Taborsky: Dem tschechischen Clubfußball fehlen kreative Spieler
Der tschechische Clubfußball hat bei seinem jüngsten Auftritt im UEFA Cup eine kräftige Ohrfeige erhalten. Weshalb das durchaus kein Zufall war, damit setzen wir uns im Sportreport auseinander, in dem diesmal auch einige so genannte Randsportarten zu Wort kommen.
Die Tops und Flops der tschechischen Sportwoche
Das nicht olympische Unihockey, in Tschechien als Florbal bezeichnet, hat sich in Böhmen und Mähren zu einer relativ populären und erfolgreichen Sportart entwickelt. Denn nach Schweden und Finnland, deren Spielerinnen und Spieler die absolute Weltspitze in dieser Sportart verkörpern, rangiert sich Tschechien mit der Schweiz und ein zwei anderen Ländern gleich nach den beiden Topnationen ein. Dementsprechend treten tschechische Florbal-Teams stets mit gewissen Medaillenhoffnungen bei internationalen Meisterschaften an. So verhält es sich auch bei der zweiten Unihockey-Weltmeisterschaft der Juniorinnen, die zurzeit in Deutschland ausgetragen wird. Zu den Ambitionen ihrer Mannschaft sagte Auswahltrainerin Karolina Satalikova vor dem WM-Turnier:"Gern würden wir uns bis ins Halbfinale vorarbeiten. Ausschlaggebend dafür werden in erster Linie unsere Begegnungen mit Lettland und Russland sein, die ich für unsere Schlüsselspiele in der Gruppe A halte. Bei den Russinnen weiß man nie, mit welchem Kader sie anreisen. Aber sie spielen auch ein gutes Unihockey."
Nun, ihr erstes so genanntes Schlüsselspiel haben die tschechischen Juniorinnen gleich am Montag in Naunhof gegen die Russinnen bestritten, und es - zur Freude ihrer Fans - mit 7:3 gewonnen. Gegen die Favoritinnen aus Schweden gab es am Dienstag eine durchaus erwartete 1:7-Niederlage. In ihren weiteren Gruppenspielen haben sie außerdem Lettland, Polen und Ungarn zum Gegner.
Auch in einer anderen Randsportart hatte die Tschechische Republik in diesen Tagen Grund zum Jubel. Und zwar im olympischen Tischtennis, einer Sportart, in der man mit Milan Orlowski (1974) und Ilona Vostava (1968) auch schon zwei Einzel-Europameister hervorgebracht hat. In den zurückliegenden Jahren aber hält einzig und allein Ex-Junioren-Europameister Petr Korbel (1988) die Fahne des tschechischen Tischtennissports hoch. Umso größter daher die Freude, dass die Europäische Tischtennis-Union (ETTU) Anfang des Monats Tschechien das Austragungsrecht für die Europameisterschaft im Jahr 2010 zuerkannt hat. Die kontinentalen Titelkämpfe werden in Prag ausgetragen. Wo genau, dazu sagte der Generalsekretär des nationalen Tischtennisverbandes, Premysl Fulin:
"Es wird auf jeden Fall in der Sazka Arena gespielt. Und wie es zurzeit aussieht, wird bis zum Jahr 2010 noch eine weitere neue Halle in Prag entstehen, die wir als Spielort nutzen wollen. Die EM bedeutet für uns natürlich ein sehr großes Prestige, denn nach 24 Jahren wird das Championat damit erneut nach Prag zurückkehren."
Nicht mehr zurückkehren auf die Trainerbank des 1. FC Slovacko, der in der tschechischen Gambrinus Liga das Tabellenende ziert, wird Trainer Jiri Plisek. Die Funktionäre des mährischen Fußballclubs wollten trotz der miserablen sportlichen Situation an ihm als Trainer festhalten, doch Plisek trat wegen der ihm gegenüber zugenommenen Anfeindungen aus dem Umfeld des Vereins am Dienstag selbst zurück. Vielleicht auch, weil er aufgrund der unerträglich gewordenen Missstimmung bereits den Kopf verloren hatte und daher nach der 0:2-Niederlage im letzten Heimspiel gegen Pilsen nicht zur Pressekonferenz erschien. Ein Vergehen, das seinem Verein eine Geldbuße von 20.000 Kronen (ca. 700 Euro) bescherte. Ligachef Ivo Lubas erklärte dazu:
"Jeder Ligatrainer hat die Verpflichtung, an der Pressekonferenz nach dem Spiel teilzunehmen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung hat eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Kronen zur Folge. Dass die Funktionäre des 1. FC Slovacko bzw. Trainer Plisek diese Bestimmung möglicherweise nicht kennen, möchte ich hier nicht kommentieren."
