Sudoku umsonst

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Als Prager Neuankömmling hat man es nicht leicht. Jedenfalls dann, wenn man der tschechischen Sprache nicht mächtig ist - so wie ich. Aber irgendwo findet sich ja immer jemand, der ein paar Brocken Englisch oder Deutsch spricht. Da freut man sich umso mehr, wenn die Menschen freundlich und hilfsbereit auf einen zukommen.

Noch besser wird es dann, wenn man als "Neuer" etwas umsonst bekommt. Aber, "ups": Was hat mir denn die junge Frau in dem orangefarbenen Outfit da gerade in die Hand gedrückt? Eine Zeitung, natürlich eine Tschechische. Egal, Bilder anzuschauen ist auch ein schöner Zeitvertreib. Und plötzlich halte ich schon zwei Zeitungen in der Hand. Wo kam die denn her? Egal, vielleicht kann ich mir aus den bunten Bildern meine eigene Nachrichtenmeldung zusammenraten. Vaclav Klaus in strahlender Pose: Ist das jetzt gut oder schlecht? Das nächste Mal sollte ich meine Gutmütigkeit wohl besser zurückschrauben und dankend ablehnen: "Ne, dekuji!" Ich verstehe ja sowieso nichts. Letztlich bin ich gegen 8 Uhr morgens stolze Besitzerin dreier Zeitungen: Metro, Expres und 24 Hodin.

Moment mal, ich kann doch gar kein Tschechisch. Hätte ich doch auf meine Eltern gehört und vorher einen Intensivsprachkurs belegt. Ein Blick auf die letzte Seite gibt mir neue Hoffnung und hindert mich daran, den nächsten Mülleimer anzusteuern. Denn vielleicht kann ich die Zeitungen ja doch noch gebrauchen: Sudoku - der internationale Rätselspaß ohne Buchstaben! Der Tag ist gerettet.

Trotzdem frage ich mich, ob drei Gratiszeitungen nicht zuviel des Guten sind. Aber wahrscheinlich hat jeder Prager bereits seine Lieblingsgratiszeitung gefunden und trägt nicht - wie ich - drei unterschiedliche Exemplare mit sich herum. Ebenso habe ich bemerkt, dass die Verteiler der Zeitungen wie Magnete wirken. Kaum hat die Bahn ihre Türen geöffnet, zieht es die Aussteigenden zu ihren allmorgendlichen Gratisblättchen. Kostenlose Dienstleistungen sind wirklich angenehm.

Erfreut darüber, dass ich wenigstens Sudoku verstehe, schnappe ich mir eine Zeitung und fange an zu grübeln. Nach einer halben Stunde und ohne jeglichen Hinweis auf die nächste Zahl, lege ich überfordert die Zeitung beiseite und sehe mich im Internet nach Tschechisch-Sprachkursen in Prag um. Schließlich möchte ich auch bald lesen können, was in meinem Horoskop steht.