Tschechische Autofahrer fühlen sich von deutschen Polizisten schikaniert
Die Tschechische Republik ist Teil des Schengenraums. Das heißt, es gibt am Grenzübergang keine Passkontrollen zwischen Tschechien und Deutschland. Kontrolliert wird trotzdem. Und wenn man den Ministerien und den Berichten glauben darf, dann gehen deutsche Polizisten bei der so genannten Schleierfahndungen nicht gerade zimperlich vor. Viele Tschechen empfinden dies als Schikane.
Es geschah im vergangenen Winter in einer kleinen Polizeistation in Bayern, nahe der tschechischen Grenze. Ein dreißigjähriger, tschechischer Unternehmer wurde von Polizisten genötigt sich nackt auszuziehen. Zivilbeamte hatten ihn zuvor auf der Autobahn kurz hinter der deutsch-tschechischen Grenze angehalten und aufs Revier geleitet. Der Mann war vertraut mit den Praktiken der deutschen Schleierfahnder. Schon einmal hielten sie ihn des Nachts an, reichten ihm einen Becher und befahlen ihm in Babysprache: „Pipi!“ Vladimír Řepka aus der Presseabteilung des tschechischen Innenministeriums berichtet über etwa 60 solcher und ähnlicher Beschwerden seit Tschechien im Dezember 2007 dem Schengenraum beigetreten ist:
„In den vergangenen Monaten ist die Zahl dieser Beschwerden gestiegen. Das hat sicher auch mit der Medialisierung dieser Probleme zu tun. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, dass die Zahl der Beschwerden verglichen mit der Zeit kurz nach unserem Beitritt zum Schengenraum insgesamt sinkt.“
Dennoch: Das tschechische Innenministerium sah sich zu offiziellen Beschwerden bei deutschen und bei EU-Behörden gezwungen. Bislang erfolglos. Dabei ist die Schleierfahndung – im Polizeideutsch „verdachtsunabhängige Personenkontrolle“ - auch in Deutschland durchaus umstritten. Kritiker meinen, sie verletze das Grundgesetz, da sie der Polizei willkürliche Diskriminierung ermögliche. Und von der fühlen sich Tschechen überdurchschnittlich häufig betroffen. Lothar Hofner, Pressesprecher im sächsischen Innenministerium beschwichtigt:
„Natürlich hat sich die sächsische Polizei an die Gepflogenheiten zu halten. Mir sind derartige Beschwerden in dieser Größenordnung auch nicht bekannt. Sollte dies aber der Fall sein, werden die zuständige Dienststelle und der Vorgesetzte darauf hinwirken, dass das nicht stattfindet.“Auf die Schleierfahndung an sich will man laut Hofner nicht verzichten, und zwar dort wo man Kriminalitätsschwerpunkte ausmacht. Und da arbeite man auch mit der tschechischen Seite zusammen, meint Hofner.
Im tschechischen Innenministerium ist man dennoch erbost über die willkürlichen Kontrollen, die offenbar hauptsächlich in Bayern durchgeführt werden. Laut Pressesprecher Řepka denkt man über Gegenmaßnahmen nach:
„Einer dieser Schritte könnte auch die Verschärfung der Kontrollen deutscher Fahrer auf unserer Seite der Grenze sein. Aber es ist mir wichtig zu sagen, dass es sich hierbei nicht um eine Vergeltungsmaßnahme handelt. Auf keinen Fall wird es auf der tschechischen Seite zu ähnlichen Vorgängen kommen, wie auf deutscher Seite.“