Tschechoslowakische Elbe-Schifffahrtsgesellschaft vor 100 Jahren gegründet
Einst war sie die größte Fluss-Reederei in Ostmitteleuropa und entstand nach der Anerkennung der Elbe als internationales Gewässer. Gründer der tschechoslowakischen Elbe-Schifffahrt AG (ČPSL) waren der damalige Staat sowie Banken. Das Parlament segnete den Schritt am 13. Juni 1922 ab.
Der Staat brachte alle Schiffe und Boote, die er als Kriegsreparationen erhalten hatte, in die neue Aktiengesellschaft ein. Es handelte sich um 18 Dampfer, 11 dampfbetriebene Schnellboote, 189 Boote, 7 Kettenschleppschiffe, 12 Hafendampfer, 7 Lastboote, 49 Fähren und 21 weitere Boote. Bei ihrem Entstehen hatte die Firma an ihrem Sitz im nordböhmischen Děčín / Tetschen etwa 1000 Beschäftigte. Die ersten Schiffsbesatzungen bestanden vor allem aus Deutschen, denn diese kannten sich besser auf dem Unterlauf der Elbe aus. Erst als die Schifffahrt als Ausbildungsfach hierzulande eingeführt wurde, konnte die ČPSL in größerem Umfang auch Tschechen anstellen.
Die goldenen Zeiten
Nach und nach wuchs die Firma, auf den Werften begann man, moderne motorisierte Frachtschiffe und Schleppkähne herzustellen. Die weitere Entwicklung wurde aber vom Zweiten Weltkrieg gestoppt. In den 1950er Jahren wurde die Reederei in „Volkseigener Betrieb Tschechoslowakische Elbe-Oder-Schifffahrt“ (ČSPLO) umbenannt. Die kommunistische Zeit, und insbesondere die 1980er Jahre, war die goldene Ära des Unternehmens.
Die ČSPLO wurde zur größten Reederei in Mittelosteuropa und beschäftigte fast 4000 Menschen. Ihr gehörten die Häfen in Děčín, Ústí nad Labem / Aussig, Lovosice, Mělník, Prag und Kolín sowie die Werft in Křešice bei Litoměřice / Leitmeritz. Rund 700 tschechoslowakische Schiffe befuhren die Strecke zwischen Děčín und Hamburg, wo die Tschechoslowakei nach dem Ersten Weltkrieg einen Teil des Hafens zu günstigen Bedingungen erhalten hatte. Dabei wurden bis zu eine Million Tonnen Güter im Jahr befördert.
Niedergang nach der Wende
Mit dem Ende des Kommunismus und der Privatisierung begann der langsame Niedergang der Schifffahrtsgesellschaft. Die Elbe als Wasserweg verlor ab den 1990er Jahren immer mehr an Bedeutung. Die Beförderung von Kohle wurde zunehmend unrentabel, und vor allem schränkte mehrere Jahre lang der niedrige Wasserstand den Schiffsverkehr ein. Als dann die Eigentümer der Firma einige unglückliche Entscheidungen trafen, ging das Unternehmen 2001 in den Konkurs.
Im Insolvenzverfahren wurde die Firma in drei Teilen verkauft: Die Reederei als solches ging zusammen mit den Schiffen an Argo Bohemia, die Docks an die Werft České loděnice und die Häfen an die Böhmischen und Sächsischen Binnenhäfen. 2018 kam es dann zu einem weiteren Eigentümerwechsel. Seitdem gehört die Tschechoslowakische Elbschifffahrt (ČSPL) keiner inländischen Firma mehr, sondern dem deutschen Logistikdienstleister Rhenus. Dieser beschäftigt in seiner Reederei in Tschechien insgesamt 71 Angestellte und bedient 24 Schiffe.