Tschechen in Leipzig
In ein tschechisches Gasthaus essen zu gehen, um ein deftig- böhmisches Svickova na smetane, einen Lendenbraten mit Sahnesose also, oder einen Moravsky vrabec, einen mährischen Spatz zu probieren, ist in Deutschland neben der Angebotsvielfalt der asiatischen, italienischen und griechischen Restaurants etwas besonderes. Für die in Deutschland lebenden Tschechen dagegen ist ein böhmisch-mährisches Restaurant oft ein Stückchen Heimat, ein Treffpunkt für die tschechischen Einwohner der Stadt. Offiziell sind die Tschechen keine große Minderheit in Deutschland, doch gerade in den Nachbarländern Sachsen und Bayern ist die Zahl der dort lebenden tschechischen Staatsbürger in den zurückliegenden Jahren stetig gewachsen, darunter auffällig viele junge Tschechen. Danilo Höpfner berichtet über die neue tschechische Community in Deutschland am Beispiel der sächsischen Metropole Leipzig.
Tschechisch ist keine Sprache, Tschechisch ist eine Halskrankheit, sagte einst Johann Wolfgang von Goethe, der als ausgewiesener Tschechenfreund- und Kenner galt. Nur mit deren Sprache hatte der Meister des Deutschen so seine Probleme.
Als ehemaliger Leipziger Student hätte Goethe an den aktuellen, tschechischen Bewegungen seiner Stadt sicher viel Freunde gehabt, wenngleich seine Ohren die tschechischen Sprache hätten erdulden müssen.
Ob in der Straßenbahn, im Café oder an der Uni, man spricht neuerdings Tschechisch in Leipzig. Tschechisch, die kleine westslawische Sprache wird man in Zukunft in Sachsens größter Stadt noch öfter hören. Während immer mehr Ur-Leipziger der Stadt den Rücken kehren und ins Umland ziehen, steigt die Zahl der Tschechen, die Leipzig als ihre neue Heimat entdecken, vor allem als Studienort.
Was ist es nun aber, das Leipzig für die Tschechen immer interessanter macht? Gabriela Jenicek, 23 Jahre alt, geboren im mährischen Brno/Brünn, der Partnerstadt Leipzigs, lebt und studiert seit 4 Jahren in der Goethestadt. Bei ihr laufen die inoffiziellen Kontakte der Leipziger Tschechen zusammen:
Vor 10 Jahren noch, kurz nach der Wende war die heruntergekommene Stadt für Tschechen wenig interessant, kaum einer fand den Weg von Böhmen und Mähren hierher. Fünf Jahre später waren es dann schon knapp 90 Tschechen, die sich hier niederließen. Im letzten Jahr registrierte die Stadt Leipzig knapp 300 Neu-Leipziger aus der Tschechischen Republik.
Die enge Partnerschaft zwischen der Karlsuniversität in Prag und der Uni Leipzig ist übrigens schnell erklärt:
Aber selbst die dreieinhalb Stunden Leipzig-Prag muss man gar nicht mehr investieren, zumindest nicht, wenn der Gaumen nach hausgemachter tschechischer Küche verlangt. Urpilsner und Frantiseks Knödelzirkus heißen die ersten beiden tschechischen Restaurants der Stadt. Die Besitzer der beiden Kneipen sich zwar deutsch, haben sich aber bereits auf die neue tschechische Kundschaft eingestellt, allerdings noch nicht ganz zur Zufriedenheit der Neuleipziger, denn ein wesentliches Problem für die Tschechen in Leipzig bleibt:
Auch mit der tschechischen Sprache hapert es in den Gaststätten hier und da noch ein wenig. Die Speisekarten sind in der Regel auf Deutsch geschrieben und selbst die wenigen tschechischen Beschriftungen sind teilweise auch noch falsch. Die komplizierten tschechischen Häkchen und Strichchen über den Buchstaben sind eben nicht jedermanns Sache. Doch die Tschechen sehen das nach, wenn selbst ein Johann Wolfgang von Goethe, mit ihrer eigentlich doch ganz nett klingenden Sprache solch Schwierigkeiten hatte.
Langsam aber beginnt sich die tschechische Minderheit in Leipzig zu formieren, mühsam, aber durchaus effektiv.
Soweit ein kurzer Einblick in das Leben junger Tschechen in Leipzig. Falls Sie mit Gabriela Jenicek in Leipzig Kontakt aufnehmen möchten, sei hier ihre eMail-adresse genannt, unter der sie erreichbar ist: [email protected].