Ärzte beunruhigt: Tschechische Jugendliche leiden massiv unter Depressionen und Ängsten

Die tschechischen Jugendlichen haben in ungeahntem Umfang psychische Probleme. Dies ist das Ergebnis einer Studie unter Neuntklässlern. Am Montag hat das Nationale Institut für seelische Gesundheit die Ergebnisse vorgestellt.

Schon während der Corona-Zeit haben sich Ärzte und Eltern auch in Tschechien immer wieder Sorgen gemacht um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Im Frühling dieses Jahres wurde hierzulande daher mit einer Pilot-Studie zu dem Thema begonnen. Beteiligt waren das Nationale Institut für seelische Gesundheit (Národní ústav pro duševní zdraví, NUDZ) und die Schulinspektion (Školní inspekce). Mehr als 6000 Neuntklässler aus ganz Tschechien wurden befragt. Nun liegen die Ergebnisse vor. Demnach zeigen 40 Prozent der Jugendlichen Anzeichen einer mittleren bis schweren Depression. Weitere 30 Prozent leiden unter Ängsten. Die Wissenschaftler sind geschockt…

Illustrationsfoto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

„Aus den Ergebnissen der Studie geht hervor, dass die Kinder und Jugendlichen in Tschechien – in dem Fall die Neuntklässler – in deutlich größerem Umfang psychisch belastet sind, als wir angenommen haben“, so der Psychiater Matěj Kučera in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Und sein Kollege Petr Winkler, der Leiter des Nationalen Instituts für seelische Gesundheit, ergänzt:

„Die Zahlen sind auch deswegen so alarmierend, weil sie das unterstreichen, was uns aus dem Alltag berichtet wird: dass Schüler in größerem Maß als früher Depressivität zeigen, sich selbst verletzen oder sogar Selbstmordversuche unternehmen.“

Eine weitere Erkenntnis ist, dass Mädchen doppelt so häufig betroffen sind von psychischen Problemen wie Jungen. Sie leiden ganz offensichtlich deutlich stärker unter dem gesellschaftlichen Druck der heutigen Zeit.

Petr Winkler | Foto: Kateřina Cibulka,  Tschechischer Rundfunk

„Mit Sicherheit spielen da Phänomene der späten Informationsgesellschaft eine Rolle: Das sind Social Media, die Betonung von Individualität, die Ansprüche an das Aussehen und die Erwartungen, was man alles leisten muss. Das setzt besonders junge und heranwachsende Menschen psychisch enorm unter Druck“, schildert Institutsleiter Winkler.

Die Erhebung ist im Übrigen nicht nur hierzulande einmalig. Vergleichbares wurde auch in anderen Ländern Mittel- und Osteuropas noch nicht unternommen.

Was kann nun aber getan werden, um die Verfassung der Heranwachsenden zu verbessern? Psychiater Kučera sieht die erste Aufgabe bei den Eltern und verweist zudem auf Engpässe beim Fachpersonal:

Illustrationsfoto:  Hans Kretzmann,  Pixabay,  Pixabay License

„Die Eltern sollten im ersten Schritt eine offene Diskussion führen und sich nicht vor dem Thema fürchten. Das bedeutet, auch gegenüber sich selbst ehrlich zu sein und zu schauen, wie man sich selbst fühlt. Auf der anderen Seite gibt es hierzulande nur sehr wenige Kinderpsychologen. Weil solcherart Hilfe häufig fehlt, ist die Prävention umso wichtiger. Das bedeutet, rechtzeitig aufmerksam zu werden und zu handeln.“

Und dasselbe empfiehlt Kučera auch den Lehrern.

Sein Institut wiederum will eine Plattform aufbauen, um die seelische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen regelmäßig unter die Lupe zu nehmen – und um eine breite Skala an Präventionsmaßnahmen anbieten zu können. Denn laut dem Psychiater zeigen Daten aus anderen Ländern, dass dies Erfolg hat und kostengünstig ist.

Autor: Till Janzer | Quellen: Český rozhlas , ČTK
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