Tschechien will Wirtschaftsbeziehungen zu China ausweiten

Quelle: Wikimedia CC BY-SA 3.0

Die Volksrepublik China bietet europäischen Exporteuren wirklich traumhafte Absatzmöglichkeiten. Aufgrund der Bevölkerungszahl von über einer Milliarde Menschen und der damit verbundenen Kaufkraft können hier fast uneingeschränkt Waren aller Art gehandelt werden. Zudem sind die Chinesen sehr konsumorientiert und werden im Schnitt immer reicher. Ihre Exportchancen auf dem chinesischen Markt nehmen nun auch immer mehr tschechische Unternehmer wahr. China ist der viertgrößte Handelspartner Tschechiens und der zweitgrößte Importeur des Landes.

Lukáš Kovanda  (Foto: Archiv von Lukáš Kovanda)
Die frühere Tschechoslowakei begann den Handel mit China schon in den 1930er Jahren. Seitdem hat sich die Situation mehrfach gewandelt, recht intensive Wirtschaftsbeziehungen gab es zum Beispiel in den 1970er Jahren. Gegenwärtig seien diese Beziehungen auf einem normalen Standard, auch wenn die tschechischen Firmen im Reich der Mitte nicht unbedingt bekannt seien. Dies sagte Radio Prag gegenüber unlängst Lukáš Kovanda von der Prager Hochschule für Ökonomie. Um seine Aussage zu untermauern, fügte Kovanda noch eine kleine Anekdote an. So habe er vor zwei Jahren bei einem Besuch in China vom tschechischen Botschafter in Peking erfahren müssen, dass die Chinesen sehr wohl die populäre Trickfilmfigur des kleinen Maulwurfs kennen, ihnen die Namen tschechischer Unternehmen aber bis auf Ausnahmen gar nichts sagen. Für den stellvertretenden Außenminister Tschechiens, Tomáš Dub, ist auch das ein Grund, weshalb man die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Milliardenvolk weiter verbessern müsse:

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„Es ist im Interesse der Tschechischen Republik und der Europäischen Union, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit erweitert wird, denn China ist ein ganz bedeutender Markt. Umgekehrt gilt das Gleiche. Der europäische Markt ist auch für China interessant, so dass der gegenseitige Handelsaustausch auch das Wirtschaftswachstum beider Seiten stärkt. Natürlich sind die Zuwächse in China höher als in Europa, Investitionen und Handelsaustausch an und für sich sind aber die Gewähr für mehr Wachstum.“

Die Worte des Diplomaten kamen nicht von ungefähr, denn kurz vor seinem Gespräch mit Radio Prag wohnte Dub Ende November dem ersten Gipfel von 16 mittel- und osteuropäischen Ländern mit China bei. Bei diesem Treffen in Bukarest seien auch jene Dinge zur Sprache gekommen, die einer Ausweitung der Handelsbeziehungen mit China derzeit noch im Wege stehen:

Foto: Archiv Škoda Auto
„Vor uns liegt in erster Linie die Phase zur Beseitigung gewisser Barrieren, die es in China natürlich gibt. Das betrifft nicht nur die tschechischen Firmen, denn der Zugang zum chinesischen Markt ist noch längst nicht so einfach und automatisiert, wie das für den europäischen Markt der Fall ist. Sicher, in China sind bereits Unternehmer aller möglichen Branchen vor Ort, doch auch sie suchen nach weiteren Kontakten. Wir versuchen ihnen dabei zu helfen. Stellvertretend für alle tschechischen Firmen möchte ich hier Škoda und die Finanzgruppe PPF nennen.“

Tschechische Botschaft in Peking  (Foto: Archiv des Außenministeriums der Tschechischen Republik)
Hilfe bei der Kontaktaufnahme und Anbahnung von Geschäftsterminen erhalten die Unternehmen sowohl von den Agenturen Czech Trade und Czechinvest als auch durch die an der Botschaft in Peking tätigen Wirtschaftsdiplomaten. Und das zahle sich aus, denn die Möglichkeiten für eine Geschäftsbeziehung mit chinesischen Partnern seien sehr vielschichtig, betont Dub:

