Tschechische Differenzen im EU-Konvent
Die Tschechische Republik ist im EU-Konvent mit drei politischen Repräsentanten vertreten, die dort aber alles andere als geschlossen auftreten. Im Gegenteil: Schattenaußenminister Jan Zahradil von der oppositionellen ODS sorgte vergangene Woche für heftige Kritik bei seinen beiden tschechischen Kollegen im Konvent - bei dem sozialdemokratischen Vizeaußenminister Jan Kohout und dem Senator Josef Zieleniec, der im Konvent die Freiheitsunion und die Christdemokraten vertritt. Der Grund: Einen Tag vor Beendigung der entscheidenden Verhandlungen über die künftige EU-Verfassung verließ Zahradil am Donnerstag demonstrativ die Konventssitzung. Silja Schultheis berichtet.
An einer solchen brutalen Manipulation der Konventssitzung wolle er sich nicht beteiligen, so begründete Schattenaußenminister Jan Zahradil sein Vorgehen. Für seine beiden Kollegen Josef Zieleniec und Jan Kohout ein extremer Schritt, der kein gutes Licht auf die Tschechische Republik werfe und Zieleniec dazu veranlasste, am Montag eigens eine Pressekonferenz einzuberufen. Hier unterstrich er zunächst die Bedeutung der gegenwärtigen Debatte über die Zukunft der Europäischen Union für Tschechien:
"Das Land sucht seinen Platz in der Europäischen Union, es wird dem praktischen Prozess dieser Gemeinschaft beitreten. Und gerade der Anfang dieser Suche ist außerordentlich wichtig und legt auf lange Zeit fest, ob wir nach Europa als selbstbewusstes Volk gehen, das sich aktiv an der Bildung des europäischen politischen Lebens beteiligt oder ob wir bei jeder Gelegenheit mit den Türen knallen werden."
Die ODS, so Zieleniec - übrigens einst Mitbegründer dieser Partei - biete heute keine ernsthafte Alternative mehr für einen rechtsorientierten Wähler, der sich von seiner Partei eine aktive Einbindung in das europäische Geschehen wünsche:"Ein Mitte-Rechts-Wähler, der nicht von vornherein eine defätistische, ablehnende Einstellung zu allem hat, was sich in der Europäischen Union tut, hat heute eigentlich keine Partei mehr, die er wählen kann. Alle Alternativen zur ODS auf der rechten Seite - wie die ODA und die Freiheitsunion - sind gescheitert. Die ODS hat hier ein Monopol, und wenn dieses in der Zeit unserer Suche nach einem Platz in der EU erhalten bleibt, dann befinden wir uns bald, so meine ich, völlig am Rand des europäischen Geschehens."
Josef Zieleniec, erwägt daher jetzt über die Gründung einer neuen Partei und will ab sofort diesbezügliche Verhandlungen mit Vertretern des rechten politischen Spektrums aufnehmen.
Jan Zahradil, der ebenfalls auf der Pressekonferenz anwesend war, wies die Vorwürfe von Zieleniec die ODS würde Tschechien an den Rand des europäischen Spektrums führen, entschieden von sich:
"Die Argumente von Zieleniec sind die eines Befürworters eines föderalistischen Europas, der alle anti-föderalistischen Strömungen als extrem einstuft. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass es in der EU unterschiedliche Meinungen gibt - umso mehr durch den Beitritt zehn weiterer Staaten. Niemand kann ein Monopol auf eine einzig richtige Auslegung des Integrationsprozesses für sich beanspruchen."
Im übrigen, so betonte Zahradil abschließend, sei die ODS durchaus eine pro-europäische, aber anti-föderalistische Partei.