Wenn aus Siegern Besiegte werden: Slavia Prag durchlebt lange Niederlagenserie
Im Sport gibt es immer Sieger und Besiegte. Was es aber heißt, wenn aus den Besiegten ständige Verlierer werden und sie somit die Durststrecke einer längeren Niederlagenserie durchleben müssen, das offerieren wir Ihnen an einem Beispiel aus der tschechischen Eishockey-Extraliga.
Die Tops und Flops der tschechischen Sportwoche
Die tschechische Leichtathletik vermeldet einen neuen Dopingfall! Oder besser gesagt: Am vergangenen Freitag wurde über einen Athleten gerichtet, der der Manipulierung seiner Dopingprobe überführt wurde. Es handelt sich um den 23-jährigen Sprinter Lukas Milo, der mit einer Bestzeit von 10,53 Sekunden in diesem Jahr als drittbester tschechischer 100-m-Läufer geführt wurde. Milo hatte seinen Verstoß gegen die Doping-Richtlinien schon bei den Landesmeisterschaften im vorigen Jahr begangen und war dafür von der Disziplinarkommission des Tschechischen Leichtathletik-Verbandes (CAS) gesperrt worden. Allerdings nur für vier Monate bis zum 25. Januar dieses Jahres, als diese Sperre wieder aufgehoben wurde. Sehr zum Missfallen des Antidoping-Ausschusses der Tschechischen Republik, der gegen die Aufhebung Berufung einlegte. Mit Erfolg! Denn am Freitag entschied die Schiedskommission des Tschechischen Olympischen Komitees (COV), Lukas Milo für insgesamt zwei Jahre zu sperren. Weshalb man zu diesem Urteil gelangt sei, dazu sagte der Vorsitzende der Schiedskommission, Gerhardt Bubnik:
"Nachdem er nach einem Wettkampf dazu auserkoren wurde, sich einer Dopingkontrolle unterziehen zu müssen, erwirkte er sich einen mehrstündigen Aufschub dieser Kontrolle, indem er noch zum Staffelrennen antrat. Während dieser Zeit nahm er Unmengen an Flüssigkeit zu sich und versuchte damit seine Körperflüssigkeit zu verdünnen. Außerdem versuchte er mehrmals, seine Blase außerhalb des Kontrollraums zu entleeren, um so erst seinen verdünnten Urin als Probe abzugeben. Das ist ein betrügerisches Verhalten, mit dem er die Echtheit der Dopingkontrolle beschmutzen wollte."
Lukas Milo muss also erst einmal eine lange Pause im Sport einlegen. Die tschechische Basketball-Liga der Herren, die so genannte Mattoni NBL, hat ihre Sommerpause indes beendet. Am Montag sind die nationalen Korbjäger nämlich in ihre neue Punktspielsaison gestartet. Eine Saison, von der sich der Sprecher von Titelverteidiger CEZ Basketbal Nymburk, Jiri Zidek, folgendes verspricht:
"Wir glauben, dass die Mattoni NBL in dieser Saison auf einem höheren Niveau stehen wird als in der vorigen Saison. Das wünschen wir uns schon allein für die Zuschauer. Und was den Titelfavoriten anbelangt, da kann ich nur sagen: Unser Ziel ist es, den Meistertitel zu gewinnen. Von daher glaube ich auch fest daran, dass erneut wir der größte Favorit der Mattoni NBL sein werden."
Die SPORT- Reportage
In der höchsten tschechischen Eishockey-Spielklasse, der O2-Extraliga, ist seit Dienstagabend bereits ein Viertel der Punkterunde in der laufenden Saison 2006/07 absolviert. Jede der 14 Mannschaften hat demzufolge 13 Spiele ausgetragen, und ein Blick auf die Tabelle verrät: Die Liga ist so ausgeglichen wie lange nicht. Nur dreizehn Punkte trennen den Tabellen-Ersten, die Znaimer Adler, vom Tabellenletzten, dem HC Slavia Prag. Und das Pikante daran ist, dass der Hauptstadtclub kein Außenseiter ist, sondern als Vizemeister der vergangenen Saison auch in dieser Spielzeit zu den Titelfavoriten zählt. Nach dem 4:3-Auftaktsieg in Pilsen aber mussten die Spieler um Kapitän Josef Beranek erkennen, dass alter Lorbeer schnell verwelkt, wenn man ihm kein frisches Wasser, sprich: keine neue Taten zuführt. Außerdem bekamen die Schützlinge von Trainer Vladimir Ruzicka zu spüren, dass jeder Lapsus in dieser ausgeglichenen Liga hart bestraft wird. Als die Prager nämlich in Liberec eine klare 4:1-Führung einbüßten, indem sie im Schlussdrittel noch vier Gegentore einstecken mussten, war es mit der gewohnten Gelassenheit vorbei. Verunsicherung und Unruhe machten sich breit in einem Team, das in den letzten Jahren gewohnt war, über die Mehrzahl seiner Kontrahenten zu dominieren. Doch nun gelangen auf einmal die einfachsten Dinge nicht, Torchancen wurden in Serie vergeben und die Abwehr zeigte sich löchrig wie ein Schweizer Käse. Daher folgten dem 4:5 in Liberec noch weitere sechs Niederlagen am Stück, was selbst einen so anerkannten und erfolgreichen Coach wie Vladimir Ruzicka nicht mehr ruhig schlafen ließ. Nach der siebten Pleite, dem 1:2 in Kladno, ließ Ruzicka erstmals sogar den Gedanken an den eigenen Rücktritt laut werden. Umso größer war jedoch seine Erleichterung, als er nach dem 5:3-Heimsieg über den HC Vitkovice Steel am Dienstag konstatieren konnte:"Es war wichtig, dass wir heute gewonnen haben. Für mich war es zwar ein Punktspiel wie jedes andere auch, aber nach sieben Niederlagen in Folge und der daraus für uns entstandenen Situation, nur Tabellenletzter zu sein, bin ich froh, dass die Jungs die Begegnung gemeistert haben. Wieder einmal haben wir 3:0 geführt und mussten dennoch den Ausgleich hinnehmen. In den Schlussminuten der Partie hat uns diesmal aber das Glück ein wenig zur Seite gestanden, so dass wir sie noch zu einem siegreichen Ende gebracht haben."Ruzicka, der als Spieler Weltmeister und Olympiasieger wurde, und der die tschechische Nationalmannschaft im vorigen Jahr auch als Trainer auf den WM-Thron führte, kennt eigentlich nur bessere Zeiten mit seinem Club. Im Frühjahr 1994 hatte er als Aktiver zunächst dazu beigetragen, dass Slavia Prag den Aufstieg in die Extraliga schaffte. Nach seinem Karriere-Ende im Frühjahr 2000 übernahm er am 22. November desselben Jahres bereits das Traineramt. Als Coach führte er die Rot-Weißen im Jahr 2003 zum Titel sowie in den Jahren 2004 und 2006 zur Vizemeisterschaft. Jetzt aber musste auch er zum ersten Mal den Sturz bis in den Tabellenkeller durchleben. Deshalb bringt Ruzicka auch viel Verständnis dafür auf, dass trotz des lang ersehnten Sieges in seinem Team noch längst nicht alles rund läuft:
"Mir fehlt dort immer noch die Ruhe beim Abschluss. Ich sehe den großen Willen meiner Spieler, aber ihnen fehlt noch die Ruhe und Abgeklärtheit vor dem Tor. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Ich verstehe das, denn sieben Mal nacheinander zu verlieren, das hinterlässt so seine Spuren. Von psychischer Seite her ist es nämlich nicht einfach, wenn ein Spiel nach dem anderen in die Binsen geht."Nach der hohen 2:6-Heimniederlage im Lokalderby gegen den Erzrivalen Sparta Prag konnte Ruzicka nicht mehr mit ansehen, wie sich seine Mannschaft quält und von einer Verlegenheit in die andere stolpert. Deshalb gab er zwei Spielern den Laufpass und holte dafür fünf neue Cracks aus dem In- und Ausland. Aber als auch diese Maßnahmen und der zwischenzeitlich vorgenommene Wechsel auf der Torwartposition nicht in den angestrebten Erfolg mündeten, stellte er erstmals auch sich in Frage. "Wenn es der Mannschaft hilft, dann werde ich den Trainerposten zur Verfügung stellen", hatte er nach dem Spiel in Kladno vor Journalisten geäußert. Allen, die Ruzicka kennen und wissen, wie sehr ihm der HC Slavia ans Herz gewachsen ist, musste es so vorkommen, als seien sie im falschen Film. Daher erlebten sie dann auch wieder den "echten" Ruzicka, als der nach dem Sieg über Vitkovice verkündete:
"Natürlich ist es nicht mein Stil, gerade dann von Bord des Schiffes zu gehen, wenn es schon am Untergehen ist. Das würde ich nur schwerlich tun, und selbstverständlich erst recht nicht gegenüber Slavia."
Was Spieler, Fans und Sponsoren mit Vladimir Ruzicka verbindet, ist schnell auf einen Nenner gebracht: Der 43-Jährige ist die Institution, die den HC Slavia Prag verkörpert! Der aus dem nordböhmischen Most / Brüx stammende Ruzicka, der jahrelang in Litvinov und während seiner besten Jahre in der nordamerikanischen NHL spielte, hat den einstigen Zweitligaverein inzwischen zu einem nationalen Spitzenteam geformt. Sowohl als Spieler, Trainer, Manager und seit dem Sommer dieses Jahres auch als Miteigentümer, hatte und hat er nur das Wohl und Wehe des Hauptstadtclubs im Auge. Daher war es dann auch für ihn eine große Freude und Genugtuung, zu erleben, wie ihn viele Eishockeyfans und -experten aus ganz Tschechien darin bestärkten, nicht aufzugeben. Das vorerst beste Geschenk aber machte ihm die Mannschaft mit dem Sieg über Vitkovice. Der dreifache Torschütze David Hruska sprach aus, was alle im Team beschäftigte:
"Selbstverständlich wollten wir nicht, dass er die Mannschaft verlässt. Denn wir können uns nur schwer vorstellen, dass an seiner Stelle jemand anderes stehen würde. Wir haben daher heute auch für ihn gekämpft und sind glücklich, dass wir gewonnen haben. Wir hoffen nun, dass es aufwärts geht."
Wohl noch nie war der Siegesschrei der Slavia-Spieler nach einem gewonnenen Match so laut wie diesmal. Auch daran war zu erkennen: Große Sportsmänner haben immer auch das Tal der Niederlage durchschritten, um sich danach über jeden Sieg wieder so richtig freuen zu können.