Hoffnung LNG: Sachsen und Tschechien wollen Flüssiggasterminal an der Ostsee
Am Montag trafen in Prag der Ministerpräsident Sachsens, Michael Kretschmer (CDU), und Tschechiens Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) zusammen. Zentrale Themen der Zusammenkunft waren die Energiesicherheit und die Unabhängigkeit von Russland.
Sowohl in Tschechien als auch in Deutschland zieht man in dieser Richtung an einem Strang, und viele Blicke sind auf das Thema Flüssigerdgas gerichtet. Michael Kretschmer sagte dazu:
„Das LNG-Terminal in der Ostsee ist ein Anliegen der Ministerpräsidenten der neuen Länder. Das verbindet uns mit der Tschechischen Republik. Wir wollen und brauchen diese Infrastruktur – nicht nur in der Nordsee, sondern eben auch in der Ostsee. So wollen wir die jetzige Pipelinestruktur in Deutschland nutzen.“
Das angedachte LNG-Terminal soll am Standort Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern entstehen. Warum auch Tschechien einen Standort in den neuen Bundesländern begrüßen würde, erklärte Petr Fiala bei der gemeinsamen Pressekonferenz:
„Für Tschechien ist es sehr gut, dass wir hinsichtlich eines LNG-Terminals im Osten Deutschlands eine Meinung mit den neuen Bundesländern teilen und uns dafür einsetzen, dass die Terminals nicht nur im Westen sind. Das ist für uns von Vorteil, denn wir benötigen an jenen Orten Kapazitäten in den LNG-Terminals, von wo aus wir das Erdgas über Pipelines nach Tschechien bringen können.“
Und genau das ist mit der Ostseeküste eher gegeben als mit der Nordsee.
Beide Politiker sprachen auch über ein weiteres Thema, das die Menschen in beiden Ländern derzeit bewegt: die geplante Schnellfahrstrecke zwischen Prag und Dresden. Michael Kretschmer bezeichnete den geplanten Erzgebirgsbasistunnel als „ein Generationenprojekt, das uns gemeinsam verbindet und das wir zusammen realisieren wollen. Dieses Vorhaben wird die Verkehrsverbindungen in Mitteleuropa komplett verändern.“
Den Bau des Eisenbahntunnels sei Petr Fiala zufolge eine große Herausforderung. Der Premier informierte über den aktuellen Stand der Planungsarbeiten.
„Einer der Meilensteine wird die Projektdokumentation sein. Diese wollen wir bis Ende 2024 abschließen. Bereits bis Ende dieses Jahres soll der Einfluss des Baus auf die Umwelt beurteilt werden. Und so werden wir schnellstmöglich fortfahren, um den Tunnel schließlich zu bauen. Je schneller wir jetzt in der Vorbereitungsphase sind, desto eher kann der erste Spatenstich in Tschechien erfolgen.“
Sachsens Ministerpräsident betonte zudem: „Der größte Wunsch der Menschen in der Region ist in Erfüllung gegangen: Die Strecke wird nicht offen oder als halber Tunnel geführt. Stattdessen wird es einen Erzgebirgsbasistunnel geben. Damit wird der Lärm aus dem Elbtal herausgenommen.“
Fiala und Kretschmer gingen auch auf weitere Aspekte der tschechisch-sächsischen Zusammenarbeit ein. So sagte der tschechische Premier:
„Die Zusammenarbeit ist sehr eng – etwa bei den Sicherheitsorganen wie Rettungsdienst, Feuerwehr, Polizei und Justiz. Die Kooperation zeigt sich aber auch in Bereichen wie Wirtschaft, Bildung und Forschung.“
Beide Politiker betonten zudem die Notwendigkeit der Begegnung von Menschen aus beiden Ländern. Kretschmer hob hervor, dass sich während der Coronapandemie gezeigt hätte, wie stark das sächsisch-tschechische Grenzgebiet ein „gemeinsamer Lebensraum“ geworden sei. Fiala sagte zudem, beide Politiker seien bei ihrem jetzigen Gespräch dahingehend einig gewesen, dass man die Jugend beider Länder noch näher zusammenbringen wolle.
Kretschmer lobte Tschechien zudem für seinen energiepolitischen Kurs und die Nutzung der Atomkraft. Man dürfe die Menschen durch den Ausstieg aus der Kernenergie angesichts der aktuellen Lage nicht weiter verunsichern, so der Ministerpräsident.
Einigkeit herrschte also in vielen entscheidenden, aber nicht in allen Fragen. So hatte Kretschmer in der Vergangenheit die Sinnhaftigkeit von Sanktionen gegen Russland in Frage gestellt. Auch nach den Kriegsverbrechen von Butscha sprach er sich gegen ein Energieembargo gegen Putins Regime aus. Die tschechische Politik vertritt generell einen härteren Kurs. Auf die Frage eines Journalisten, ob auch diese Differenzen Bestandteil der Zusammenkunft gewesen seien, antwortete Kretschmer mit diplomatischer Korrektheit:
„Ich verstehe die tschechische Haltung und weiß, dass es viele Gründe dafür gibt. Ich habe großen Respekt für Ihre Entscheidungen – auch wenn ich vielleicht an der einen oder anderen Stelle eine andere Abwägung getroffen hätte.“