Ebene macht.“

Atomkraftwerk Temelín
Aber nicht nur in der Energie-Politik, auch bei der Betrachtung der Geschichte gibt es unterschiedliche Auffassungen – und auch diese wollen beide Partner gegenseitig respektieren. Dazu erklärten sich beide Politiker bei ihrem Treffen in der Arbeitsresidenz des tschechischen Premiers bereit:

„Aus politischer Sicht betrachten wir diese Sache durch die Deutsch-Tschechische Erklärung als abgeschlossen. Es ist aber weiterhin erforderlich, zu kommunizieren, zu diskutieren und unterschiedliche Sichtweisen zu einigen Ereignissen der Vergangenheit zu klären. Dies ist aber primär eine Aufgabe für Experten, für die Historiker, für Vertreter der Zivilgesellschaft und Zeitzeugen, aber heute nicht mehr für die Politik.“

Gedenkstätte Lidice
Der bayerische Ministerpräsident zeigte sich damit einverstanden und machte deutlich:

„Das haben wir schon nach dem letzten Treffen im Dezember letzten Jahres gesagt: Neben der historischen Aufarbeitung durch Fachleute werden wir jetzt in erster Linie darauf achten, dass wir in die Zukunft blicken und die Zusammenarbeit vertiefen.“

Auf die Geschichte konzentriert sich das Programm des bayerischen Ministerpräsidenten am Donnerstag. In Begleitung einer Delegation von Sudetendeutschen wird Horst Seehofer die Gedenkstätte Lidice, das ehemalige KZ Terezín / Theresienstadt sowie die Elbbrücke Ústí nad Labem / Aussig besuchen, um Kränze niederzulegen und der Opfer der Nazi-Diktatur und der Nachkriegsvertreibung zu gedenken:

Terezín
„Das Programm ist sehr ausgewogen, weil wir den Opfern auf allen Seiten Respekt und Anerkennung zollen und ihrer gedenken. Das war mir sehr wichtig, dass dies erfolgt, hinsichtlich der Gräueltaten, die die Nazis angerichtet haben, der Verbrechen, der Morde, und umgekehrt auch der Dinge, die deutschen Bürgern widerfahren sind.“