Schwierige Verhandlungen um neuen Staatshaushalt

Ist Tschechien auf dem Weg zum Staatsbankrott? Diese Frage beschäftigt seit Tagen die Öffentlichkeit hierzulande. Tatsächlich droht Tschechien ein Rekord-Defizit von bis zu 230 Milliarden Kronen (fast 9 Milliarden Euro). Finanzminister Edurad Janota versucht gegenzusteuern; bereits am Sonntag ist die Regierung zu einer informellen Krisensitzung zusammengekommen, nun werden die Verhandlungen im Rahmen der Kabinettsitzung fortgesetzt. Christian Rühmkorf im Gespräch mit Daniel Kortschak, der vor Ort im Regierungsamt auf der Prager Kleinseite war.

Finanzminister Edurad Janota  (Foto: ČTK)
Daniel, gibt es schon ein Ergebnis der Verhandlungen? Konnte der Finanzminister weitere Einsparungen durchsetzen?

„Also im Moment gibt es noch kein Ergebnis der montäglichen Kabinettssitzung. Die für 13 Uhr 30 angekündigte Pressekonferenz hat erst gegen 15 Uhr begonnen und auch danach hat die Regierung noch weiterdebattiert. Es scheinen also wirklich harte Verhandlungen zu sein. Das hat sich ja bereits am Sonntag bei der informellen Kabinettssitzung in der Regierungsvilla gezeigt. Als besonders schwierig gelten die Ressorts Bildung und Soziales; beide fordern mehr Geld. Andernfalls müsse man den Lehrern die Gehälter kürzen und auch sozial Schwache, Rentner und chronisch Kranke müssten wohl mit noch weniger Geld auskommen. Auch der Innenminister sagt, er kann nicht sparen, andernfalls müsste er Polizisten und Feuerwehrleute entlassen. Finanzminister Janota hat vorgerechnet, dass alle Ressorts zusammen von ihm etwa 80 Milliarden Kronen haben wollen – gäbe er nach, dann wären wir bei einem Defizit von 310 Milliarden Kronen oder 12 Milliarden Euro. Das wäre dann also der Rekord des Rekords.“

Also, es muss gespart werden. Das ist ja nichts Neues. Wobei klemmt es den deiner Meinung nach in den Verhandlungen?

„Das Kernproblem der Sache ist, dass der Finanzminister nicht einfach so sparen kann. Denn rund 85 Prozent der Staatsausgaben sind per Gesetz geregelt. Mit anderen Worten, um dort den Sparstift anzusetzen, braucht man einen Beschluss im Parlament. Die Chefs der beiden großen Parteien – also der Demokratischen Bürgerpartei ODS und der Sozialdemokraten ČSSD, die hatten schon nach Verhandlungen dem Finanzminister die rote Karte gezeigt, was Gesetzesänderungen angeht. Auch die vom Finanzminister ins Auge gefasste Erhöhung der Mehrwertsteuersätze von derzeit 9 und 19 auf 11 und 20 Prozent stößt auf Ablehnung der Parteien. Klar, denn vor den Parlamentswahlen im Oktober Steuererhöhungen anzukündigen, käme wohl einem politischen Selbstmord nahe.“

Daniel, ist denn überhaupt schon ein Ende des Gezerres um den Staatshaushalt für das nächste Jahr in Sicht?

„Ja. Und zwar ganz einfach deshalb, weil die Regierung verpflichtet ist, bis Ende September dem Parlament einen Budgetentwurf vorzulegen. Und bis 9. September will die Regierung nun ein Paket an Gesetzesänderungen zur Ausgabenkürzung zusammenbauen, das dann dem Abgeordnetenhaus vorgelegt wird. Egal, ob dort eine Zustimmung zu erwarten ist oder nicht, wie Premier Fischer betont hat. Nachdem aber am 9. und 10. Oktober ein neues Abgeordnetenhaus gewählt wird, wird sich die neue Regierung wohl ohnehin noch einmal mit dem Haushalt befassen müssen. Sofern es bis zum Beginn des Jahres 2010 eine neue Regierung geben wird.

Redaktionsschluss war um 15 Uhr.