„China ist ein solch riesiger Markt, dass wir hier eigentlich in allen Bereichen, in denen wir gut aufgestellt sind, etwas bewirken können. Dazu gehören vor allem der Maschinenbau und die Autoindustrie, aber auch die Dienstleistungen der Finanzgruppe PPF. In China können sowohl kleine, mittlere als auch große Exporteure Fuß fassen. Hier sind folglich auch schon tschechische Architekten mit am Werk, denn der chinesische Markt saugt nahezu alles auf.“

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Weniger lukrativ für tschechische Unternehmen sei indes der Export von Konsumgütern, erläutert der stellvertretende Minister:

„Hier muss ich zunächst bemerken, dass der Lebensstandard nicht überall in China, sondern nur in einigen Landesteilen ansteigt. Die Volksrepublik bemüht sich um die Herausbildung einer Mittelschicht, und die wiederum wird als Konsument von Endprodukten angesehen. Das bedeutet für die tschechischen Hersteller solcher Waren, dass sie ihre Produkte durchaus nach China exportieren können. Das Problem liegt jedoch darin, dass die Chinesen selbst einen hohen Anteil von Verbrauchswaren produzieren und der Transportstrom dieser Waren zurzeit vor allem von China nach Tschechien fließt. Deshalb richten wir unseren Export auf größere Dinge aus, zum Beispiel auf den Maschinenbau.“

Tomáš Dub  (Foto: Archiv des Außenministeriums der Tschechischen Republik)
Im Maschinenbau sind tschechische Unternehmen international durchaus konkurrenzfähig, dennoch bringen viele von ihnen ihre Erzeugnisse außerhalb Europas nicht selbst an den Endkunden. Tomáš Dub sieht darin jedoch keinen großen Nachteil:

„Bestandteil unseres Exports ist auch der Reexport, beispielsweise über Deutschland. Unser Nachbarland übernimmt dabei die Funktion des Motors, denn es ist ein wirtschaftlich starkes Land mit erfahrenen Diplomaten, so dass deutsche Auslandsaktivitäten wirklich Früchte tragen. Wenn also tschechische Firmen hier von deutscher Seite ins Schlepptau genommen werden, dann ist das positiv. Wenn aber tschechische Firmen in der Lage sind, den Export selbst zu stemmen, dann ist der zu erwartende Gewinn natürlich größer. Doch wir als relativ kleines Land müssen uns stets unserer Möglichkeiten bewusst sein, von daher sehe ich nichts Schlechtes darin, wenn wir beim Export mit Deutschen oder Franzosen kooperieren.“

Aber auch in Tschechien selbst wird kooperiert, und zwar zwischen den einzelnen Ressorts. Das Ziel dieser Zusammenarbeit ist klar umrissen: die Stärkung des Exports, der die Lokomotive der tschechischen Volkswirtschaft ist. Und für den Handel mit China gilt das besonders, sagt Dub:

„Wir haben eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet, speziell für die Zusammenarbeit mit China. Darin sind alle Ministerien vertreten. Innerhalb der Arbeitsgruppe suchen wir ständig nach neuen Anknüpfungspunkten in den bilateralen Beziehungen mit China, sei es in der Landwirtschaft, bei den Technologien für den Umweltschutz, aber auch in der Kultur. China ist als Markt einfach so interessant, dass sich dort - wenn möglich - noch viel mehr tschechische Firmen einbringen sollten.“

Jiří Rusnok  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Bei dem bereits erwähnten Gipfel von 16 mittel- und osteuropäischen Ländern mit China in Bukarest wurde die tschechische Delegation vom scheidenden Ministerpräsidenten Jiří Rusnok geleitet. Rusnok unterbreitete dort den Vorschlag, den nächsten Gipfel im kommenden Jahr in Prag auszurichten. Im Jahr 2014 sind es nämlich 65 Jahre seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen China und der damaligen Tschechoslowakei. Der scheidende Premier offerierte den Chinesen zudem die Möglichkeit, in Tschechien zu investieren, vor allem im Mährisch-Schlesischen Kreis.