Skandal: Grundstückfonds veräußerte Liegenschaften zu Dumpingpreisen
Der tschechische Premier Jiri Paroubek kommt nicht zur Ruhe, was die personelle Besetzung seines Kabinetts betrifft. Im Sommer dieses Jahres musste er den verstorbenen Kulturminister Pavel Dostal durch Vitezslav Jandak ersetzen, vor wenigen Tagen erst konnte er David Rath nach längerer Auseinandersetzung mit Präsident Vaclav Klaus als neuen Gesundheitsminister durchsetzen. Doch nun wackelt bereits der Stuhl des nächsten Ressortleiters. Denn Landwirtschaftsminister Petr Zgarba könnte womöglich der neueste Skandal - die unseriöse Vergabe lukrativer Grundstücke durch den nationalen Grundstücksfonds - zum Verhängnis werden. Lothar Martin berichtet.
Das tschechische Gesetz über Restitutionen soll in seiner jetzigen Form nach Lage der Dinge zum Jahresende auslaufen. Mit anderen Worten: All denjenigen, die ein Anrecht hätten auf den Rückerhalt ihrer im kommunistischen Regime enteigneten Liegenschaften, müsste daher bis zum 31. Dezember das ehemalige Grundstück oder ein alternatives zuerkannt werden. Das trifft auch auf jene Rechtspersonen zu, die Anderen das Rückgaberecht abgekauft haben. Scheinbar aus diesem Zeitdruck heraus hatte der nationale Grundstückfonds im Frühjahr dieses Jahres ein dreiwöchiges Sonderregime vollzogen, bei dem Rückgabeanträge ungewöhnlich schnell bearbeitet wurden. In dieser Zeit sind auch mehrere lukrative Grundstücke in der Umgebung von Prag, die insgesamt 600 Hektar umfassen, an Spekulanten vergeben wurde. Denn wie sich nun herausstellte, sind dabei Grundstücke, die mehr als eine Milliarde Kronen wert sind, zu einstelligen Millionenbeträgen veräußert worden. Ein Skandal ersten Ranges, für den nicht zuletzt der Vorsitzende des Präsidiums des Grundstückfonds, Landwirtschaftsminister Petr Zgarba, verantwortlich gemacht wird. Doch dieser wehrt sich gegen solche Vorwürfe, auch mit der Begründung, erst seit Frühjahr im Amt zu sein. Deshalb rief er am Dienstag erst einmal vier Mitglieder des Exekutivausschusses des Fonds von ihren Posten ab und begründete diese Entscheidung wie folgt:
"Ich persönlich habe interne Informationen über den Grundstückfonds. Darüber, dass sich eine Person direkt an der Vergabe der spekulativen Grundstücke beteiligt hat. Mit größter Wahrscheinlichkeit war dies Ingenieur Ivan Visnak. Die anderen Mitglieder des Exekutivausschusses sind Leute, die den Grundstückfonds leiten."
Doch wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Und so hat Frantisek Brozik, einer der drei weiteren entlassenen Exekutivausschussmitglieder auch gleich verraten, wie seiner Meinung nach die unseriöse Grundstückvergabe damals abgelaufen sei:
"Diese Prozedur haben zwei Mitglieder des Präsidiums und ein Mitglied des Aufsichtsrates vorbereitet. Und sie haben es so geschickt gemacht, dass sie erst abgewartet haben, bis Minister Palas abberufen wurde und Minister Zgarba in seine erste Präsidiumssitzung kam, ohne zu wissen, wie er das Präsidium zu leiten habe, wer wie über etwas abzustimmen hat. Und bei dieser Sitzung hat man ihm das neue Verfahren sozusagen untergeschoben, so dass dieses dreiwöchige Sonderregime zustande kam. An dieser Sitzung hat der Exekutivausschuss überhaupt nicht teilgenommen."
Nicht zuletzt dank dieser und ähnlicher Aussagen überschlagen sich derzeit bei diesem Skandal die Ereignisse. Minister Zgarba gedenkt nun nämlich auch, einige Mitglieder des neunköpfigen Präsidiums des Fonds austauschen zu lassen. Doch der Opposition genügen diese Konsequenzen nicht. Der Prager Oberbürgermeister Pavel Bem (ODS) äußerte jedenfalls:
"Die politische Verantwortung für den Skandal liegt ganz bestimmt bei den Mitgliedern des Präsidiums des Grundstückfonds, und ich bin überzeugt davon, auch bei der Person von Landwirtschaftsminister Petr Zgarba."
Mit Sicherheit also ist in diesem Skandal das letzte Wort noch nicht gesprochen.