Kinder- und Jugendtelefon 116 111 hilft in Tschechien seit 30 Jahren

In Tschechien besteht seit genau 30 Jahren eine Telefon-Hotline, bei der Kinder und Jugendliche über ihre Sorgen sprechen können. Unter der Nummer 116 111 finden sie Hilfe und Beratung.

Am Anfang gab es ein paar Enthusiasten, die sich vom Vorbild ChildLine in Großbritannien inspirieren ließen. Damals war die Leitung mit fünf Mitarbeitern besetzt, heute sind es mehrere Dutzend, die sich am Telefon abwechseln und Kindern und Jugendlichen in Notlagen helfen.

Am 1. September 1994 begann die Kinderberatung per Telefon, heute helfen die Mitarbeiter von Linka bezpečí auch per E-Mail oder Chat. Radek Dudáš ist Vorstandsvorsitzender des Vereins:

„Die Helpline bietet Kindern, Jugendlichen, Studenten und allen, die in ihrem Interesse handeln, Unterstützung. Wir sind 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche und völlig kostenlos erreichbar. Wir werden jährlich rund 100.000 Mal kontaktiert, wobei diese Zahl kontinuierlich steigt.“

Im Laufe der drei Jahrzehnte haben sich die Fragen oder Probleme, die Kinder und Jugendliche besonders beschäftigen, verändert. Vor 24 Jahren sprach Zuzana Baudyšová, die Gründerin von Linka bezpečí, über die zahlreichsten Themen:

„Familiäre Probleme stehen an erster Stelle: der Mangel an Kommunikation in Familien, leider auch Gewalt, Alkohol, die übermäßige Strenge der Eltern, Spannungen um die Ehescheidung. Kinder sind sehr empfindlich gegenüber all dem.“

Die derzeitige Leiterin der fachlichen Aktivitäten, Kateřina Lišková, berichtet über ihre aktuellen Erfahrungen:

„Die erwähnten Themen gibt es immer noch, aber weniger häufig, sie stehen im Hintergrund, hinter den psychischen Problemen. Diese machen bis ein Drittel der Themen aus, mit denen sich die Klienten an uns wenden. Am häufigsten geht es um Selbstmordgedanken und Selbstbeschädigung in ernsten Lebenssituationen. Es treten depressive Zustände und Angstzustände auf.“

Im September, wenn das Schuljahr beginnt, suchen die Kinder häufiger als sonst nach Hilfe und Beratung. Man habe es in dieser Zeit vor allem mit der Angst vor Mobbing zu tun, ergänzt Radek Dudáš.

Etwa zwei Drittel der Anrufenden sind Mädchen, ein Drittel machen Jungen aus. Die Anonymität ist ein wichtiger Grundsatz der Beratungsstelle. In schwerwiegenden Fällen kann der Kunde diese jedoch aufgeben und wird mit einer anderen Einrichtung in Verbindung gesetzt, die ihm angemessene Hilfe leisten kann.

Kateřina Lišková | Foto: Linka bezpečí

Kateřina Lišková erwähnt einen Fall, der zeigt, was für sie an der Arbeit am Kinder- und Jugendtelefon seit Jahrzehnten motivierend ist:

„Eine inzwischen schon erwachsene Frau hat uns jüngst geschrieben und sehr gedankt. Sie schrieb uns, sie habe beim Rückblick auf ihre Kindheit erkannt, dass sie damals dank unserer Beratung medizinische Hilfe aufgesucht und eine Therapie gestartet habe. Eben der Kontakt mit der Helpline war für sie der primäre Impuls, wegen dem sie heute noch am Leben ist. Angesichts solcher Geschichten sagen wir uns, dass unsere Arbeit zwar schwer, aber auch schön und sinnvoll ist.“

Die telefonische Beratung ist heute nicht mehr die einzige Tätigkeit von Linka bezpečí. Immer mehr wird auf Prävention gesetzt, um möglichst viele Kinder anzusprechen und deren Probleme frühzeitig aufzuspüren.

Autoren: Markéta Kachlíková , Lucie Pávová
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