Tschechiens Beitrag zur Erforschung des Weltalls

Mars (Photo: CTK)

In der heutigen Ausgabe unserer Sendereihe Schauplatz führen Sie Dagmar Keberlova und Robert Schuster im wahrsten Sinne des Wortes in außerirdische Sphären, den sie gehen der Frage nach, wie sich ein Land wie Tschechien an Projekten für die Erkundung des Weltraums beteiligen könnte.

Mars  (Photo: CTK)
Als der amerikanische Präsident George W. Bush vorvergangene Woche in einer lange erwarteten Rede das Ziel verkündete, die Vereinigten Staaten wollten bis zum Jahr 2015 wieder einen bemannten Flug auf den Mond und bis zum Jahr 2030 erstmals eine Landung auf dem Mars unternehmen, hat das der regelmässig wiederkehrenden Mars-Euphorie neuen Auftrieb gegeben. Schon zum Jahreswechsel landeten zwei Sonden auf dem Roten Planeten - eine amerikanische und eine europäische - die seither den Wissensstand der interessierten Öffentlichkeit auf der Erde entweder mit beeindruckenden Fotos von der Oberfläche des Planeten oder durch Hinweise auf ausfindig gemachte Wasserpuren erweitern konnten.

Wie überall in Europa, sind seither auch in Tschechien die Medien voll von teilweise detaillierten Berichten über den Mars und ebenso erfreuen sich auch die tschechischen Sternwarten eines verstärkten Interesses von Seiten der Bevölkerung. Vereinzelt tauchten in den letzten Wochen gerade in den Medien auch Überlegungen auf, ob und wie sich auch Länder von der Größenordnung Tschechiens an solchen prestigeträchtigen Weltraumprojekten, wie der Eforschung des Mars, beteiligen könnten.

Ganz aus der Luft gegriffen, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheinen mag, sind nämlich diese Überleungen nicht, denn schließlich hat Tschechien, bzw. zuvor die Tschechoslowakei während des vergangenen Vierteljahrhunderts sechs eigene Satelliten auf die Erdumlaufbahn bringen lassen. Somit ließe sich also auf einem gewissen Know-How in diesem Bereich bauen. Wie reell sind also die Chancen und Möglichkeiten tschechischer Experten und Unternehmen sich an solchen Projekten zu beteiligen? Darüber unterhielten wir uns mit Marcel Grün, dem Direktor der Prager Sternwarte:

"Ich denke schon, dass wir in dieser Hinsicht etwas zu bieten haben. Unseren Wissenschaftlern fehlt es nicht an guten Ideen und die sechs in tschechoslowakischer und später tschechischer Regie entstandenen Satelliten sind, denke ich, der Beweis dafür. Aber das was uns bislang am meisten fehlte, war die Fähigkeit diese Erkenntnisse auch zu verkaufen. Eine Änderung in dieser Hinsicht könnte vielleicht das Tschechische Weltraumbüro bringen, dass im Herbst vergangenen Jahres ins Leben gerufen wurde und zwar eben mit dem Ziel, dass sich auch tschechische Unternehmen verstärkt z.B. an Projekten im Rahmen der Europäischen Weltraumagentur beteiligen könnten. Erste entsprechende Erhebungen sehen das Potential für tschechische Unternehmen bei 2 Millionen Euro jährlich liegen."

Mars  (Photo: CTK)
Seine Aussage untermauert Marcel Grün mit dem Hinweis auf ein Team von Wissenschaftlern der Technischen Hochschule in Brno/Brünn, die bereits seit vier Jahren relativ eng mit der Europäischen Weltraumagentur (ESA) zusammenarbeiten würden. Das Hauptbetätigunsfeld der Brünner Wissenschaftler liegt, laut Marcel Grün, in der Herstellung von speziellen Kommunikationseinrichtungen, mit denen Satelliten auf eine neue Art und Weise von den irdischen Kontrollzentren aus gesteuert werden könnten.

Bereits jetzt, so Grün, könne von Brünn aus die europäische Experimentalsonde Phase 3D gesteuert werden, die vor fast vier Jahren von der europäischen Trägerrakete Arianne 5 ins All gebracht wurde. Seither gebe es also im Grunde genommen auch in Tschechien eine Art Weltraumkontrollzentrum. Es könne zwar größenmässig nicht mit den amerikanischen in Houston, bzw. Pasadena, oder dem russischen in der Nähe von Moskau verglichen werden, denn das Brünner Kontrollzentrum, das sich im Stadteil Kralovo Pole befindet, bestehe lediglich aus einen Raum mit mehreren Computern. Dennoch gewähre es direkten Kontakt mit dem Weltall.

In Brünn sollen den Worten des Leiters der Prager Sternwarte zufolge auch zentrale Bestandteile des Kommunikationssystems einer neuen europäischen Mars-Sonde entwickelt werden, deren Entsendung die Europäische Weltraumagentur für das Jahr 2009 plane.

Diese enge Mitarbeit mit renommierten Unternehmen der europäischen Raumfahrtindustrie könnte auch zu einer stärkeren Entwicklung dieses Wirtschaftszweigs in Tschechien selber führen, wie Marcel Grün im folgenden erläutert:

"Entscheidend wird hier die Zweckmässigkeit sein. Ich denke, dass Tschechien hier gute Chancen hat und zwar als Lieferant von wichtigen Komponenten für große Einheiten, d.h. hier würde es nicht mehr nur etwa um die Lieferung von einzelnen Messgeräten, sondern wirklich von Bestandteilen für solche Satelliten handeln, die nicht ausschließlich wissenschaftliche Aufgaben wahrnehmen müssen. Tschechien beteiligt sich bereits an einem entsprechenden europäischem Programm mit der Bezeichnung Galileo und das könnte dem Land die Türen in Richtung Weltraumindustrie relativ weit öffnen."

