Tschechische Basketball-Damen holen erstmals EM-Gold - Deutscher Crack Benda wieder in Tschechien aktiv
Endlich der Titel! Schon acht Silber- und acht Bronzemedaillen haben tschechoslowakische und tschechische Basketballspielerinnen in der Geschichte der Europameisterschaften der Damen, die bisher 30 Mal ausgetragen wurden, errungen. Seit vergangenem Sonntag, als das diesjährige europäische Championat im türkischen Ankara zu Ende ging, ist nun erstmals auch eine golden glänzende Medaille hinzugekommen.
"Die erste Halbzeit spielten wir nicht gut, wirkten etwas gehämmt. In der Pause aber haben wir uns gesagt: Wir versuchen noch etwas zu reißen. Erneut begannen wir nicht gut, lagen schon um 14 Punkte zurück, doch wie von einem Zauberstab geführt holten wir langsam aber sicher auf. Darauf waren die Russinnen nicht vorbereitet und ich denke, ihnen ist es sogar völlig entgangen, als wir mit einem Punkt führten. Das ging vollkommen an ihnen vorbei."
Die besagte 71:70-Führung für die tschechischen Frauen hatte ihnen die erfahrenste Spielerin im Team, Eva Nemcova, mit einem Drei-Punkte-Korb acht Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit heraus geworfen. Dem ließ die 32-Jährige, die 1996 zu Europas bester Basketballerin gekürt worden war, noch einen Punkt von der Freiwurflinie folgen. Danach erfolgte der Abpfiff und der Jubel unter den tschechischen Damen kannte keine Grenzen mehr. Eva Nemcova, die lange auf solch einen einzigartigen Erfolg hat warten müssen, war völlig losgelöst vor Freude:"Für mich ist das ein überaus herrliches Gefühl, etwas, was sich eigentlich gar nicht beschreiben lässt. Ich habe mir einfach gesagt, jetzt ist eh gleich Schluss, es sind nur noch Sekunden zu spielen und wir liegen mit zwei Punkten hinten, da muss ich werfen. Eine andere Chance zum Wurf bietet sich schon nicht mehr, also entweder geht der Wurf in den Korb oder daneben. Wir hatten das Glück, dass er in den Korb gegangen ist, und das ist herrlich. Wir haben es, wir haben das Gold, einfach großartig!"
Jawohl, es war einfach wunderbar und großartig, wie die tschechischen Basketball-Frauen die Europameisterschaft in der Türkei absolviert haben: acht Siege in acht Spielen - sie sind ein verdienter und würdiger Titelträger. Entsprechend ausgiebig und lang waren die Siegesfeiern danach. Nur schade, dass Basketball in Tschechien nicht gerade zu den Publikumssportarten gehört, dann könnten die frischgebackenen Europameisterinnen ihren tollen Erfolg noch besser vermarkten. So wie die Vertreter der Sportart, der wir uns gleich zuwenden werden.Zwischen den wichtigen Spielen der tschechischen Auswahlfußballer in der WM-Qualifikation und der Basketball-EM der Damen in der Türkei hat hierzulande mittlerweile auch die neue Saison im Eishockey begonnen. Es ist die Saison Nummer eins nach dem Gewinn des Weltmeistertitels der tschechischen Cracks in Wien, es ist aber vor allem die erste Saison nach Beendigung des Lockouts in der nordamerikanischen National Hockey League (NHL). Der Neubeginn in der nach wie vor als "bester Eishockeyliga der Welt" gepriesenen NHL hat nämlich zur Folge, dass auch die hiesige Extraliga wieder rund 60 Topspieler nach Übersee ziehen lassen musste. Mit anderen Worten: Stars wie Jaromir Jagr, Tomas Kaberle oder Martin Rucinsky, die einen Riesenanteil am Gewinn des WM-Titels hatten, wird der tschechische Eishockeyfan in dieser Saison bei den Begegnungen der heimischen Extraliga nicht zu Gesicht bekommen. Ein Fakt, dem der Ex-Nationalcoach und jetzige Manager und Trainer von Slavia Prag, Vladimir Ruzicka, jedoch keine überzogene Bedeutung beimisst:
"Selbstverständlich werden uns diese Spieler fehlen, doch wir müssen damit zu Recht kommen, so wie wir auch früher damit klar gekommen sind. Ich denke, wir haben ein solch riesiges Reservoir an guten Spielern, dass der Eishockeyfan auch in dieser Saison auf seine Kosten kommt. Es wird wieder viele junge, talentierte Burschen geben, die auf sich aufmerksam machen wollen, und dann haben wir auch noch genügend erstklassige erfahrene Spieler wie zum Beispiel Robert Reichel in Litvinov, Jiri Beranek bei Slavia Prag, Jiri Dopita in Znojmo oder Jan Caloun in Pardubice, die den Ton angeben werden. Dass diese Spieler hier sind und die Jungen in der Liga führen werden, das ist sehr, sehr wichtig."
