Tschechien erstmals mit Abgeordneten im Europaparlament vertreten

Willkommen in der Gemeinschaft

Dass der EU-Beitritt Tschechiens immer näher rückt, davon zeugen nicht zuletzt die vielen Plakate und Anzeigen, die für ein JA beim bevorstehenden EU-Referendum werben. 24 tschechische Parlamentarier dürfen seit vergangener Woche sogar bereits EU-Luft schnuppern, denn sie nehmen seit Anfang Mai, wenn auch zunächst als Beobachter, an den Beratungen des Europaparlaments teil. Mehr zu diesen beiden Aspekten der kommenden EU-Mitgliedschaft Tschechiens erfahren Sie im folgenden Schauplatz von Robert Schuster.

Was haben die spanische Busfahrerin Isabel Lopez, die österreichische Rentnerin Brigitte Müller oder etwa der portugiesische Fischer Jorge Fereira gemeinsam? Mit den Worten "Willkommen in der Gemeinschaft" wollen sie die Tschechen in eine Pro-Europa-Stimmung versetzen. Seit einigen Wochen haben Plakate mit den zufriedendreinblickenden Gesichtern der besagten drei Europäer buchstäblich das ganze Land überschwemmt. Der Grund dafür liegt auf der Hand, denn in fast einem Monat werden nämlich die Tschechen in einer Volksabstimmung selber entscheiden können, ob ihr Land der Europäischen Union beitreten wird oder nicht. Die Autoren haben bei den Plakaten bewusst auf Vertreter von Ländern gesetzt, die im Verlauf der vergangenen zwanzig Jahr die Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft fanden und wie im Falle Österreichs aus einem vergleichbar grossen Land, wie Tschechien, oder aber aus Ländern wie Spanien oder Portugal kommen, welche dem Beitritt im bedeutenden Masse den eigenen wirtschaftlichen Aufstieg verdanken.

Die erwähnte Plakatserie ist nur ein, wenn auch besonders gut sichtbares, Bruchstück der Europa-Kampagne, die gegenwärtig in Tschechien im Gang ist. Wie wurde sie bisher von der tschechischen Bevölkerung aufgenommen? Das fragte Radio Prag die Europa Expertin Kristina Larischová von der Prager Zweigstelle der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung.

Welche Zielgruppen sollen mit der Kampagne vordergründig angesprochen werden? Es ist z.B. recht auffallend, dass bei den Fernsehspots, in denen wiederum ein irischer Student, eine finnische Angestellte oder aber ein griechischer Kaffeehausbesitzer zu Wort kommen, fast ausschliesslich in den tschechischen Kommerzsendern ausgestrahlt werden, als ob angenommen würde, dass die Zuschauer des öffentlich-rechtlichen Fernsehens sowieso für den Beitritt stimmen würden. Kristina Larischová hat jedoch eine relativ einfache Erklärung dafür:

Gesetzt den Fall, es kommt in der Abstimmung vom 13. und 14. Juni zum s.g. "Grössten anzunehmenden Unfall" und eine Mehrheit der Tschechen spricht sich gegen einen Beitritt aus, was würde dann passieren? Würde es etwa zu Neuverhandlungen Prags mit der EU kommen, oder vielleicht gar zu einer zweiten Volksabstimmung? Kristina Larischová meint, dass ein solches Ergebnis in erster Linie zu einem starken innenpolitischen Erdbeben führen würde und sich insbesondere die Frage nach dem weiteren Bestand der jetzigen Drei-Parteien-Koalition stellen würde, die ja im vergangenen Sommer mit dem dezidierten Ziel angetreten ist dem Land den Weg in die Gemeinschaft zu ebnen.

Ungeachtet des noch offenen Ergebnisses der tschechischen Volksabstimmung, ist die EU-Mitgliedschaft Tschechiens seit vergangenen Montag wieder ein wenig näher gerückt und konkreter geworden. Beginnend mit den Mai-Sitzungen werden nun auch 24 tschechische Vertreter an den Beratungen des Europaparlaments teilnehmen. Diese werden in dem Gremium zunächst Beobachterstatus geniessen und somit bis zum formellen Beitritt des Landes nicht an den Abstimmungen teilnehmen dürfen. In alle übrigen Aktivitäten des Parlaments - wie etwa die Arbeit in den Ausschüssen - werden aber die Mandatare fest eingebunden sein. Tschechien wird mit seinen etwas mehr als 10 Millionen Einwohnern zu den kleineren Mitgliedsländern gehören. Welche Möglichkeiten werden also die tschechischen Parlamentarier in Brüssel und Strassburg künftig haben? Wie wahrscheinlich ist es, dass es ihnen dabei gelingen kann etwas für das eigene Land durchzusetzen, denn schliesslich prägte das Schlagwort von der Wahrung der s.g. tschechischen nationalen Interessen in den letzten Jahren die Europadebatte unter den tschechischen Politikern? Frau Larischová schätzt die Lage folgendermassen ein:

In den gegenwärtigen EU-Ländern wird oft bemängelt, dass häufig nur die zweite Garde, oder höchstens ein paar ausgediente Spitzenpolitiker ins Europaparlament entsendet werden. Lässt sich anhand der jetzigen Vertreter eine Tendenz erkennen, ob das auch auf Tschechien künftig zutreffen wird? Sind es auch eher politische Leichtgewichte, oder schon Kenner der europäischen Materie, die da bis zu den regulären Wahlen zum Europaparlament das Land auf den Sitzungen in Brüssel und Strassburg vertreten werden? Abschliessend kommt noch einmal die Europa-Expertin Kristina Larischová zu Wort:

Liebe Hörerinnen und Hörer, soweit unser heutiger Schauplatz. Für Ihre Aufmerksamkeit bedankt und auf ein Wiederhören freut sich Robert Schuster.