Situation in den Tschechischen Hochshulen

Der tschechische Hochschulrat wirft Schulminister Zeman Verrat an den Universitäten vor, und der Akademische Senat der Universität Olomouc (Olmütz) fordert gar seinen Rücktritt. Was veranlasst hohe Vertreter der Universitäten zu solchen Äußerungen? Hören Sie dazu den folgenden Beitrag von Karin Schöne.

Die schwierige finanzielle Situation an den tschechischen Hochschulen fordert ihre Opfer und sucht ihre Schuldigen. Noch im Juni, als die Aufnahmeprüfungen in vollem Gange waren, rechneten die Hochschulen mit einer Erhöhung ihres Budgets für das Jahr 2002 um zwei Milliarden Kronen. Die Prager Karlsuniversität nahm daraufhin ca 2000, die Palacky-Universität in Olomouc 270 Bewerber mehr auf als im Vorjahr. Doch das Schulministerium hat seine Zusage nicht eingehalten und stellt damit die Hochschulen vor große finanzielle Probleme. Der Rektor der Karlsuniversität, Ivan Wilhelm, hatte auf das Versprechen des Schulministeriums hin auch über die Zweifel einiger Dekane hinweg durchgesetz, mehr Studenten zum Aufnahmeverfahren zuzulassen. In Anbetracht der jetzigen Situation erwägt Wilhelm, wie er unlängst in einem Interview gegenüber der Tageszeitung Mlada fronta dnes äußerte, seinen Rücktritt. Die unmittelbaren Konsequenzen aus der schwierigen Lage sollte nach Meinung des Akademischen Senates der Palacky Universität in Olomouc hauptsächlich Schulminister Eduard Zeman ziehen. Wie auch die Studentenkammer des Hochschulrates forderte der Senat am Donnerstag offiziell dessen Rücktritt.

Zeman selbst hatte in der vergangenen Woche der tschechischen Hochschulrektorenkonferenz vorgeschlagen, das in den universitären Hosentaschen entstandene Loch mithilfe eines Kredites der Europäischen Investitionsbank zu stopfen. Dieser Vorschlag war abgelehnt worden, da man die Rückzahlung auch in den folgenden Jahren für unrealistisch hält. Auch der Hochschulrat sieht nur mit einem längerfristigen Finanzierungsprogramm ein reale Chance auf die Verbesserung der Lage der Hochschulen, wie dessen Vorsitzender Frantisek Jezek unlängst auf einer Anhörung vor dem Senat betonte. Sein Stellverteter Jan Bednar erklärte Radio Prag, welche zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten er für real hält:

Hier zeichnen sich selbstverständlich zwei Bereiche zusätzlicher Quellen ab. Der erste Bereich ist, pragmatisch gesprochen, die Umsetzung des Know-Hows der Universitäten in finanziellen Profit. Die Betonung liegt dabei darauf, dass die Hochschulen überhaupt anfangen, sich in diesem Gebiet zu bewegen. Diese Möglichkeit ist allerdings nur in naturwissenschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Fächern tatsächlich real. Eine weitere Option ist die Frage der Studiengebühren. Das ist eine sehr brisante Frage. Ich sehe hier eine wesentliche Prämisse darin, dass die Gebühr- sollte sie eingeführt werden - in keinem Fall zu einem sozialen Filter werden darf.

Mit einem konkreten Vorschlag, wie eine Teilfinanzierung des universitären Betriebs durch Schulgeld aussehen könnte, kann der Parlamentsabgeordnete der Freiheitsunion Petr Mateju aufwarten. Mit durchschnittlich 14.000 Kronen pro Jahr soll der Student zu einem Viertel sein Studium selbst finanzieren. Zur Vermeidung eines sozialen Ungleichgewichtes erwägt der Gesetzesentwurf ein Systém sozialer Unterstützungen wie staatliche Darlehen, soziale Unterstützung für Studenten aus sozial schwächeren Familien bis zu 1800 Kc monatlich und Steuervergünstigungen für die Einnahmen aus Nebenverdiensten. Der Gesetzesentwurf der Arbeitsgruppe um Mateju stößt bei den Studenten auf wenig Gegenliebe. Am Dienstag hatten sie auf dem Wenzelsplatz ihren Unmut mit dem Bau einer neuen Berliner Mauer, die sie mit Banknoten mit dem Konterfei des Abgeordneten beklebten, zum Ausdruck gebracht. Dem Hauptargument Matejus, dass die Einführung von Studiengebühren mehr Abiturienten den Weg zu einem Hochschulstudium ermögliche, weiß der Initiator der Aktion und Mitglied der Initiative SOS Student, Zdenek Stefek, entgegenzuhalten:

Auf der einen Seite ist die Studiengebühr nicht hoch genug, als dass sie die Kapazität der Hochschulen erhöhen könnte. Wäre sie auf der anderen Seite wiederum höher, wäre sie sozial nicht mehr verträglich.

Autor: Karin Schöne
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