Trennendes umschifft, aber Eis gebrochen – Seehofers Prag-Besuch wird positiv bewertet

Horst Seehofer (Foto: ČTK)

In Deutschland war es seit dem Wochenende eines der wichtigen Themen: der erste Besuch eines bayerischen Ministerpräsidenten in Prag. In Tschechien rückte dieser historische Besuch von Horst Seehofer eher an zweite oder dritte Stelle in den Medien. Die Annäherung zwischen Prag und München wurde von der Regierungskrise überschattet. Und so ist es eher die deutsche Seite, die ein Fazit zog: ein positives Fazit. Eingeschlossen die Sudetendeutsche Landsmannschaft, obwohl der tschechische Premier Petr Nečas und der bayerische Ministerpräsident Seehofer in ihren offiziellen Statements dem Reizwort Beneš-Dekrete ausgewichen sind. Ein Rückblick auf den Besuch Seehofers in Prag.

Horst Seehofer  (Foto: ČTK)
Eine knifflige Angelegenheit war der Besuch von Horst Seehofer in Prag. Und zwar für beide Seiten. Jedes falsche Wort konnte hier zum Stolperstein werden. Für den tschechischen Premier Nečas kam erschwerend hinzu, dass seine Regierung gerade eine schwere Krise durchmacht. Und Horst Seehofer ist als bayerischer Ministerpräsident Schirmherr der Sudetendeutschen. Er steht unter ihrer genauen Beobachtung. Doch die Minenfelder wurden bereits im Vorfeld des Besuchs abgesteckt, mehrere Monate dauerte die Vorbereitung – inklusive einem Treffen mit Nečas vor drei Wochen in der Oberpfalz, wie erst jetzt in Prag offiziell bekannt wurde. Horst Seehofer:

„Es gab während der Vorbereitung eine vertrauliche Begegnung zwischen dem Ministerpräsidenten und mir, um noch mal sich persönlich kennenzulernen. Und ich möchte sagen, nach dieser Begegnung, nach den ganzen Vorbereitungen, nach dem gestrigen und heutigen Tag ist es gelungen, eine stabile Vertrauensgrundlage zu bauen. Ich denke, dass ist die wichtigste Grundlage für unser gemeinsames Ziel, ein neues Kapitel der Zusammenarbeit auf politischer Ebene aufzuschlagen“

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
65 Jahre lang haben sich Prag und München offiziell angeschwiegen. Immer blockierte der Streit um die Vertreibung der Sudetendeutschen die 400 Kilometer kurze Strecke zwischen den beiden Städten. Auch beim Besuch von Seehofer wurde das Problem nicht ausgeräumt, aber es wurde auf gemeinsame Verabredung hin umschifft. Premier Nečas:

„Die Grundthese lautet: Obwohl wir unterschiedliche Ansichten über Dinge aus der Vergangenheit haben, müssen wir unsere Beziehungen auf die Zukunft ausrichten.“

Auf inoffizieller Ebene wurde indes über die Vergangenheit durchaus gesprochen. So am Sonntag bei einem Abendessen, zu dem der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg die Delegation aus Bayern eingeladen hatte. Dort hatte Seehofer eine Tischrede gehalten, die sowohl den Nazi-Terror, als auch Flucht und Vertreibung ansprach:

„Es bleibt bei den unterschiedlichen Rechtsauffassungen. Aber uns hat sehr die menschliche Seite interessiert. Und da bin ich richtig froh, dass das in aller Ehrlichkeit, in aller Offenheit erfolgt ist – auch mit dem Respekt vor den Betroffenen, auch mit Hochachtung. Das war eine Vertrauensgrundlage.“

D

Bernd Posselt  (Foto: ČTK)
as sieht selbst die Sudetendeutsche Landsmannschaft so. Der Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, war mit nach Prag gereist. An den Worten Seehofers fand er nichts auszusetzen, im Gegenteil:

„Ich bin nicht nur zufrieden, ich bin glücklich. Ich sage, für mich gibt es einen ganz klaren Dreisatz: Zuerst einmal hier Eis brechen, das ist bei diesem Besuch geschehen. Zweitens: Vertrauen bilden. Das wird der Prozess der nächsten Jahre und vor allem des Jahres 2011 sein. Und dann in einem dritten Schritt einen Stufenplan der Partnerschaft, der uns wirklich zusammenführt.“

Bisher aber gelten die Sudetendeutschen nicht als offizielle Gesprächspartner für die tschechische Seite, auch wenn sie in vielen Bereichen die Türen geöffnet haben für die heutigen vielfältigen Kontakte zwischen Tschechien und Bayern. Unterhalb der politischen Höhen ist der Austausch schon lange intensiv und besonders in der Wirtschaft auch erfolgreich.

„Bayern ist das Ziel von 30 Prozent unserer Exporte nach Deutschland. Der Freistaat ist daher der wichtigste Partner für die tschechische Wirtschaft“, so Premier Nečas.

Mit Seehofers Pragreise sollen nun auch regelmäßige politische Kontakte zur Normalität werden. Das haben zumindest beide Seiten bekräftigt.