Aber wir wollen in den nächsten Minuten das Geschehen im tschechischen Clubfußball ein wenig kommentieren. Also, bleiben Sie dran!
Die SPORT- Reportage
Wie wir Sie bereits jüngst in einem Tagesecho-Beitrag informiert haben, musste der tschechische Clubfußball am zweiten Gruppen-Spieltag des diesjährigen UEFA Cups gleich drei herbe Pleiten einstecken. Die derzeit auf den ersten drei Plätzen in der höchsten Spielklasse des Landes, der so genannten Gambrinus Liga rangierenden Mannschaften - Titelverteidiger Slovan Liberec, der AC Sparta Prag und der FK Mlada Boleslav - haben nach ihren Niederlagen in Braga, Waregem bzw. zu Hause gegen Panathinaikos Athen fast schon alle Chancen auf ein Weiterkommen in diesem Wettbewerb verspielt. Da ergibt sich zwangsläufig die Frage: Wie stark ist der tschechische Clubfußball eigentlich gegenwärtig? Eine erste Antwort konnte womöglich schon das Spitzenduell des 13. Spieltags liefern, bei dem sich am Montag Liberec und Sparta Prag in der Jeschkenstadt gegenüberstanden. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Partie hat hierzulande niemanden vom Hocker gerissen und sie endete - wie zu befürchten - mit einem torlosen Remis. Das Ergebnis spielt natürlich in erster Linie den Gästen aus Prag in die Karten, da sie sich dank der Heimspiele gegen die drei größten Kontrahenten in der Rückrunde nun allerbeste Chancen auf den Titel ausrechnen. Deshalb zeigte sich Sparta-Coach Michal Bilek nach der Begegnung in Liberec auch durchaus zufrieden:"Ich denke, dass wir eine sehr gute Leistung geboten haben. Wir haben in der Defensive aufmerksam gestanden und nahezu keine Chancen für den Gegner zugelassen. Daher sind wir mit dem Punkt zufrieden."Slovan-Trainer Vitezslav Lavicka hielt dem entgegen:
"Man muss immer in Betracht ziehen, dass einem ein starker Gegner gegenübersteht, der ein geordnetes Spiel pflegt. Und das galt auch für die heutige Partie, in der es für uns schwierig war, Chancen gegen einen defensiv gut eingestellten Kontrahenten herauszuspielen."
Dass beide tschechischen Spitzenteams vor allem deswegen oben stehen, weil sie über eine gute Abwehr verfügen, bestätige Slovans Torhüter Marek Cech:"Sparta hat erst fünf Gegentore erhalten, und wir auch nur vier. Das zeigt doch schon, dass beide Mannschaften über die beste Defensive der Liga verfügen."
Dass diese Spielweise nicht gerade sehr attraktiv ist, und sie in ihrer tschechischen Ausführung auch so ihre Defizite hat, bekräftigte Fußballexperte Vladimir Taborsky in seiner TV-Analyse nach dem Spiel:
"Es wird heutzutage oft auf einem sehr kleinen Raum gespielt. Die 20 Feldspieler bewegen sich häufig auf einer Fläche von 40 mal 50 oder gar nur 40 mal 40 Metern. Da wird es dann ziemlich schwer, etwas Kreatives zu produzieren. Ich denke, dass uns derzeit vor allem technisch versierte Spieler fehlen, die es auf engstem Raum verstehen, ein zwei Kontrahenten auszuspielen, damit man sich bei Ballbesitz Überzahlsituationen verschafft, aus denen dann Torchancen entstehen."
In der Tat, das oft sehr hausbackene Spiel der tschechischen Clubvertreter reicht längst nicht mehr aus, um international zu bestehen. Vladimir Taborsky findet jedoch, dass die Spielkultur auch auf internationalem Parkett nachgelassen hat:
"Der heutige Fußball ist sehr stark auf Schnelligkeit, Kraft und eine kollektive Taktik ausgerichtet. Das haben wir nicht nur hier in Liberec gesehen, sondern auch bei der WM in Deutschland. Wirklich schöner Fußball, so wie ihn die Zuschauer mögen, wurde nämlich auch zur WM nicht viel geboten."Aber ob nun schöner oder taktisch anspruchsvoller Fußball - dem Ball wird auch in Tschechien weiter nachgejagt. Neben den bereits genannten drei Mannschaften hat für Vladimir Taborsky auch noch der SK Slavia Prag beste Chancen auf die Meisterschaft. Und so ließ er auch noch wissen, was für ihn den Ausschlag geben wird im Titelkampf:
"Ich denke, dass im Frühjahr entscheidend sein wird, wer oft auswärts punkten kann. Im Kampf um die Meisterschaft wird es wirklich darauf ankommen, wie viele Spiele Sparta, Liberec, Mlada Boleslav und möglicherweise auch Slavia auswärts gewinnen werden."