Tschechiens EU-Beitrittsverhandlungen gehen in die Endrunde
Wer der Politik nicht ein Mindestmaß an Interesse entgegenbringt, der könnte schon mal kurz den Überblick verlieren: Erst wenige Tage nachdem Prag im Zentrum der weltweiten Aufmerksamkeit stand, wenige Tage nach dem NATO-Gipfel also, auf dem unter anderem die Aufnahme von sieben neuen Mitgliedern in das Nordatlantische Verteidigungsbündnis beschlossen wurde, geht es nun in der tschechischen Politik abermals um eine Erweiterung. Nur dass Tschechien, das ja bereits seit 1999 bei der NATO ist, diesmal selbst zu den Beitrittskandidaten gehört. Über den letzten Stand der Verhandlungen über die künftige Mitgliedschaft in der EU hören Sie folgenden Bericht von Gerald Schubert:
Doch freilich wird gerade in der Schlussphase der Verhandlungen noch versucht, den einen oder anderen Detailaspekt zu modifizieren. Und so hat Premierminister Spidla am Montag im Rahmen von Gesprächen mit EU-Erweiterungskommissar Günther Verheugen und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi nochmals die tschechische Verhandlungsposition dargelegt. Strittig ist vor allem noch die Frage der direkten Unterstützungszahlungen für die Landwirtschaft, wo sich die Tschechen gegenüber den nunmehrigen EU-Mitgliedern benachteiligt sehen. Hier setzt Spidla auf zähe Verhandlungen, und zwar bis zuletzt. Das heißt im Klartext: Wenn es sein muss, auch bis Kopenhagen.
"Wir werden uns bemühen, eine Einigung zu finden. Aber ich kann nicht ausschließen, dass es uns nicht gelingt, vor dem EU-Gipfel in Kopenhagen zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen. Und wenn dies nicht gelingt, dann wird man eben weiter verhandeln."
Doch hat Spidla aus Brüssel auch gute Nachrichten gebracht: Nach neuesten Informationen nämlich soll es im Europaparlament für die Tschechische Republik nun doch 24 statt wie bisher geplant 20 Sitze geben. Damit wäre die Mandatszuteilung mit jener anderer Länder mit ähnlicher Einwohnerzahl vergleichbar.
Insgesamt gilt: Noch sind auf dem Weg Tschechiens in die Union nicht alle Hürden aus dem Weg geräumt. Doch Spidla will im Inland nicht nur als harter Verhandler, sondern gleichzeitig als optimistischer EU-Befürworter auftreten:
"Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Tschechische Republik nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union ein Mitglied zweiter Klasse sein wird. Die Erfahrungen in all jenen Ländern, die bereits beigetreten sind, zeigen, dass nach einer kurzen Übergangszeit eindeutig ein sozialer und wirtschaftlicher Aufstieg erkennbar war."