Tschechen lachen über singende Eisbären und Hasen aus Deutschland

'Schnuffel´

Die Tschechen sind ein äußerst tierliebes Volk. Das habe ich relativ schnell erkannt, als ich relativ viele Menschen mit ihren Hunden auf den Straßen Prags gesehen habe. Auch die Deutschen sind tierlieb. Seit einiger Zeit nimmt die Tierliebe aber groteske Züge an, die man in Tschechien in dieser Art nicht kennt: nämlich musikalische Züge.

Seit drei Wochen ist der „Kuschelsong“ die meistverkaufte Single in Deutschland. Der wird von einem kleinen, süßen Hasen namens „Schnuffel“ gesungen. Das ist gerade vor Ostern und für Kinder sehr süß. Aber das Schlimme ist, dass bei Weitem nicht nur Kinder „Schnuffel“ verfallen sind. Das Lied wird von erwachsenen Menschen mit Hochschulabschluss aufs Handy geladen, die es als Klingelton nutzen. Ich bin froh, dass ich dieses Phänomen hier aus Tschechien beobachten kann. Dort, wo Hasen frei umherhoppeln und, zugegebenermaßen, manchmal auch in der Pfanne liegen. Aber eben nicht singen!

Auch musikalische Reptile sind hier weitgehend unbekannt. In Deutschland dagegen schnappte das Krokodil „Schnappi“ im Jahr 2005 von der Spitze der deutschen Chats kräftig zu, und zwar ein halbes Jahr lang. Die Tschechen schütteln bei dieser Art von musikalischer Tierliebe nur den Kopf. Hier besingt man seinen liebsten Vierbeiner nicht, sondern strickt ihm höchstens ein warmes Jäckchen für die kalte Jahreszeit.

Lední medvěd - Eisbär
Die Deutschen haben aber neben schnappenden Krokodilen und schnuffeligen Kaninchen noch eine dritte Tierart ganz tief in ihr Herz geschlossen. Beim Namen „Knuddel-Knut“ werden Sie wissen, was ich meine. Der Eisbär aus Berlin hat gezeigt, wie süß kleine Polarbärchen doch sind. Und es dauerte nicht lange, da gab es auch über Knut zahlreiche musikalische Vertonungen. Das gleiche Spiel ein Jahr später, als die Deutschen ein neues tierisches Wintermärchen erlebten. Da kam „Flocke“ aus dem eisbärigen Geburtskanal gerutscht. Und weil Gleichbehandlung zu den wichtigsten Werten zählt, wurde natürlich auch Flocke kräftig besungen.

Auch in tschechischen Zoos werden Eisbären geboren. In Brno / Brünn kamen im November sogar Eisbärzwillinge zur Welt. Vor einigen Wochen zeigte Mama Cora ihren Nachwuchs erstmals der Öffentlichkeit. Die Besucherzahlen haben sich seitdem verdoppelt. Aber von einer „Eisbärmania“ kann man in Tschechien nicht reden. Es gibt keine Plüschtiere, Spezialbriefmarken wie bei Knut und auch keine Eisbärhymnen. Die Tschechen haben Wichtigeres zu tun. Gassi gehen mit ihren Hunden zum Beispiel. Die sind ganz real. Sie knurren und bellen. Aber singen nicht. Zum Glück.