Schuman-Tag: Spidla verweist auf historische Bedeutung der europäischen Integration
Am vergangenen Freitag wurde, wie Radio Prag bereits berichtet hat, auch in der tschechischen Hauptstadt der "Schuman-Tag" gefeiert, zur Erinnerung an den Schuman-Plan, der als die ideelle Geburtsstunde der europäischen Integration gilt. Wir kommen heute noch einmal auf dieses Ereignis zurück und widmen uns dabei insbesondere den historischen Betrachtungen des tschechischen Regierungschefs - und den Zukunftshoffnungen einer der Personen, die für die Organisation der gesamten Veranstaltung zuständig waren. Hören Sie mehr von Gerald Schubert:
Am 9. Mai 1950 trat der damalige französische Außenminister Robert Schuman mit einem geradezu sensationellen Plan an die Öffentlichkeit: Nämlich dem einer westeuropäischen Montanunion, in der die Schwerindustrie mehrerer Staaten, allen voran die der ehemaligen Kriegsgegner Deutschland und Frankreich, unter eine gemeinsame Verwaltung gestellt werden sollte, um so einen Beitrag zur Verhinderung künftiger Kriege zu leisten. Bereits zwei Jahre später wurde dann tatsächlich die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet, und die gilt sozusagen als Keimzelle der heutigen EU.
Der tschechische Premierminister Vladimir Spidla, der als gelernter Historiker immer wieder gerne auf Entwicklungen der Vergangenheit verweist, um die Bedeutung gegenwärtiger Entscheidungen zu erklären, betonte auch auf der Eröffnungspressekonferenz des diesjährigen Schuman-Tages den Wert der europäischen Integration:"Die Grundkonzeption des Europäischen Projekts besteht in einem einzigen Wort, und dieses lautet 'Versöhnung'. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlossen die Europäischen Völker, dass sich so etwas niemals mehr wiederholen darf, und sie fanden einen Weg, der sie zu diesem Ziel führte. Dieser Weg bestand - im Unterschied zur traditionellen Politik, die in verschiedenen Schattierungen tausend Jahre lang gemacht wurde und deren Ergebnis Tausende Konflikte und Millionen von Toten waren - nicht mehr im Gleichgewicht der Kräfte, wo einer gegen der anderen rüstet, sondern in der Integration der Kräfte auf der Grundlage von Demokratie, Freiheit und Solidarität."
Die Tatsache übrigens, dass Spidla gerade die Wichtigkeit des Wortes "Integration" besonders hervorstrich, mag durchaus auch als Seitenhieb auf Staatspräsident Vaclav Klaus gesehen werden, der ja immer wieder die Gefahren betont, die seiner Meinung nach in allzu weitreichenden Integrationsbestrebungen lauern. Im Anschluss an die Pressekonferenz wurde dann in der Straße Na prikope, einer Fußgängerzone in der Prager Innenstadt, ein Veranstaltungsreigen eröffnet, an dem sich alle 15 EU-Staaten und alle 10 Beitrittsländer mit kulturellem Programm beziehungsweise mit kulinarischen Köstlichkeiten präsentierten. Nicht zuletzt, um den Tschechen, von denen doch etliche Angst vor einem Brüsseler Zentralismus hegen, die Vielfalt Europas vor Augen zu führen. Abgestimmt wird hierzulande ja am 13. und 14 Juni. Nach dem Referendum, das am vergangenen Wochenende in Litauen positiv über die Bühne ging, sehen sich aber auch hier die Europa-Optimisten wieder ein wenig gestärkt. So etwa die Direktorin des Prager "Informationszentrums der Europäischen Union", Daniela Cervova, die den diesjährigen Schuman-Tag mitorganisiert hat:"Ich bin nach wie vor optimistisch. Sie wissen ja, die Regierungskampagne ist jetzt angelaufen, und der Premierminister reist mit dem EU-Botschafter in die Regionen. Ich glaube, wir haben hier sehr viel Arbeit gemacht, und ich bin mit dem, was wir alles geleistet haben, zufrieden. Also ich hoffe - und ich glaube, dass wir 'ja' sagen werden."