In den Clubs, wo der Aderlass der Abgänge besonders groß war, haben die Verantwortlichen weder Kosten noch Mühe gescheut, um interessante Cracks, die auf dem Markt waren, zu verpflichten. In Litvinov zum Beispiel den Kapitän der deutschen Nationalmannschaft Jan Benda, den man dank einer mit ihm vereinbarten Ausstiegsklausel dazu bewegen konnte, den schwarz-gelben Dress überzustreifen. Mit welchen Ambitionen Benda, dessen Eltern aus dem Litvinov nahe gelegenen Duchcov/Dux stammen, dabei in die neue Saison gestartet ist, damit habe ich mit ihm nach dem Auftaktspiel seines Teams in Prag gesprochen:
Wie ist es, nach sieben Jahren wieder in die tschechische Extraliga zurückzukommen? Wie beurteilen sie Ihren erneuten Einstand?
"Ich nie damit gerechnet, wieder in der Tschechischen Republik zu spielen, denn eigentlich wollte ich in dieser Saison wieder in Russland oder in Nordamerika spielen. Deshalb habe ich mich auch mit Litvinov geeinigt, dass ich beim Erhalt eines lukrativen Angebots die Möglichkeit habe, auch mitten in der Spielzeit weggehen zu können. Das ist die Sache mit Litvinov. Das heutige Spiel sah ich zunächst ganz positiv für uns verlaufen, denn dafür, dass wir zwei sich verletzende Center frühzeitig ersetzen mussten, haben wir eigentlich ganz gut gespielt. Nur dann im zweiten Drittel lief alles darauf hinaus: Wer das erste Tor schießt, der wird den weiteren Spielverlauf bestimmen. Das Tor schoss Sparta Prag, und wir haben dann leider nicht mehr die Kraft gehabt, den Ausgleich zu schaffen. In der Endphase der Partie haben wir mit Risiko gespielt, den Torwart aus dem Kasten genommen und halt den 2:0-Endstand kassiert."
Was war letztlich für Sie Ausschlag gebend, wieder in Tschechien zu spielen?
"Natürlich habe ich auch ein gewisses Niveau gesucht, was insofern wichtig für mich ist, dass ich meinen Standard halten kann. Nur, wie gesagt, ich habe eine Mannschaft gesucht, die mir die Möglichkeit gibt, auch während der Saison wegzugehen. Und das hat mir keiner gegeben außer Litvinov."
Sieben Jahre sind seit Ihrem ersten Engagement in der Extraliga vergangen. Könnten Sie schon etwas dazu sagen: Was hat sich in den sieben Jahren hier seitdem für Sie verändert?
"Nun, das Eishockey ist in Tschechien sehr populär. Das ist natürlich sehr schön, wenn man im Land des Weltmeisters spielt und spürt, dass das Eishockey hierzulande sehr akzeptiert wird von den Zuschauern. Es ist schön, hier zu spielen, da man hier auf einer gleichen Ebene steht wie zum Beispiel in Deutschland der Fußballspieler."
Was reizt Sie am meisten, nochmals in der tschechischen Extraliga zu spielen?
"Es reizt mich daran, dass hier sehr schönes offensives Eishockey gespielt wird. Das bedeutet, dass die Produktivität des einzelnen Spielers, der wirklich gut ist, eine größere ist. Zum Beispiel war ich bei meiner Spielzeit in Russland überrascht, dass dort sehr defensiv gespielt wird. Auch wenn ich mich dort durchgesetzt habe und als einer der Topscorer galt, kam man statistisch gesehen weniger zur Geltung. Daher erhoffe ich mir von der hiesigen Liga, dass ich mir hier einen Namen mache und daraufhin ein Angebot aus dem Ausland bekomme, auf das ich eigentlich warte."
Ob sein Warten von einem guten Angebot sich auszahlen wird, das wird sich zeigen. Der tschechische Eishockeyfan jedenfalls ist erfreut, nach der NHL-Starparade in der vergangenen Saison diesmal auch einen Weltenbummler wie Jan Benda in der Liga des Weltmeisters begrüßen zu können. Vielleicht auch ein Grund mehr für deutsche Zuschauer, sich das ein oder andere Eishockeyspiel in Karlovy Vary/Karlsbad, Liberec/Reichenberg, Litvinov, Plzen/Pilsen oder Prag anzuschauen.