Der ehrgeizige Plan der US-Regierung langfristig eine Landung auf dem Mars vorzubereiten geht, wie bereits eingangs kurz angedeutet, davon aus, dass mittelfristig wieder die Flüge zum Mond aufgenommen werden. Das käme also der Rückkehr zu einer Strategie gleich, die in den 70er Jahren von den Amerikanern - nicht zuletzt auch aus politischen Gründen - forciert, später aber auf Eis gelegt wurde. Warum wurde eigentlich in den vergangenen Jahrzehnten nicht stärker die Möglichkeit genutzt bemannte Missionen in Richtung Mond zu schicken?

"Auch bei der Erkundung des Weltraums liegen die Fragen der Kosten und des Geldes erst an erster Stelle und gerade aus diesen Gründen haben die Amerikaner seinerzeit das Apollo-Programm eingestellt. Man hat dann bemannten Flügen rund um den Erdball den Vorzug gegeben, was auch einer gewissen Logik folgt, nämlich, dass man bei der Nutzung des Alls Schritt für Schritt vorgehen sollte. Ich denke aber, dass die Wiederaufnahme der Mondflüge deshalb wichtig ist, weil der Mond für uns relativ berechenbar ist und wir wissen, was uns dort zu erwarten hat. Wir haben also erst jetzt den wahren Wert der ersten Mondlandungen vor knapp vierzig Jahren und auch die wahre Bedeutung des Mondes zu schätzen gelernt."

Beim gegenwärtigen Stand der Raketentechnik würde der Flug von der Erde in Richtung Mond ungefähr drei Tage dauern, der Weg zum Roten Planeten würde jedoch eine bedeutend längere Zeit in Anspruch nehmen und zwar zwischen sechs und neun Monaten. Das wirft natürlich eine Reihe von weiteren Fragen auf, etwa wie während dieser langen Zeit die Verpflegung der Besatzung sichergestellt werden könnte oder wie es um deren psychischen Verfassung bestellt wäre. Alles in Allem wird also die Erforschung dieser, sowie einer Vielzahl weiterer Aspekte beträchtliche Kosten verursachen. Kann sich also angesichts dieses Umstands die Mars-Mission überhaupt auszahlen? Zu diesem Einwand meint Marcel Grün im folgenden:

"Die Flüge zum Mars werden uns nicht nur zahlreiche neue wissenschaftliche Erkenntnisse bringen, denn damit werden uns wohl in naher Zukunft vor allem unbemannte Sonden versorgen. Aber es ist klar, dass so ein großes Ziel neue Produktionmethoden, neue technische Erfindungen, aber zweifelsohne auch neue Methoden in der Steuerung erfordern werden. Das alles sind also Sachen, deren Bedeutung uns angesichts der Größe des ganzen Vorhabens vielleicht als nebensächlich vorkommen kann, die aber auch sicherlich in unseren Altag Einzug halten werden. Zudem birgt der Rote Planet vielleicht das Geheimnis in sich, wie unser Sonnensystem und das All überhaupt entstanden sind. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass der Mars der einzige Planet ist, wo es für den Menschen möglich sein könnte zu leben. Natürlich ist das jetzt alles noch Zukunftsmusik, und die mögliche Besiedlung des Mars ist eine Aufgabe für kommende Jahrhunderte und Generationen, aber es ist eine Aufgabe, die dem Menschen der Zukunft gebührt."

Eine nicht unwichtige Rolle bei allen künftigen Weltraummissionen wird auch die seit dem Jahr 2000 im All schwebende Internationale Weltraumstation (ISS) spielen. Sie wird zwar jetzt schon von Astronauten als Stützpunkt genutzt, ist aber immer noch nicht endgültig fertiggestellt. Gemäss den ursprünglichen Plänen sollte es dort künftig auch möglich sein bestimmte, für das Leben im All wichtige, Komponenten oder auch Stoffe direkt an Ort und Stelle, also im Zustand der Schwerelosigkeit, herzustellen. Auch zur Entwicklung dieser speziellen Techniken hätten, laut den Worten von Marcel Grün, tschechoslowakische Wissenschaftler in ihren Labors in den vergangenen Jahren einen massgeblichen Beitrag geleistet.

Abschließend hören Sie noch einmal den Direktor der Prager Sternwarte, Marcel Grün:

"Die Internationale Raumstation, so wie sie ursprünglich geplant wurde und hoffentlich auch wirklich fertiggestellt wird, ist ungeheuer wichtig sowohl für die wissenschaftliche, als auch für die angewandte Forschung. Sie ist vor allem für die geplante Herstellung von Komponenten direkt im All notwendig, die dann später auch auf der Erde eingeführt werden könnten. Eine weitere wichtige Funktion der Raumstation besteht auch darin, dass sie es ermöglicht zu erforschen, wie lange ein Mensch im Weltraum leben und wirken kann. In Wahrheit sind also noch längst nicht alle Möglichkeiten der Raumstation ausgeschöpft sondern im Gegenteil, sie vergrößern sich."