Tschechiens Fußballer erhalten Lektion von England und Brasilien

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In den vergangenen fünf Tagen ist die tschechische Fußball-Nationalmannschaft auf zwei Große des Weltfußballs getroffen. Und diese Standortbestimmung fiel ernüchternd aus: Gegen England verlor sie in London 0:5, gegen Brasilien in Prag mit 1:3.

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Jaroslav Šilhavý  (Foto: ČTK / AP Photo / Steven Paston)
Seit September vorigen Jahres ist Jaroslav Šilhavý der Cheftrainer der Nationalmannschaft. Seine Bilanz waren bisher drei Siege und eine Niederlage, die Kontrahenten waren die Slowakei, Polen und die Ukraine. Der 57-Jährige hatte das vordem schlingernde Flaggschiff des tschechischen Fußballs also wieder auf Kurs gebracht. Doch nun, im Frühjahr 2019, musste es erstmals in raue See stechen. Denn die Gegner hießen England und Brasilien. Und das tschechische A-Team hat – um im Bild zu bleiben – Schiffbruch erlitten.

Am Freitag traten die Schützlinge von Šilhavý im ersten Qualifikationsspiel zur EM 2020 gegen England an. Vor 80.000 Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion gaben sie jedoch keine gute Figur ab. Zur Pause lagen sie schon 0:2 zurück, und Mittelfeldspieler Tomáš Souček gestand später:

Tomáš Kalas  (rechts). Foto: ČTK / AP Photo / Matt Dunham
„In der ersten Halbzeit waren wir sehr passiv, wir hatten Angst nach vorn zu spielen.“

Nach dem Seitenwechsel änderte sich das Bild ein wenig. Nun hatte auch Tschechien zwei, drei gute Chancen, dafür aber waren die Gäste noch anfälliger in der Abwehr. Sie kassierten drei weitere Treffer, darunter ein Eigentor durch Tomáš Kalas. Dazu sagte der Innenverteidiger:

„Die drei Tore mussten überhaupt nicht fallen, doch sie waren das Ergebnis des Druckes, den die Engländer auf uns ausgeübt haben. Sie haben natürlich verdient gewonnen.“

Nach dieser Pleite aber durfte nicht lange lamentiert werden, denn am Dienstag wartete das nächste große Kaliber auf die Tschechen: der fünffache Weltmeister Brasilien. Es war die erste Begegnung mit den Südamerikanern vor heimischem Publikum seit 63 Jahren. Entsprechend versuchte Trainer Šilhavý seine Mannen wieder aufzurichten:

„Auch wenn Brasilien ohne seinen großen Star Neymar angereist ist, freuen wir uns alle auf dieses Spiel. Wir bereiten uns gewissenhaft darauf vor, denn wir wollen uns in einem besseren Licht präsentieren als gegen England.“

In der ersten Halbzeit boten seine Spieler dann auch eine couragierte Vorstellung und führten verdient mit 1:0. Die meisten Zuschauer waren angetan vom Spiel der eigenen Mannschaft. Doch nicht jedem von ihnen gefiel, was er vor der Pause zu sehen bekommen hatte. Fan Martin:

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„In der ersten Halbzeit sind die Brasilianer nur lustlos über den Platz getrabt, von ihrer Fußballkunst haben sie nicht viel gezeigt. Aufgrund der Vorberichte in Rundfunk und Fernsehen habe ich ein ganz anderes Spiel erwartet.“

Das wurde es aber noch in der zweiten Halbzeit, als die Gäste um ein, zwei Gänge nach oben schalteten. Das legte die Schwächen der tschechischen Mannschaft offen. Nach dem Ausgleich durch Firmino und einem Doppelpack von Jesus Gil drehte Brasilien die Partie noch auf 3:1 zu seinen Gunsten. Der Torschütze der Gastgeber war Mittelfeldspieler David Pavelka:

„Natürlich war uns bewusst, dass wir gegen Brasilien nicht viele Tore schießen werden. Es ist schön für mich, dass ich getroffen habe, doch für das Team hatte der Treffer kaum einen Effekt. Wir müssen die Tore nun in den für uns wichtigen Spielen erzielen.“

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Der wohl beste Tscheche in beiden Vergleichen war Torwart Jiří Pavlenka, er spielt wie Theodor Gebre Selassi in Bremen. Er schätzt die Lage so ein:

„Keiner unserer Spieler kickt in einem der Top-Clubs und auch nur wenige in anderen europäischen Vereinen. Trotzdem sind wir nach England der zweite Anwärter unserer Gruppe für die EM-Teilnahme. Und nun kommen für uns auch die Spiele, in denen wir beweisen müssen, dass wir dieser Rolle gerecht werden.“

Das müssen die Tschechen im Juni, wenn sie in zwei Heimspielen auf Bulgarien und Montenegro treffen.

Autor: Lothar Martin
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